Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
mit denen er am Seil herabgerutscht war, erkannte sie doch auch darin eine gewisse Steifheit. Auch der spärliche Haarwuchs, der sich auf einen Kranz dunkelbrauner Locken um einen kahlen Schädel beschränkte, wies darauf hin, dass der Balazuma seine Jugendtage längst hinter sich gelassen hatte. Der Alte trug saubere aber schmucklose Lederkleidung. „Ehre, habe ich, Euch meinen Namen zu verraten: Xengatcha!“, fuhr der Mann in seiner seltsamen Sprechweise fort. Dann wartete er.
„Ähm, wir freuen uns sehr, Euch kennenzulernen. Bitte kommt doch zu uns, damit wir uns richtig unterhalten können. Ich bin Lena, die Zweite der Catjary, das hier ist mein Gefährte Alfred und ….“
„Dank, Eure Vorstellung jedoch, ist unnötig“, unterbrach sie Xengatcha. „Eure Wege, ich verfolge sie, schon seit Tagen. Eure Worte, ich hörte sie, während Ihr herumlieft oder Rast hieltet.“ Xengatcha trat, obwohl diese Worte abweisend klangen, nun dennoch mitten unter die Gruppe und nahm wie selbstverständlich auf der Lederdecke Platz, von der Alfred und Lena aufgestanden waren, als sie vom Eintreffen des Neuankömmlings überrascht worden waren.
Mit einem Achselzucken setzten Lena und Alfred sich wieder. Nachdem Lena die Waldläufer und Velinas einen Augenblick böse angefunkelt hatte, folgten sie diesem Beispiel. Immerhin schien ihr der Alte nicht gefährlich zu sein.
„Einladung, sei Euch ausgesprochen, die Spinnen jetzt zu rösten. Mein Wille, soll Euch bekannt sein, dass wir gemeinsam speisen.“
Xengatcha wartete geduldig ab, bis die schwitzenden Fremden genügend Brennholz gesammelt hatten, und begannen, seinem Anliegen bereitwillig nachzukommen. Lena versuchte, in dieser Zeit, nicht von sich aus, auf ein Gespräch zu drängen. Der Alte hat gerne die Initiative. Wenn es nach mir geht, soll er sie gerne erst mal behalten. Auch wenn wir die ´Hausarbeit´ machen müssen, hat er doch klar gemacht, wer hier der Gastgeber ist.
Die Mahlzeit verlief ebenfalls schweigend. Danach jedoch ergriff Xengatcha sofort wieder das Wort: „Das Anliegen, vieler aus meinem Volk ist es, dass Ihr von unserem Land verschwindet und fortbleibt.“
Lena musste die Hand heben, um ihre Begleiter, die sofort empört protestieren wollten, zurückzuhalten. „Xengatcha, als Zweite der Catjary habe ich die Autorität, Euch und Eurem Volk bindende Zusicherungen zu machen. Sie gelten für all diejenigen, die für die Catjary arbeiten. Wenn Ihr uns in den letzten Tagen tatsächlich gut zugehört und beobachtet habt, wisst Ihr bereits, dass es uns wichtig ist, mit Euch friedlich und auf gutem Fuß zu leben. Wenn das nach Eurem Willen nicht möglich ist, ohne dass wir jeden Kontakt abbrechen, dann würde ich auch das akzeptieren. Mein Wunsch ist das nicht! Ich wollte Geschenke bringen und damit Freundschaft beginnen, aber auch eine Handelsbeziehung einleiten. Ich will Euch nicht belügen: Dabei geht es mir um unseren eigenen Vorteil, und wie viel ihr am Ende davon hättet, müsste sich noch zeigen. Ich weiß nicht, welche Befugnis Ihr habt, in dieser Angelegenheit für Euer ganzes Volk zu sprechen. Aber ich will noch einmal Folgendes betonen: Die Catjary kommt ursprünglich nicht aus der Stadt V´Llionias und möchte gerne ihre eigenen Beziehungen zu Eurem Volk unterhalten. Was wir Euch anbieten, ist mehr als ein brüchiger Zustand gegenseitiger widerwilliger Duldung.“ Nach dieser langen Rede forderte Lena Velinas auf, ihre Worte zur Sicherheit so gut, wie es ging, ins Balazu zu übersetzen. Dass sie ihre Rede dazu noch einmal Stück für Stück wiederholen musste, trug wahrscheinlich mehr zum Verständnis bei, als Velinas offensichtlich stockende und lückenhafte Übersetzung. Es ist kaum festzustellen, was dieser Xengatcha von dem hält, was ich gerade gesagt habe. Wenn er einmal angefangen hat, zuzuhören, hat er so eine Art, die unseren Waldläufern, nein eigentlich allen Waldläufern, denen ich im Gildenhaus begegnet bin, sehr ähnelt. Es ist als spiele Zeit keine Rolle.
Liebe Leserinnen und Leser, ich vermute, dass weder Sie noch ich dem Stamme der Balazuma angehören oder Mitglieder einer Waldläufergilde sind. Wir kommen aus einer viel hektischeren Welt. Lena konnte bei den folgenden, ausführlichen und schwierigen Gesprächen kaum langweilig werden. Dazu hing für sie und ihre Freunde zu viel davon ab. Ihnen und mir würde eine vollständige Wiedergabe all dessen, was in vielen, vielen Stunden gesagt wurde, jedoch unweigerlich die
Weitere Kostenlose Bücher