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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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wurde?«
    »Da das so bald nach dem Tod geschah, fast mit Sicherheit ja.«
    »Und Sie sind sicher, daß es bald nach dem Tod geschehen ist?«
    »Ganz sicher.«
    »Hat er viel geblutet, als ihm der Arm abgetrennt wurde und die Einschnitte in den Oberschenkeln entstanden?«
    »Vermutlich nicht.«
    »Und wann ist der Tod eingetreten? Wir vermuten«, sagte Ling hilfreich, »daß es gegen halb ein Uhr Freitag nachts gewesen sein könnte.«
    »Was Sie denken, stimmt mit den medizinischen Feststellungen überein.«
    »Wann ist der Arm abgetrennt worden?«
    »Am darauffolgenden Nachmittag zwischen zwei und vier Uhr.«
    Nun seufzte Ling.
    »Und daran gibt es überhaupt keinen Zweifel, Sir?«
    »Keinen. Die degenerativen Veränderungen im Blut können zeitlich genau festgelegt werden, Superintendent.«
    »Welches Instrument ist verwendet worden, um den Kopf abzutrennen?«
    »Ich meine, eine Bügelsäge.«
    »Ah!« sagte Ling. »Wir haben eine Bügelsäge gefunden.«
    »Mit Blut daran?«
    »Nur Spuren. Aber genug.«
    »Gut«, sagte Sir John. »Superintendent, Sie haben es geschafft. Und jetzt glaube ich wirklich, daß ich – «
    »Vorher haben Sie von Alkohol gesprochen, Sir. Hatte er getrunken?«
    »Nein. Und nach dem Zustand von Leber und Nieren trank er überhaupt sehr selten… Das Skrotum«, steuerte Sir John bei, »war nicht geschrumpft.«
    »Wie bitte, Sir?«
    »Ich meine, Superintendent, daß er nicht kürzlich eine Frau geliebt hatte.«
    »Hört sich an wie ein Hundeleben«, sagte Mr. Morehen in einer fernen Ecke. »Kein Schnaps, keine Weiber. Und dann muß man sich ansehen, was er gegessen hat!«
    »Ah ja, Sir«, sagte Ling. »Das wollte ich eben fragen. Wann hat er das letztemal gegessen, und was?«
    »Die letzte Mahlzeit hatte er ungefähr drei Stunden vor dem Tod eingenommen, Superintendent«, sagte Sir John, »und zwar Fisch und Chips. Ich bin sicher, daß Mr. Morehen Ihnen die Größe des Fischfilets angeben könnte, wenn Sie ihn fragen«, fügte er hinzu.
    Mr. Morehen gab eine Beschimpfung von sich.
    »Und nun kommen wir zur Crux«, sagte Ling. »Wir müssen den Mann unbedingt identifizieren, und bis jetzt ist sein Kopf die einzige Hoffnung. Aber er ist arg malträtiert worden. Ich habe mich gefragt, ob irgendeine Aussicht besteht, daß Sie ihn sozusagen wiederherstellen, mit Wachs oder dergleichen, damit wir der Presse ein Foto zur Verfügung stellen könnten.«
    Sir John überlegte.
    »Diese Möglichkeit besteht«, sagte er vorsichtig. »Aber das hängt alles davon ab, wie schwer die Schäden sind. Und es wird natürlich, wenn es sich machen lassen sollte, viel Zeit erfordern.«
    »Versteht sich, Sir.«
    »Lassen Sie ihn mich also am besten ansehen, ja?«
    »Ja, Sir.«
    Widger sank auf einen Hocker neben Ling, als Sir John sich die Hände rieb und auf den Tisch zuging, wo der Sack lag. Er stand zwischen den Polizisten und dem Sack, so daß sie nichts sehen konnten, als er die Schnur aufknüpfte und den Inhalt heraushob, aber sie hörten die Zeitungen rascheln, als er ihn auswickelte.
    Es gab eine lange Pause.
    Danach sagte Sir John mit merkwürdiger Stimme: »Ich habe mich unterschätzt, Superintendent. Die Antwort ist: Ja, ich kann Ihren Kopf leicht für Sie wiederherstellen. Und danach kann ich ihn vielleicht auf meinen Abendtisch bringen.«
    Widger erstarrte.
    »Auf Ihren – «
    Aber zur Abwechslung war Ling einmal schneller von Begriff. Mit sechs Riesenschritten war er bei Sir John, während Widger ihm betroffen nacheilte.
    Auf dem Tisch lag säuberlich in der Mitte gespalten, die Augen im großen Schlaf geschlossen der Kopf eines kleinen Schweines.
    Die Rückfahrt nach Glazebridge war zum größten Teil durch ein tödliches Schweigen gekennzeichnet. Erst als sie sich auf der Ringstraße der Polizeistation näherten, ergriff Ling endlich das Wort.
    »Wir sind hereingelegt worden«, sagte er.
    »Ja.«
    »Der Täter hat die Säcke vertauscht.«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Nun, nicht, bevor wir die Station verlassen haben«, sagte Widger. »Denn als ich den Sack aus meinem Büro holte, schaute ich nach.«
    »Dann muß es bei Sir Johns Haus gewesen sein.«
    »Ja.«
    »Der Schrei war kein echter Schrei. Er war ein Ablenkungsmanöver, um uns vom Auto fortzulocken.«
    »Ich dachte, es wäre ein richtiger Schrei«, sagte Widger. »Sie übrigens auch. Wer ihn ausgestoßen hat, muß ein hervorragender Schauspieler sein.«
    »Wir hätten das Auto nicht unabgesperrt stehenlassen sollen.«
    Da es darauf nichts zu sagen

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