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Der Monat vor dem Mord

Der Monat vor dem Mord

Titel: Der Monat vor dem Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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einen Scheck gegeben, damit er seine Schulden bezahlt. Er hat das nicht getan. Er hat das Geld genommen, um zu flüchten. Ich bin nicht dagegen, dass ein Mädchen seine Unschuld verliert, und ich bin auch nicht gegen Haschisch, wenn man es als junger Mensch einmal probiert, weil alle es probieren. Aber es hat mich gekränkt, dass ich von diesen Sachen nichts wusste. Ich hab’ zu lange in meiner Familie gelebt wie ein Fremder. Und meine Frau ist mir auch fremd. Das ist es.«
    »Ich kann das verstehen«, sagte sie ruhig, obwohl sie es nicht begreifen konnte, denn es war nicht ihre Welt. »Ich werde nicht mehr davon sprechen.« Sie legte sich auf eine niedrige breite Couch, und obwohl Horstmann noch sehr unsicher war und Furcht hatte, dass er sich ungeschickt anstellen könnte oder aber Fehler machen würde, kniete ersich neben ihren Kopf und küsste sie. Er sagte: »Ich bin verrückt.«
    »Ich wette mit dir, dass ich verrückter bin«, sagte sie. »Du bist wirklich ein merkwürdiger Mann.«
    »Magst du mich?«
    »Ich liebe dich ein bisschen«, sagte sie.
    »Und wenn diese Sache zu Ende ist?«
    »Ich mag Leute nicht, die an das Ende denken, bevor ein Anfang war«, sagte sie.
    »Aber was wirst du dann tun?«
    »Weiterleben«, sagte sie wild. »Was soll man sonst tun?«
    Klar, was sollte sie sonst tun? Trotzdem störte ihn das.
    Sie hatte alle dummen Sätze nur gesagt, weil sie hungrig war und weil er so anders wirkte als die sehr erfahrenen Männer, die bei ihr verkehrten. Er war tatsächlich eine Ausnahme, aber nicht, weil er verrückt war, sondern ein seltener Typ, der nicht alle Tage in dieses Haus kam.
    »Sicher«, sagte er leise, »es ist auch egal. Wirst du mich jetzt lieben?«
    »Oh ja«, sagte sie, und als er sie rasch auszog: »Aber ich will es zu meinen Bedingungen.«
    »Keiner stellt Bedingungen«, sagte er schnell.
    »Jeder«, sagte sie. »Du stellst doch auch welche. Du nimmst, weil du glaubst, ich sei perfekt in solchen Sachen. Du willst aber nicht geben.«
    »Ich denke, du bist gut darin«, sagte er. Um der Wahrheit willen muss gesagt sein, dass er jetzt karpfenmäulig und glotzäugig wirkte.
    »Ich bin nur gut, wenn ich bekomme«, sagte sie. »Du hast komische Vorstellungen vom Bett. Etwa so müssen die Männer im Zeitalter der Königin Victoria gedacht haben. Sie hatten Geliebte, o ja. Aber sie selbst waren im Bett nicht nacktund nicht gewaschen, Sünde mit gebremstem Schaum.« Sie lachte und ließ sich nackt von der Couch fallen. »Mein Gott, du bist eine komische Type!«
    Horstmann war verwirrt. »Was soll ich denn tun?«
    Sie sah ihn einen Augenblick fassungslos an. Dann sagte sie: »Ich glaube, du weißt es tatsächlich nicht. Du verstehst nichts von Frauen.«
    »Nicht viel«, sagte er. Und dann bekam er eine Lektion.
    Später standen sie beide sehr erschöpft unter der Dusche und seiften sich gegenseitig den Rücken ab.
    »Ich möchte mit dir tanzen«, sagte er. Und seltsam beunruhigt dachte er: Jetzt erst bin ich erwachsen. Ich möchte wissen, ob das stimmt.

11. Kapitel
    Als Horstmann und Karin in das Lokal hineingingen, war es beinahe vier Uhr. Sie tanzten miteinander, aber nur die langsamen Tänze, weil sie sich dabei besser spüren konnten. Als der letzte Gast gegangen war, gingen sie wieder in die Wohnung hinauf, legten sich hin und schliefen tief und traumlos, bis um acht Uhr Ocker schellte und Karin wütend sagte: »Wer ist das denn schon wieder?«
    »Ocker«, sagte Horstmann. »Wir sind um acht Uhr verabredet.«
    Sie zogen sich an, und Karin brachte ihn hinunter vor das Haus. Ocker stand an Horstmanns Wagen gelehnt und beugte sich erregt vor, als er sah, dass es Karin war, die Horstmann an der Hand hielt. Er sagte heiser: »Guten Morgen!«
    »Guten Morgen«, sagte Horstmann belustigt. »Mach es gut, Karin!« sagte er. Er küsste sie und ging zum Wagen.
    »Hast du etwa mit Karin geschlafen?«, fragte Ocker.
    »Ja«, sagte Horstmann.
    »Aber sie ist sonst spröde«, sagte Ocker energisch und laut, als weigere er sich, diese Tatsache anzuerkennen.
    »Vielleicht«, sagte Horstmann. »Ich finde sie hervorragend. Und wie war es mit deiner kleinen Freundin?«
    »Sehr gut«, sagte Ocker. »Sie war wild wie eine Hummel.« Dann begann er sehr detailliert zu berichten, was sich in dem Bett dieser Freundin abgespielt hatte. Er berichtete obszön, als stünde er unter dem Zwang, alles noch einmal durchleben zu wollen.
    Horstmann hörte überhaupt nicht zu. Er pfiff irgendeinen der sentimentalen

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