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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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einen Augenblick, ja?« Er ging geduckt in die Spülküche, nahm seinen Schweinskopf-Sack vom Kühlschrank, löste die dicke Schnur und zog einen schweren, kugelförmigen Gegenstand heraus, der in viele Blätter >Daily Mail< eingewickelt war.
    »Keine Schnauze«, sagte er resigniert.
    »Was?« rief Padmore aus der Küche.
    »Ich sagte: keine Schnauze.«
    Unter Seufzen löste Fen die Zeitungsblätter ab, um zu entdecken, daß seine Intuition recht gehabt hatte. Die Haare waren größtenteils ausgerissen, die Augen fehlten, und die anderen Züge waren bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet. Aber was er hatte was er, so schien es, den halben Vormittag durch die Gegend getragen hatte war unzweifelhaft der Kopf eines Menschen, nicht eines Schweines.

7. Kapitel
    Omnium-Versammlium
     
    Tatsachen, die, wie Mr. Budgell irgendwo erklärt,
    etwas sehr Störrisches sind.
    Matthew Tindal, >Will of Matthew Tindal<
     
     
    1
     
    »Wir haben also drei Möglichkeiten.«
    »Gewiß doch nur zwei.«
    »Ich hätte sagen sollen, vier.« Kriminal-Superintendent Ling vom County Headquarters nahm mit allen Anzeichen der Selbstzufriedenheit seine Pfeife aus dem Mund, drehte sie herum und machte sich daran, sie geräuschvoll an einem großen stahlblauen Zinnaschenbecher auszuklopfen. Kriminalinspektor Widger, selbst Nichtraucher, sah kritisch zu und sann nicht zum erstenmal über die Unhöflichkeit von Pfeifenrauchern nach, die gewöhnlich erwarten, daß jede gesellschaftliche und geschäftliche Verständigung unterbrochen wird, während sie mit ihren ausgehöhlten Bruyere-Klötzen hantieren.
    »Zum Theoretisieren ist es aber noch zu früh«, sagte Ling, so als sei es Widger gewesen und nicht er selbst, der sich dialektischer Voreiligkeit schuldig gemacht hatte. »Zuerst die Fakten, dann die Theorien, In duktion, nicht De duktion.« Er hatte von dieser Unterscheidung vor Jahren in einem Pelican-Buch gelesen und wurde nie müde, sie zu wiederholen.
    Widgers Erbitterung wuchs.
    »Der Kopf, Eddie«, hielt er ihm vor. »Jetzt, nachdem Sie ihn gesehen haben, sollte er da nicht sofort zu Sir John geschickt werden?«
    »Ah, ja, der Kopf«, sagte Ling gewichtig. »Das ist – es – es ist ein – « Aber an diesem Punkt versickerte trotz Widgers eisigem Blick seine Rede: Er begann, frischen Tabak in seinen Pfeifenkopf zu stopfen und hinderte sie dadurch erneut vorübergehend daran, weitersprechen zu können. Und nun blickte Widger entschieden finster. Er funkelte zuerst Ling an; als das seinen Reiz verlor, was sehr schnell der Fall war, funkelte er den Sack mit seinem grausigen Inhalt an, den Ling gerade in eine Ecke des kleinen Büros gegenüber der Tür gelegt hatte; schließlich schaute er erbost zum Fenster hinaus auf die Ringstraße, an der die Polizeistation lag, und betrachtete das etwas fernere Weichbild von Glazebridge selbst, dessen Türme und Gebäude im herbstlichen SonntagnachmittagSonnenschein dunstig erschienen.
    »Ein Schlamassel«, sagte Ling. Er hatte seine Pfeife fertig gestopft, sich aber noch nicht damit befaßt, sie anzuzünden. »Hoffen wir, Sir John kann Sir John kann Sir John – « Er kippte im Schreibtischsessel seitwärts, in der Jackentasche nach Streichhölzern suchend. »Hoffen wir, Sir John kann etwas damit anfangen, um ihn identifizierbar zu machen«, schloß er endlich.
    »Haben Sie etwas damit anfangen können?« fragte Widger. Lings Untersuchung des Kopfes hatte wegen seines späten Eintreffens bis nach dem Mittagessen abgewartet werden müssen und war gerade jetzt erst abgeschlossen worden.
    »Könnte nicht behaupten, daß es viel war. Was den Sack betrifft, so muß es Zehntausende davon geben. Die Schnur ist grobes, alltägliches Zeug. Das Papier bestand aus zwei Exemplaren der >Daily Mail< vom Freitag und Samstag vorletzter Woche, auf den ersten Seiten jeweils mit >Cobbledick< bekritzelt. Wer ist Cobbledick?«
    »Ein Gärtnermeister. Wohnt ein, zwei Meilen außerhalb von Burraford.«
    Ling starrte zuerst die Streichholzschachtel in seiner rechten Hand, dann die Pfeife in seiner linken ausdruckslos an, als versuche er, in seinen Gedanken eine rationale Verbindung zwischen ihnen herzustellen. Er sagte: »Dieser Stapel alter Zeitungen unter dem ganzen Gerümpel im… im Botticelli-Zelt: Wo zu diente er?«
    »Cobbledick brachte sie mit, weil er dachte, sie könnten zum Einwickeln von Ware an den Garten- und Gemüseständen nützlich sein.«
    »Aha. Und warum sind sie dann nicht verwendet worden?«
    »Das weiß ich

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