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Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hühn
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davon eine Familie ein Achteljahr mit allem versorgen könnte! Um das Material dafür anzubauen, braucht man eine riesige Fläche! Ihre runden, ausdruckslosen Inzuchtgesichter, wenn ich die schon sehe! Und kaum sind sie im Wald unterwegs, wissen die feinen Damen nicht einmal, wie man sich selbst wäscht! Dreckige Bälger! Ihr habt nicht mal einen Gnadenstoß verdient. Ich sollte euch hier krepieren lassen! So macht ihr es ja auch mit denen in der Stadt, die verarmen! Hört ihr, ihr … Ungeziefer! Ich lasse euch krepieren.“
    Dann ging er zu den Mädchen und begann kochend vor Zorn ihre Anzüge aufzuschneiden und zu prüfen, wie er sie am besten versorgen konnte. Ich bin fürchterlich weich! Sie sehen verdammt noch einmal fast wie Menschen aus! Wenn sie woanders aufgewachsen wären, wären Menschen aus ihnen geworden. Das ist der Trick dieser Bestien. Mimikry. Ich kann sie durchschauen, bin aber trotzdem gezwungen, sie als richtige Menschen zu behandeln.
    In der folgenden halben Stunde musste er dreimal zur Seite treten, um sich zu übergeben. So sehr ekelte es ihn vor diesen Unwesen, die schamlos seine Schutzinstinkte, seine Menschlichkeit ansprachen. Der Gestank schwärender Wunden spielte eine untergeordnete Rolle.
     
    *
    Als Verena erwachte, war sie zu schwach, sich zu rühren. Aber irgendetwas war anders. Zunächst einmal bin ich nackt und nur mit irgendeiner Decke zugedeckt, die sich wie weiches Leder anfühlt. Außerdem fühle ich mich … sauber. Alle meine Wunden sind verbunden. Ich habe kaum noch Schmerzen. Jemand hat einen größeren, besseren Unterstand gebaut. Lisa ist gesund geworden und hat sich um alles gekümmert!
    Dann gelang es Verena, ihren Kopf zu wenden. Da lag Lisa und sie sah alles andere als gut aus. Sie war leichenblass und regte sich nicht im Mindesten. Und ich kann mich überhaupt nicht bewegen. Ich fühle mich fast als würde ich schweben, aber bewegen kann ich mich nicht, nicht mal den Kopf wieder zurückdrehen. Als hätte ich irgendwelche Drogen bekommen.
    Sie versuchte, zu sprechen, und nach einiger Mühe brachte sie ein schwaches „Hinfe“, heraus. Daraufhin hörte sie draußen Schritte und sogleich schlüpfte ein großer, kräftiger Mann in den Unterstand. Der sah seltsam aus. Kantige Gesichtszüge, eine zweite Reihe Augenbrauen, schneeweiß, über der Ersten und struppige Haare, die unregelmäßig in Handbreite eingekürzt waren. Die Haare waren zu allem Überfluss blau gefärbt. Es gab keine Spur von Bartwuchs und den von zahllosen Narben dominierten, strengen Gesichtszügen nach, schätzte Verena, dass der Mann 25 sein dürfte [37] . Gekleidet war er in Lederklamotten, die nicht einmal vernäht waren, sondern mittels zahlreicher Riemen verknotet. Diese seltsame Erscheinung bemerkte, dass sie wach war, und sah sie mit einem Ausdruck blanken Abscheus an. Der Mann beugte sich zu ihr herab und fühlte nicht gerade sanft den Puls an ihrem Hals. Dann zog er ihren Körper in eine sitzende Position und flößte ihr, nicht weniger grob, eine enorme Menge von einem unangenehm schmeckenden Sud ein. Verena hatte Probleme zu schlucken und bekam Angst zu ersticken, doch der Kerl zeigte kein Erbarmen, bevor der ganze Behälter leer war. Dann legte er sie wieder flach hin und rückte ihren Kopf gerade. Die heruntergerutschte Decke, die ihre Brüste entblößte, korrigierte er nicht. Es gelang Verena, ihren Kopf wieder zur Seite zu drehen, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie der Kerl sich über Lisa beugte und ebenfalls ihren Puls fühlte. Er zeigte ein leicht verzerrtes Grinsen, murmelte etwas in einer fremden Sprache, das sich wie ein Fluch anhörte, und zog Lisas Decke fort. Dann packte er den nackten Körper bei den Fußknöcheln und hob Lisa in die Höhe. So wie ihr Kopf und die Arme herunter hingen, hatte Verena keine Zweifel, dass ihre Freundin gestorben war. Den Fremden schien das eher zu freuen. Er hängte sich Lisa wie einen Müllsack über die Schultern und trug sie aus dem Unterstand. Eine Zeit später kam er ohne die Leiche zurück.
    Verena konnte nicht richtig beobachten, was er dann tat, vermutete aber, dass er Essen zubereitete. Tatsächlich wurde sie bald mit einem warmen, pappig schmeckenden Pflanzenbrei gefüttert, während ihr ´Pfleger´ sich selbst an kleineren, appetitlich duftenden Häppchen gütlich tat. Wenn sie nicht gleich schlucken wollte, hielt er ihr sogleich Mund und Nase zu, bis sie dieses Versäumnis nachholte. Verena weinte und registrierte mit entsetzen,

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