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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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Kopf. Denn als ich aus dem Botticelli-Zelt kam, wartete der gute Pater schon auf mich, und er rannte hinüber zur Wohnung des Majors er rennt immer; scheint das gegenüber dem Gehen zu bevorzugen und ich lief ihm nach, ohne irgendwo stehenzubleiben dafür muß es Dutzende von Zeugen geben – , und als wir ankamen, erwartete uns der Major, und ich öffnete die Tasche vor beiden, und sie enthielt keinen Menschenarm. Und jetzt fahre ich nach Burraford zurück.«
    Als die Bale-Schwestern hereingeführt wurden, nahm Widger, übermüdet und ein wenig benommen, zum erstenmal wahr, daß ihre Namen verkehrt herum zugeteilt worden waren: Tatty hatte einen großen Busen, war aber ganz elegant angezogen; Titty war flachbrüstig, jedoch unordentlich gekleidet, mit der oberen Hälfte in eine Vielzahl von langen, durchsichtigen Schals gehüllt. Im Gesicht waren sie einander jedoch sehr ähnlich grauhaarige Frauen um die Sechzig. Und obwohl beide ein bißchen taub waren, wußte Widger, daß sie alle ihre Sinne beisammen hatten, vor allem, was den Botticelli anging.
    Es war Titty, die das Hörgerät trug, so daß Ling, den Hinweis des Majors beachtend, sich zuerst an sie wandte, während sie am Lautstärkeknopf drehte. Ihre Aussage war jedoch enttäuschend. Sie bestand darauf, daß ihre Liste der Personen, die das Zelt betreten hatten, vollständig und zutreffend war; niemand hätte auch nur einen Säuglingsarm hinausschmuggeln können; abgesehen von der Krickettasche des Pfarrers habe sie nichts Ungewöhnliches gesehen oder gehört.
    Ling drückte nun den Wunsch aus, mit Tatty zu sprechen, und es gab eine längere Pause, während Titty den Lautsprecher des Hörgeräts aus ihrem Ohr schraubte, das Kabel aus den Schals entwirrte, das schwarze Mikrofon von ihrer Bluse löste und die ganze Apparatur an ihre Schwester weitergab, die fast ebenso lange brauchte, um sie anzulegen. Aber als endlich alles funktionierte, hatte Tatty noch weniger zu sagen als Titty.
    In einem letzten verzweifelten Versuch, an Informationen zu gelangen, ließ Ling das Hörgerät wieder an Titty übergeben. Wie komme es, fragte er, daß Titty völlig unfähig sei, die beiden Fremden zu beschreiben, die hingegangen seien, um sich den Botticelli anzusehen?
    Titty erwiderte, sie hätte sie eigentlich erst richtig angesehen, als sie wieder herausgekommen wären, und dann allein im Hinblick auf verräterische Ausbuchtungen. Beide seien mittleren Alters gewesen, meinte sie. Ling befragte sie noch eine Weile nach Kleidung, Haarfarbe, Größe, Sprechweise und so weiter, aber ohne jedes Ergebnis. Keiner der beiden hatte den Botticelli gestohlen, und das hatte Titty genügt.
    Schließlich gab Ling, als die beiden Damen den Wunsch äußerten, zur Kirche zu gehen, auf und schickte sie fort.
    Als sich die Tür hinter ihnen schloß, wischte er sich die Stirn.
    »Das Seltsame ist«, sagte er, »daß ich ihnen glaube.«
    Widger ging durch das Zimmer und knipste das Licht an. Er schaute auf die Uhr.
    »Es ist Zeit, daß wir hinuntergehen und mit den Reportern sprechen.«
    Ling nickte, rührte sich aber nicht.
    »Von der Spurensicherung nichts«, murmelte er.
    »Wir haben ihr viel Arbeit geliefert«, meinte Widger. »Und ein Vorbericht über die Bügelsäge aus dem Zelt liegt vor.«
    »Ja«, sagte Ling und warf einen Blick in den Bericht. »Abgewischt. Keine Fingerabdrücke und nur winzige Blutspuren. Blutgruppe A, Rhesus negativ. Wir müssen uns bei Sir John erkundigen, ob das mit dem Blut des Toten übereinstimmt. Wem, sagten Sie, gehört die Säge?«
    »Cobbledick.«
    »Schon wieder Cobbledick. Er hat sie am Freitag abend im Zelt gelassen und dann Augenblick, hat er sie am Samstag vormittag benutzt?«
    »Ja, aber nur kurz. Er kam als einer der ersten. Er benutzte die Säge und legte sie in das Zelt zurück, bevor um halb elf das Gemälde kam.«
    »Hat nichts Besonderes daran bemerkt, nehme ich an.«
    »Nein.«
    »Der Täter muß sie also zweimal abgewischt haben, einmal, nachdem der Kopf abgetrennt war, und dann, als er den Arm abgesägt hatte.«
    »Ja.«
    »Nichts vom Zentralarchiv?«
    »Nur Geduld, Eddie. Das Zelt war mit Fingerabdrücken übersät.«
    »Man hätte uns Bescheid sagen können, ob man Unterlagen über die Abdrücke von dem noch vorhandenen Arm gefunden hat.«
    »Das ist geschehen. Man hat mich angerufen, kurz bevor Sie heute vormittag ankamen. Negativ: Das Opfer war nicht vorbestraft.«
    »Der Boden zu trocken für Fußabdrücke«, murmelte Ling ungetröstet.

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