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Der Moloch: Roman (German Edition)

Der Moloch: Roman (German Edition)

Titel: Der Moloch: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gemmell
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erklärte er sich unwillkürlich. » Die Doppelgänger des Kaisers mussten eine Leibwache haben, sonst wäre dem Feind klar gewesen, dass sie nur Ersatz sind. Und manchmal verlässt er vielleicht ja doch die Cité.« Er machte eine Pause. » Ich gebe nur Gerüchte weiter.«
    Sie schwieg eine Weile. » Die Kutsche wurde zerfetzt«, sagte sie dann. » Ich habe die verstümmelten Leichen gesehen.«
    » Dann hat irgendeine tapfere Seele sein Leben für ihren Herrn gegeben.«
    Damit wollte sie sich nicht zufriedengeben. » Wenn das stimmt, welchen Sinn hatte es dann, den Schein zu wahren? Denn der Kommandeur hat sich wirklich benommen, als wäre der Kaiser schwer verletzt, und hat ihn zur Cité zurück eskortieren lassen.«
    » Vielleicht war es dann tatsächlich der Kaiser, und er war weniger schlimm zugerichtet, als du dachtest.« Doch noch während Fell das aussprach, bezweifelte er seine Worte und spürte, wie er sich unwillkürlich ihrer Argumentation anschloss. » Vielleicht war auch nur ein Doppelgänger in der Kutsche, und der Kaiser ist mit seinen Leuten geritten. Ich hätte das jedenfalls so gemacht. Aber«, widersprach er sich selbst, » trotzdem hätte ihr Kommandeur wissen müssen, wer der Kaiser ist und wer nur ein Lockvogel. Wer hatte das Kommando?«
    » Fortance. Er schien zutiefst erschüttert zu sein.«
    » Fortance ist ein Veteran der Eintausend. Er hat bei den Gulons gedient, der Elite-Zenturie. Wenn jemand den Kaiser kennt, dann er. Hat er ihn zur Stadt zurückbegleitet?«
    » Nicht den ganzen Weg. Bevor wir die Cité erreichten, kam uns eine Eskorte entgegen, und Fortance und die Eintausend wurden wieder zum Ort des Hinterhalts zurückgeschickt. Ich nehme an, als eine Art von Bestrafung. Der Kaiser wurde den Rest des Weges von der Ersten Adamantine eskortiert.«
    » Den Nachtfalken. Wer war ihr Kommandeur?«
    » Das weiß ich nicht. Aber der Anführer der Eskorte war Saroyan, Lord …«
    » Ich weiß wer Saroyan ist«, fiel er ihr ins Wort.
    » Sicher. Fortance hat ihr gesagt, wer ich bin. Ich meine, er nannte ihr meinen Familiennamen.«
    » Warum?«
    Sie ließ den Kopf hängen, was er im Mondlicht deutlich erkennen konnte. Endlich einmal schien sie zu zögern, etwas auszusprechen. » Ich habe versucht, den Attentäter aufzuhalten. Das ist mir zwar nicht gelungen, aber möglicherweise habe ich verhindert, dass er gut zielen konnte.«
    Widerstreitende Emotionen kämpften in seinem Herzen. » Du hast das Leben des Kaisers gerettet?«
    Sie zuckte mit den Schultern. » Vielleicht.«
    » Und Fortance hat dich Saroyan gezeigt, um dich zu loben?«
    » Mmh.«
    Plötzlich bemerkte Fell, dass sie sich in ganz normaler Lautstärke unterhielten. Er senkte seine Stimme. » Diese Angelegenheit geht dich nichts an, Soldat. Geh zu deiner Einheit zurück. Und sage niemandem etwas davon.«
    » Aber, Ser …«
    Er beugte sich zu ihr und spürte ihre Wärme. » Halte den Mund, Indaro, dieses eine Mal! Geh zu deinen Kameraden und vergiss die letzten zwei Tage.«
    Er wartete ab, ob sie sich erneut widersetzen würde, aber sie senkte nur den Kopf, als die Erschöpfung sie übermannte. Ohne ein weiteres Wort verschwand sie in der Nacht.

11
    Der Jahrhundertsturm begann über Gewässern, die sehr weit von der Cité entfernt waren. Seeleute auf fremden Galeeren blickten furchtsam zum Himmel empor, und ihre Kapitäne beeilten sich, das Ufer und den nächsten Hafen zu erreichen. Die Winde frischten rasch auf, und schon bald schwärzten Gewitterwolken den Himmel wie mit Oktopustinte. Die Luft roch nach Metall. Donner grummelte unmittelbar unter dem Horizont. Dann begann der Wind zu heulen. Als die ersten Blitze über das Meer zuckten, waren die meisten Schiffe bereits in sichere Häfen eingelaufen. Die Luken waren verschlossen, die Schiffe fest vertäut, und die hinterhältigen Böen zupften an lockeren Stags und schlampig eingeholten Segeln. Die Boote, die immer noch das rettende Ufer zu erreichen suchten, wurden von den wilden Winden gepackt und hilflos herumgeschleudert. Sie waren wie Treibgut der Willkür der Böen ausgesetzt.
    Der Sturm zog gemächlich nach Osten, ließ sich Zeit, bewegte sich jedoch gnadenlos über das Wasser direkt auf die Cité zu. Die Möwen kündigten ihn zuerst an. Sie flüchteten vor dem Sturm, lange bevor die Menschen ihn mit ihren Sinnen überhaupt wahrnehmen konnten. Als die großen weißen Vögel über das Ufer der Cité hinwegflogen, blickten die alten Seebären hoch, lauschten ihren

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