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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Crispin
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«, stammelte er. »Mrs. Clotworthy hat ihn heute früh in ihren Eingang gelegt, Sir, aber es muß ihn jemand anderer mitgenommen haben.«
    »So, hat einer das?« sagte Fen. »Wie schade. Ich habe mich darauf gefreut, die Sülze zu machen. Trinken Sie einen Schluck, bevor Sie gehen?«
    Das lehnten sie jedoch ab. Als Widger den Cortina die schmalen Straßen zurück nach Glazebridge entlang lenkte, sagte er schwach: »Nun, wenigstens war es nicht der Pfarrer.«
    »Warum nicht?«
    »Er ist in der Kirche von Burraford gewesen, bei der Vesper. Die Bale-Schwestern wollten auch in die Kirche.«
    »Wir erkundigen uns bei allen. Wir setzen Leute ein«, sagte Ling abwesend. »Eine Woche… Alter Freund, ich glaube, das ist so ungefähr alles, was wir heute tun können. Wir essen am besten eine Kleinigkeit und legen uns schlafen. Morgen«, sagte er mit einem phantomhaften Wiederaufflackern seines gewohnten Optimismus, »werden wir frisch sein und uns richtig ans Werk machen können. Es war eine Katastrophe, den Kopf zu verlieren, aber wir kommen auch ohne ihn aus. Mal sehen, wer weiß von dem Kopf? Wir beide; der Chef aber er ist viel zu stolz, um zu plaudern; und Sir John und dieser Morehen. Nun, die werden auch nicht reden, weil ich ihnen eingeschärft habe, wie wichtig es ist, nichts verlauten zu lassen, und sie mir zugestimmt haben. Ich glaube, am Ende haben wir ihnen richtig leid getan«, sagte er armselig. »Ich denke zwar nicht, daß sich das auf unbestimmte Zeit geheimhalten läßt, mindestens eine Woche lang sollte aber nichts darüber bekannt werden.«
    Er hatte jedoch nicht mit Kriminal-Sergeant Crumb gerechnet.
    Crumb hatte den Vormittag damit verbracht, mühsam einen Bericht über ein eingeschlagenes Ladenschaufenster zu tippen, aber auch das nur, weil Rankine mit im Zimmer gewesen war. Als Rankine gegangen war, hatte Crumb die Arbeit eingestellt, die Füße auf den Schreibtisch gelegt und sich in ein Mickey Spillane-Taschenbuch vertieft. Das und die Mittagszeit hatten ihn bis drei Uhr angenehm beschäftigt. Drei Uhr war der Zeitpunkt, an dem er nach Hause zu gehen pflegte.
    Leider hatte er vergessen, den Spillane mitzunehmen, und als der Abend kam und er behaglich vor einem lodernden Feuer saß, fand er sich ohne Ablenkung. Er hätte fernsehen können, war aber zu geizig, um sich ein Gerät zu kaufen, obwohl er sich durchaus eines hätte leisten können, und auf die Reden seiner Frau achtete er schon lange nicht mehr. Nur Spillane kam in Frage. Murrend stemmte Crumb sich aus seinem Sessel hoch und kehrte zur Polizeistation zurück, wo er kurz vor dem Chief Constable eintraf.
    Es dauerte eine Weile, bis er das Buch fand, und er wollte gerade damit wieder gehen, als er in Widgers Büro laute Stimmen hörte. Neugierig ging er auf Zehenspitzen zur Verbindungstür und klebte sein Ohr daran. Und was er hörte, verstand er vollkommen.
    Crumb war hoch erfreut. Er nährte einen verzehrenden Haß gegen alle seine Vorgesetzten, vor allem gegen Widger, und es war wunderbar, zu wissen, daß sie so demütigend niedergestreckt worden waren. Er wartete nur noch, bis Widgers Büro endlich leer war, dann eilte er nach Hause und erzählte unter häufigem Schmatzen und Schenkelschlagen seiner Frau die Sache. Dann widmete er sich seiner Kost von Sex und Sadismus, noch immer in Abständen glucksend, und seine Frau, die wußte, daß vor dem Zubettgehen nichts mehr aus ihm herauszuholen sein würde, verließ die Wohnung, um bei einer Nachbarin eine Tasse Tee zu trinken.
    Mrs. Crumb war eine eingefleischte Klatschbase, und es wäre zuviel verlangt gewesen, zu erwarten, daß sie der Nachbarin nicht anvertrauen würde, was sie gehört hatte. Die Nachbarin erzählte es einer anderen Nachbarin, und diese wieder einer anderen. Die Neuigkeit verbreitete sich wie Feuer in ausgedörrtem Farn.
    Bis zur Wochenmitte wußte praktisch jedermann in Glazebridge und Landkreis, daß Widger und Ling den Kopf verloren hatten.

10. Kapitel
    Wespe, kauend
     
    Ein wilder Handel, traumhaft schier, von Blut und List, der für
     ‘ne Trän’ zu dumm, zu böse für ein Lächeln ist.
    Samuel Taylor Coleridge, >Ode to Tranquillity<
     
     
    1
     
    Die Ermittlungen erlahmten.
    Dank Lings Anordnungen vom Sonntag nachmittag und seiner Pressekonferenz boten die Zeitungen am Montag vormittag eine sonderbare Darbietung. Der Botticelli-Mord war gewiß sensationell, und alle Blätter, selbst die >Times<, beschäftigten sich ausführlich damit. Aber in den Einzelheiten

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