Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)
vorbereitet. Diana erklomm die Treppe nach oben. Hinter der Tür war kein Insekt. Und als sie die Welt außerhalb des Gebäudes kontrollierte, schien alles normal zu sein. So normal, wie man es erwarten konnte.
»Gute Arbeit, Nummer Fünf!«
Sie drehte sich um. West stand in der Tür zu seiner Wohnung und aß einen Hamburger. Sie war nicht überrascht, ihn lebend zu sehen.
»Dachte, Sie wären gefressen worden«, sagte sie. »Ich habe Ihren Arm und Ihre Werkzeugkiste gesehen.«
»Gibt ’ne Menge Arme da draußen, ’ne Menge Werkzeugkisten«, erwiderte er. »Aber wenn du nicht gesehen hast, wie ich gefressen wurde, hast du eigentlich gar nichts gesehen, oder?«
»Nein, wohl nicht.«
West salutierte zackig, bevor er sich in sein Apartment zurückzog, und Diana, die an solche Dinge gewöhnt war, verschwendete keinen weiteren Gedanken an den Zwischenfall. Nur dass sie froh war, dass die Welt vor ihrem Haus keine höllische Landschaft voller Mutanten-Insekten war. Nur die, die sie kannte, mit einer ordentlichen Dosis kosmischer Monster und unbeschreiblicher Schreckensgestalten hier und da.
Es war zwar nicht viel, aber sie nahm, was sie kriegen konnte.
ZWANZIG
Diana traf sich mit Sharon in einem Sushi-Restaurant. Beim Gedanken an Sushi war Diana früher flau geworden, aber das war vor der Transferenz mit Vorm gewesen. Jetzt konnte sie alles essen. Sie beschränkte sich auf die konventionellen Lebensmittel, auch wenn das nicht immer einfach war. Ab und zu entdeckte sie eine leckere Taube oder roch einen halb aufgegessenen Burger im Müll. Aber ihre Jahre als Mensch hatten ihr genug Selbstkontrolle verliehen, dass sie ihren weniger anspruchsvollen Trieben nicht nachgab.
Sie überflog die Speisekarte. Alles sah köstlich aus.
»Also, ich muss sagen, ich bin überrascht, dass du angerufen hast«, sagte Sharon. »Ich dachte, du wärst ein bisschen erschrocken darüber, wie unsere letzte Begegnung geendet hat.«
»Das vierarmige Monster-Werwolf-Ding?«, fragte Diana. »Ja, ich muss zugeben, das hat mich zunächst einmal umgehauen.«
»Und warum hast du dann angerufen?«
»Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich brauchte einfach jemanden zum Reden, der mich versteht. Ich habe zwar Freunde, aber …«
»Aber die stammen aus deinem alten Leben«, sagte Sharon. »Selbst wenn sie zuhören wollten, würden sie dich nur für verrückt halten.«
»Warum auch nicht? Ich bin mir immer noch nicht sicher, dass ich es nicht bin.«
»Das kenne ich. Nur dass ich das Glück habe, mein Schicksal selbst aussuchen zu können. Ich bin da nicht einfach hineingestolpert. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das sein muss. Ich bin nur froh, dass du dich sicher genug gefühlt hast, um mich anzurufen.«
»Ich hoffe, das ist keine Zumutung«, sagte Diana.
»Mach dir keine Sorgen. Es ist schön, eine Freundin außerhalb der Kirche zu haben.«
»Du gehst in eine Kirche?«
Sharon lächelte. »Nicht konfessionsgebunden. Anbetung der Urkraft.«
»Wie Wicca?«
»Überhaupt nicht.«
Sharon sagte nichts weiter dazu, und Diana kannte sie nicht genug, um nachzubohren.
»Also hast du es dir tatsächlich ausgesucht, so zu leben«, sagte sie. »Das erscheint mir einfach …« Ihre Stimme verebbte, sie wollte den Gedanken nicht zu Ende denken.
»Verrückt?«, fragte Sharon matt.
»O Gott! Entschuldigung! Ich wollte dich nicht beleidigen! Wo du doch so nett warst, mich …«
Sharon grinste. »Ich wollte dich nur aufziehen.«
Diana kicherte unbehaglich.
»Tut mir leid, ich konnte nicht widerstehen«, sagte Sharon. »Ich weiß nicht. Ich glaube, es ist schon irgendwie verrückt, an etwas rühren zu wollen, das über dich hinausgeht, etwas, das größer ist, als du je wirklich erfassen kannst. Aber liegt das nicht in der Natur des Menschen? Dieses Universum ist weit merkwürdiger und schöner, als die meisten von uns je erfahren werden. Als sich die Gelegenheit bot, wie hätte ich sie da ablehnen können?«
Sie richtete den Blick in die Ferne, und ein Ausdruck schweigenden Erstaunens ging über ihr Gesicht. Es war beinahe ein intimer Moment.
»Ich nehme an, ich hatte nie wirklich darüber nachgedacht«, sagte Diana leise.
Sharon antwortete nicht. Sie starrte noch ein paar Sekunden in den Raum, bevor sie ihr stilles Delirium abschüttelte. Dann sah sie sich in dem Restaurant um, als sähe sie diese Welt zum ersten Mal.
»Tut mir leid. Das passiert mir in letzter Zeit öfter.«
»Kein Problem.«
Während sie auf ihr Essen warteten,
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