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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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Klappe und die kompliziert dornige Kreuzblume ließ an Heidnisches während der Kreuzzüge denken. Es trug die Bezeichnung MADAME SOSOSTRIS, BERÜHMTE WAHRSAGERIN. Ein zweites Schild teilte lakonisch mit: FREI. Fen drehte es um, so daß es BESETZT! NICHT EINTRETEN! DAS GILT AUCH FÜR SIE! lautete.
    Er ging hinein.
    Das Innere war düster beleuchtet von einer uralten Sturmlaterne auf einer alten Trittleiter in der hinteren rechten Ecke. Der Schirm der Laterne mußte defekt sein, da sie stark flackerte und erschreckende Schatten an die Zeltwände warf. Auf einem wackligen ovalen Tisch mit Sengspuren von Zigaretten und Bierglasringen lagen Spielkarten, ein Totenschädel, eine Kristallkugel, eine auseinanderfallende, ausgestopfte Eidechse und eine Packung von zehn >Guards<. Hinter dem Tisch saß der Pfarrer; sein Bombasinkleid hatte er durch eine Perücke und einen seltsamen Hut mit undurchdringlichem Schleier ergänzt. Vor dem Tisch stand ein Stuhl für Kunden. In der Ecke gegenüber der Sturmlaterne erzeugte ein verfärbtes Rokoko-Weihrauchfaß, offenbar aus Silber, Mengen von Weihrauch und dickem, schwarzem Rauch.
    Fen stolperte über die Krickettasche des Pfarrers, die ein gedämpft klirrendes Geräusch von sich gab.
    »Vorsicht, verdammt!« sagte der Pfarrer. Dann kippte seine Stimme plötzlich ins Falsett über. »Ich meine, Vorsicht, verdammt«, sagte er in Soprantönen.
    »Guter Gott«, murmelte Fen.
    »Nimm Platz, Fremder«, sagte der Pfarrer, immer noch im Falsett. »Bei Sebek, Tagd, Ler und Sokk-mini« heulte er, »bei Bile, Zerpanitu, Muul-lil, Ubargisi, Ubilulu, sag, Fremder, was führt dich hierher?«
    »Ich bin gekommen, um Hilfe zu erbitten«, gab Fen zurück.
    »Bei Astarte, Gasan-abzu… Hören Sie, wenn Sie nicht ernst bleiben, hat es gar keinen Sinn, daß ich weitermache«, sagte der Pfarrer im normalen Ton gereizt.
    »Sind diese Namen echt?«
    »Natürlich sind sie echt. Als ich an der Sorbonne war, habe ich vergleichende Religionsgeschichte studiert. Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich die Stimme senke?«
    »Wäre froh darüber.«
    »Es ist für die Kehle schmerzhaft.«
    »Kann ich mir denken«, sagte Fen. »Und hätten Sie etwas dagegen, sich auch zu entschleiern?«
    »Wenn ich Ihnen damit einen Gefallen erweise«, sagte der Pfarrer und erwies ihn. »Scheußliches Zeug, Schleier. Man bekommt kaum Luft. Und wenn man gähnt, zieht er sich durch die Saugwirkung in den Mund. Also, was möchten Sie wissen?«
    »Die Zukunft.«
    »Sehr wohl.« Der Pfarrer streckte seine große braune Hand aus. »Rücken Sie mit einem Obolus heraus.« Fen gab ihm ein FünfzigPence-Stück. »Das ist nicht viel«, sagte der Pfarrer.
    »Ich zahle Erfolgshonorar.«
    »Tun Sie das? Nun, also…« Der Pfarrer legte der Reihe nach ein paar Karten auf den Tisch und starrte zuerst sie, dann die Kristallkugel an. »Ich sehe Sie ein Buch schreiben«, sagte er.
    »Richtig.«
    »Ich sehe Sie ein seltsames Gericht aus Schweinehirn, Rindfleisch, Kräutern und Gewürzen machen.«
    »Auch richtig.«
    »Ich sehe Sie eine lange Reise in ein heißes Land machen«, erklärte der Pfarrer orakelhaft. »Hüten Sie sich vor einer unerwarteten Arbeit. Hüten Sie sich vor einem alten Mann.«
    »Klingt eher nach Padmore«, sagte Fen. »Was glauben Sie, wer Routh umgebracht hat?«
    »Irgendein Wohltäter.«
    »Hagberd?«
    »Hier, nehmen Sie eine Guards.« Der Pfarrer schob ihm die Packung hin. Sie zündeten sich beide Zigaretten an. »Hagberd? Nein. Ich meine, vermutlich nicht.«
    »Wer dann?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Und wer ist Mavis Trent?«
    »Ah, Mavis Trent.« Der Pfarrer begann bedächtig ein Kartenhaus zu bauen. »Mavis Trent ist tot.«
    Fen wartete.
    »Vor sechs Monaten gestorben«, sagte der Pfarrer.
    Fen wartete weiter.
    »Stürzte«, sagte der Pfarrer. »Oder wurde möglicherweise gestoßen.«
    Es blieb still, während er das zweite Stockwerk des Kartenhauses errichtete.
    »Noch ein Verbrechen?« fragte Fen schließlich.
    »Könnte sein.« Während die Zigarette mitten aus seinem Mandrillgesicht ragte, begann der Pfarrer mit schnellen Bewegungen an der dritten Etage des Kartenhauses zu bauen. Das Weihrauchfaß dampfte, die Laternenflamme flackerte, die Kristallkugel leuchtete in Abständen auf. »Könnte sein«, sagte der Pfarrer noch einmal. »Wie ich erfuhr, hat die Polizei sich schließlich für einen Unfall entschieden was auch das Urteil bei der gerichtlichen Voruntersuchung war. Aber man hatte seine Zweifel.«
    »Wovon

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