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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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schienen.
    Und Routh war Hagberds Gegenpol nicht nur im Äußerlichen.
    Routh war ein sehr schlechter Landwirt. Und wenn er glaubte, es sich leisten zu können, war er bewußt grausam zu Tieren.
    Routh hörte Tiere gern vor Schmerzen schreien.
    Schon vor Tagesanbruch bis nach der Abenddämmerung auf Rouths Farm umherstapfend, die Arbeit von drei Männern leistend, merkte Hagberd davon zunächst nichts, und als sein Argwohn sich schließlich regte, fand er es praktisch unmöglich, ihm zu trauen. Wie konnte jemand einem Tier Schmerz zufügen wollen? Hagberd, kein sentimentaler Mensch, wußte, daß die Aufzucht von Tieren manchmal Schmerz unvermeidlich macht. Auch kein Vegetarier, wußte er, daß die letzten Minuten im Schlachthaus oft Todesfurcht hervorrufen. Aber solange Tiere lebendig waren, konnte im Rahmen des Vernünftigen nichts zu gut für sie sein, oder?
    Der Wendepunkt trat ein, als Hagberd entdeckte, daß Rouths Besuche in Longhempston, zwanzig Meilen entfernt, nicht nur dem Zweck dienten, Hasenhetzjagden zu verfolgen, sondern daß er auch eine Haupttriebkraft gewesen war, dieses verderbte Vergnügen wiederzubeleben. Es hatte andere Dinge gegeben zum Beispiel ein Leghorn-Huhn mit zwei gebrochenen Beinen, ein frischmilchendes Mutterschaf, bei dem ein langer Streifen von Wolle und Haut ausgerissen war, ein verhungernder streunender Hund mit eingetretenen Rippen aber sie mochten schließlich auf Unfälle oder Raubtiere zurückzuführen gewesen sein. Die Hasenhetzjagd war etwas anderes. Als Hagberd davon erfuhr, begann er auf seinen leise sprechenden Arbeitgeber ein Auge zu werfen, und er kam so eines Tages dazu, als dieser sich privat mit einem zwei Monate alten Kätzchen vergnügte.
    Hagberd verprügelte ihn gründlich, ließ ihn im Dreck liegen und entfernte sich, um den Tierschutzverein zu verständigen, wobei er das sterbende Kätzchen als Beweismittel mitnahm. Aber Routh hatte mit Vorsicht geschnitten und zerfleischt. Ein Fuchs, sagte er; unzweifelhaft sei das Kätzchen von einem Fuchs gerissen worden. Der Veterinär hatte widerwillig zugegeben, daß das möglicherweise zutreffen konnte, und der Tierschutzverein hatte ebenso widerstrebend entschieden, keine Anzeige zu erstatten.
    Routh sagte, das wolle er auch hoffen. Er hätte das arme kleine Ding untersucht, um festzustellen, ob man noch etwas tun könne, und auf einmal sei da Hagberd gewesen und hätte wie ein Wahnsinniger gefaucht und mit den Fäusten zugeschlagen. Er, Routh, wolle wegen dieser Mißhandlung nichts unternehmen, erklärte er selbstlos, da Hagberd offensichtlich im Kopf nicht richtig sei. Nichts zu unternehmen, fügte er hinzu (aber nur vor sich selbst), würde außerdem dazu beitragen, zu verhindern, daß wirklich einmal gründlich untersucht wurde, in welch stimulierender Weise er einen Teil seiner Freizeit verbrachte.
    Hagberd verließ Routh und begann, für Clarence Tully zu arbeiten.
    An einem düsteren Morgen Anfang Februar sah der Major, als er spazierenging, Hagberd einem Lämmchen das Hüpfen beibringen. Sonderbare Antipoden-Rufe der Aufmunterung ausstoßend, sprang Hagberd wiederholt in die Luft, und seine mächtigen Stiefel klatschten wieder in den eisigen Matsch, während das Lamm ihn mit schüchterner Faszination beobachtete. Als der Major zehn Minuten später wieder zurückhumpelte, hatte das Lamm begriffen.
    »Na, seht euch das an!« rief Hagberd triumphierend. »Bockt wie ein Wildpferd!« Und der Major mußte, obwohl er bei dieser geschmacklosen Erwähnung von Pferden kurz die Stirn runzelte, zugeben, daß es ein erfreulicher Anblick war.
    »Mit Heinz-Spaghetti wird jede Mahlzeit wunderbar«, sang er, ein knappes, aber freundliches Nicken von Hagberd erntend, der, durch seine unablässige Arbeit daran gehindert, jemals fernzusehen, einfach annahm, daß der vertraute Nachbar ganz plötzlich auf harmlose Weise den Verstand verloren habe.
    Obwohl Hagberd mit seiner Stelle bei Clarence Tully sehr zufrieden war, verringerte sich seine Feindseligkeit gegen Routh nicht. Eher wurde sie von der Tatsache genährt, daß er nicht mehr in der günstigen Lage war, zu erfahren, was Routh trieb, so daß er sich mehr Schrecknisse vorstellte, als tatsächlich vorkamen (da Rouths Perversion, wie die meisten solcher Art, völlig beherrschbar war, ließ er es sich angelegen sein, sie aus Selbsterhaltungsgründen vorübergehend zu mäßigen). Außerdem gab es Mrs. Leeper-Foxe. Sie, eine Witwe, war durch ihren verstorbenen Mann mit einem hohen

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