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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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Sie landete. Und nun erstarrte sie wirklich, alle vier Hufe eingestemmt, während ihr Kopf und ihr Rumpf sich nach hinten spreizten.
    Ein derart abruptes und heftiges Anhalten kann für den Reiter nur ein Ergebnis haben: Der Major flog über Xanthippes Kopf hinweg.
    Er tat seinen ersten Sturz.
    Er war jedoch nicht tot oder auch nur, wie es schien, ernsthaft behindert. Zuerst bewegte er sich; dann hob er den Kopf; dann stand er etwas schwankend auf, überließ sein Pferd auf höchst unreiterliche Art sich selbst, und begann, auf die Gruppe am Gatter zuzuhinken. Fen ging ihm entgegen.
    »Major, ist alles in Ordnung?«
    »Ja, vollkommen, mein Lieber, vollkommen. Haben Sie das gesehen?«
    »Ja, ich bin gerade rechtzeitig gekommen. Aber die Sache ist die – «
    »Ich hatte einen Sturz, mein lieber Freund, ich hatte einen Sturz. Ich hatte meinen ersten Sturz. Wohlgemerkt ein ganz übles, hinterlistiges Wesen, das sie verweigerte dreimal, und jedesmal mußte ich neu anreiten. Aber schließlich sind wir doch hier angekommen.«
    Beim Anblick seines Pferdes hatte der Mann im Kaftan ein einziges »XANTHIPPE!« gekreischt, war hinter dem Bärtigen praktisch heruntergefallen und seiner entführten Liebe in großer Hast zu Hilfe gekommen, während Miß Mimms, obschon selbst mit Pferdegesicht versehen, ihm angesichts der Tatsache, daß sie zugunsten eines Tieres von so erkennbar schlechtem Geblüt völlig vergessen war, reichlich erbost nachschaute. Sie warf einen flehenden Blick über die Schulter auf den Bärtigen, der »Scybalon!« sagte, anscheinend mehr aus Prinzip, denn aus irgendeinem besonderen Anlaß. Der Mann im Kaftan blieb, als er an Fen und dem Major vorbeikam, lange genug stehen, um dem Major »Pferdedieb!« zuzuzischen, dann raste er weiter, um seinem malträtierten Liebling Trost zu spenden, der aber, wiewohl er stark schwitzte, weiter keinen Schaden davongetragen zu haben schien.
    »Was ist mit dem Mann von Sweb?« fragte der Major.
    »Man hat ihn gefaßt. Er ist hier.«
    »Super«, sagte der Major, der in letzter Zeit zu viele Sendungen mit David Frost gesehen hatte. »Kann nicht zulassen, daß Kerle wie er sich am Eigentum des Pfarrers vergreifen. Ah, da ist er ja.«
    »Wer?«
    »Der Pfarrer. Wie gewohnt beim Tod dabei. Ich meine den menschlichen Tod«, erläuterte der Major liebenswürdig. »Der Pfarrer ist kein Waidmann.«
    »Sind Sie sicher, daß Sie sich nichts gebrochen haben?« fragte Fen.
    »Nein, nein, mein Lieber, nichts derart Peinliches. Nur Prellungen. Hamamelis, habe ich jetzt Hamamelis zu Hause? Ja, ich glaube doch. Ich wollte es einmal bei Sal verwenden, aber sie hat mich gebissen. Der Briefträger hatte ihr einen Tritt gegeben, der gemeine Kerl.«
    »Und was ist mit Ihrem Kopf? Haben Sie eine Gehirnerschütterung?«
    »Gewiß nicht. Höre ich mich so an…? Aber wenn ich es mir überlege« sie näherten sich jetzt dem Gatter –, »scheint doch mit meinem Geruchssinn etwas nicht zu stimmen. Zum Beispiel…«
    »Ach, das ist in Ordnung«, sagte Fen. »Das ist nur der Mann von Sweb.«
    »Wirklich? Ich erinnere mich aber nicht, daß er beim letztenmal so gerochen hätte. Vielleicht ist das jedoch eines der Herren-Duftwässer, für die dauernd geworben wird.«
    »Es ist Schwefelwasserstoff«, sagte Fen. »Im Ernst, Major, ich wäre ruhiger, wenn Sie sich kurz von Dr. Mason untersuchen lassen würden.«
    »Sehr freundlich von Ihnen, mein Lieber, aber das ist wirklich nicht notwendig. Ein paar Stunden Ruhe, und ich bin wieder völlig auf dem Damm. Übrigens glaube ich, daß der Sturz meiner Arthritis gutgetan hat; sie scheint nicht so schmerzhaft zu sein wie sonst.«
    Bei der Ankunft fanden sie Widger mit dem Pfarrer uneinig.
    »Nein, natürlich werde ich keine Anzeige machen«, sagte der Pfarrer gerade. »Ich habe ihm eine Falle gestellt, und er ist hineingetappt, das genügt.«
    »Er hat heimlich Ihr Haus betreten, Sir.«
    »Ja, ich weiß. Das tun Dutzende von Leuten, denn abgesehen von den Speicherräumen sperre ich es nie ab. Und selbst diese sind in den letzten Tagen unverschlossen gewesen, seit Spink und Sotheby und Christie alles Wertvolle abgeholt haben… Sie hätten hören sollen, wie begeistert die Leute gewesen sind. Ja, Dutzende von Leuten kommen ins Haus, laufen herum und rufen: >Pfarrer! Pfarrer!, während ich mich die ganze Zeit oben im Kleiderschrank verstecke. Ich gebe zu, sie haben wie jeder eine zu rettende Seele, aber der Haken dabei ist, daß ich die meisten schon gerettet habe

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