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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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Liebesszenen, und so weiter.
    Seit über einem Jahrzehnt hatte sich Broderick Thouless nun schon grollend auf Monster spezialisiert.
    Für ihn hatte die Rollenfestlegung mit einem intellektuellen Horrorfilm des Namens >Knochengarten< begonnen, einer Prestige-Produktion, die gegen jede Wahrscheinlichkeit einen Gewinn von über einer Viertelmillion Pfund eingespielt hatte. Von Natur und Neigung her ein sanfter romantischer Komponist, dessen persönlicher Stil von Saint-Saens oder Chaminade als mäßig progressiv bewertet worden wäre, hatte Thouless sich auf die Aufgabe, die >Knochengarten<-Partitur herzustellen, wie ein Berserker-Kaninchen gestürzt, das einen Tiger umzustoßen versucht. Durch die Überkompensation seiner instinktiven Lieblichkeit hatte er seinem Orchester derart grauenhafte Töne zu entlocken vermocht, daß man ihm sofort unterstellte, er besitze eine besondere Begabung für Dissonanzen, wenn er sie nicht gar heftig liebe. Seither hatte er sich demzufolge drei- oder viermal im Jahr mit durch Herzen getriebenen Holzpflöcken beschäftigt gefunden, mit wandernden Mumien, riesigen Tausendfüßlern, die sich im Westminster herumtrieben, und ähnlichen düsteren Dingen. Das hatte ihm ziemlich viel Geld eingebracht, ohne jedoch sein schon etwas grämliches, zum Jammern neigendes Naturell zu beleben. Ein Junggeselle von sechsundvierzig Jahren, existierte er in einer Atmosphäre chronischer Verzagtheit. Er beklagte sein vergeudetes Leben, verschiedene wirkliche oder eingebildete Defekte in dem luxuriösen großen Bungalow, den er sich gebaut hatte, die Schnecken in seinen Erbsen, seine beginnende Stirnglatze, die Steuern, die Unmöglichkeit, ordentliches Brot geliefert zu bekommen, den Pfarrer, Düsenflugzeuge, die Verschlechterung des Geschmacks von Plymouth Gin (»Das ist jetzt ein Kornschnaps, wissen Sie«) und eine ganze Reihe von Schmerzen und Beschwerden, die zum Teil eingebildet, zum Teil die unausweichliche Folge von übermäßigem Rauchen, einer sitzenden Lebensweise, leichter Fettleibigkeit, des Nicht-mehr-Jungseins waren. Trotz seiner Wehklagen war er in der Umgebung recht beliebt, vielleicht, weil seine depressiven Phasen gelegentlich von manischen abgelöst wurden, in denen er ein amüsanter Gesellschafter sein konnte. Die Tatsache, daß er ledig war, wurde in der Gegend durch die Theorie erklärt, daß er bei seinen Besuchen in Filmstudios Nachwuchsstars verführte, eine Gattung, von der niemand ahnte, daß es sie gar nicht mehr gab.
    Die Monster-Musik verwandelte sich plötzlich in die letzten beiden Takte von >Pop Goes the Weasel< und hörte ganz auf. Thouless erschien in der Tür seines Gartenhauses, entdeckte Fen hinter der Hecke und winkte.
    »Kommen Sie rein und trinken Sie was!« rief er. »Die Aufnahmen sind erst am Montag in einer Woche, und der einzige Abschnitt, den ich noch machen muß, ist der, wo sie es mit einer Wasserstoffbombe nicht töten können.
    Obwohl nur der Himmel weiß, warum sie dazu Musik haben wollen«, fuhr er fort und trat an die Hecke. Er war klein und beleibt, mit zerzausten Haaren und Bifokal-Hornbrille, und wie die meisten Männer, die sich die Belastung erspart haben, Frau und Familie ernähren zu müssen, sah er jünger aus als seine Jahre. »Die Spur mit den Toneffekten wird so laut sein, daß von diesem Teil keiner einen Ton hören wird, das kann ich Ihnen sagen. Immerhin, gut für die Aufführungsrechte, nehme ich an, das heißt, wenn sie das drinlassen, was sie vermutlich nicht tun werden. Und die Aufführungsrechte sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Wissen sie, wie viele Kinos jedes Jahr in diesem Land zumachen? Es sind Hunderte. Ich bin bei einer sterbenden Industrie tätig, abgesehen vom Zeug für das Fernsehen, und die Pop-Jungs haben das alles übernommen, Granier und Konsorten. Ich sollte versuchen, etwas Neues zu machen, aber ich bin nicht mehr jung genug, ich habe die Anpassungsfähigkeit nicht mehr. Am Ende werde ich den Bungalow wohl verkaufen müssen, und selbst dann werde ich nur annähernd das für ihn bekommen, was er mich gekostet hat, vor allem, wenn man die irren Honorare bedenkt, die mir Architekt und Bauaufsicht abgenommen haben, und das Geld, das ich für den Garten ausgeben mußte.«
    Fen sagte, es tue ihm leid, er könne im Augenblick nicht auf einen Drink hereinkommen.
    Thouless nickte düster, ein vollgestopftes Nadelkissen für die Pfeile des Lebens, in das soeben unfassbarer weise noch eine Nadel erfolgreich

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