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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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das auf irgend etwas Bezug hat.«
    »Ich habe Ihnen schon erklärt«, quiekte de Brisay, »daß ich nicht religiös bin.«
    »Das beheben wir bald«, sagte der Pfarrer. »Der reuige Dieb, jetzt. Natürlich ist das nicht genau die richtige Jahreszeit für ihn, aber Sie könnten mir trotzdem dabei helfen. Wir könnten Sie sogar auf die Kanzel stellen, und Sie könnten Zeugnis geben.«
    »Aber ich bin nicht reuig.«
    »Hm. Dann könnten Sie mir beim Essen vorlesen. John Dickson Carr >The Crooked Hinge<. Sehr gut. Und nachdem Sie Ihre Schuld der Gesellschaft gegenüber abgetragen haben, wollen Sie vielleicht mein Diener werden.«
    De Brisay war sprachlos.
    »Ihr Diener, Herr Pfarrer?« fragte der Major verwundert. »Wozu wollen Sie, um alles in der Welt, einen Diener?«
    »Nun, ich komme immer ziemlich unordentlich daher, wissen Sie«, antwortete der Pfarrer heiter, »weil meine Haushälterin vom Anziehen nichts versteht. Ich will nun zwar nicht aufgeschmückt wie ein Papist herumlaufen, habe aber doch das Gefühl, daß ich wegen meiner Ordinierung und so weiter zumindest etwas ordentlich sein sollte. Und da dachte ich, Sie könnten da gerade recht kommen«, sagte er zu de Brisay, »sobald wir Sie erst von dem gräßlichen Gestank befreit haben. Ha! Da hab’ ich Sie aber genau erwischt, nicht? Oh, ha-ha«, sagte der Pfarrer. »Ah, ha.-ha-Ha.-Ha. Genau, Sie richten sich behaglich ein und werden mein Diener. Sonntag abends frei und im Jahr zwei Wochen Urlaub. Fünf Pfund.«
    »Da sind ja die Bedingungen im Knast besser«, quietschte de Brisay. »Die Antwort ist also Nein, ich werde ganz gewiß nicht kommen und Ihr Diener sein.«
    An diesem Punkt tauchte der Gamaschenträger wieder auf, der sein Funkgespräch offenbar beendet hatte. Er war sichtlich schlechter Laune, und aus irgendeinem Grund, den niemand jemals zu ergründen vermochte, weder zu dieser Zeit noch später, schob er sofort de Brisay die alleinige Schuld an seinem ganzen Mißgeschick zu. Er schritt auf den kleinen Mann zu, hob seinen Pappdeckel der sich trotz des Anscheins nicht als Pappdeckel, sondern als massives Holzbrett erwies und hieb ihn mit kolossaler Kraft auf das Haupt seines Opfers und zerquetschte dessen rußbedeckten Filzhut, so daß Brisay blind, aus dem Gleichgewicht gebracht und halb betäubt, in die Arme von Kriminalinspektor Widger taumelte. Von dem Gestank beinahe überwältigt, zog Widger sich hastig aus dieser unwillkommenen Umarmung zurück, während de Brisay, nachdem er mehrmals im Kreis herumgestolpert war, endlich sein Gleichgewicht und sein Sehvermögen wiedergewann und damit zum Stehen kommen konnte.
    »Na, na, Sir«, sagte Widger schwach zu dem Gamaschenträger, »Sie hatten keinen Anlaß, so etwas zu tun, wissen Sie. Überhaupt keinen.« Aber der Gamaschenträger war ein Mann von zu echtem Schrot und Korn, um sich von solch schwächlichen Einwänden beirren zu lassen; ohne Antwort zu geben oder auch nur merklich auf die anderen zu achten, kehrte er an seinen ursprünglichen Platz zurück und begann wieder zu schreiben.
    »Nun, ich glaube, ich gehe nach Hause«, sagte der Major. »Ein, zwei Stunden hingelegt und ferngesehen wird Wunder wirken. Kannst du die Butter von Stork-Margarine unterscheiden?« sang er. »Natürlich nicht, natürlich nicht, natürlich nicht. Ich kann es zwar, und das sehr leicht, aber es ist eine hübsche kleine Melodie, wirklich reizend. Wir sehen uns dann später im Gasthaus. Tag allerseits inzwischen.« Und damit humpelte er die Straße in Richtung Aller House hinauf, das man hinter den Hecken und Bäumen gerade noch erkennen konnte.
    Es war der Beginn des Aufbruchs.
    »Herr Pfarrer«, sagte Ling, »ich weiß, wir können uns darauf verlassen, daß Sie de Brisay für uns im Auge behalten. Wir lassen ihn mit dem Auto abholen, sobald wir können. Inzwischen« – er wandte sich Widger zu »habe ich mir überlegt, ob ein Pferd diesen Kabelschlitten überspringen und eine Nachricht für uns voraustragen könnte. Wir haben die Pferde, wir haben wir haben wir – «
    Verblüffung verurteilte ihn, als er sich umsah, zum Schweigen, und Widger, der seinem Blick folgte, war gleichermaßen fassungslos. Denn während des vorangegangenen Aufruhrs waren die Pferde zusammen mit dem Bärtigen und Miß Mimms so spurlos verschwunden, als hätte der Boden sich aufgetan und sie verschlungen; sie waren einfach nirgends zu sehen. Es war Widger, der als erster den Grund für dieses scheinbar übernatürliche Ereignis

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