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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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mir nicht böse«, sagte Maggie kleinlaut. »Ich … es macht mich nur nervös, all die Tiere und die fremden Leute … In Ägypten war das ähnlich, ich musste mich erst mal an alles gewöhnen. Ich hoffe, du siehst mir das nach.«
    Paul nahm ihre Hand und küsste sie. »Natürlich, meine Liebe. Vielleicht würde es mir ähnlich gehen, wenn mein ­Vater mir nicht so viel von diesem Land erzählt hätte. Ich habe seine Geschichten geliebt, vielleicht ist mir deshalb vieles schon vertraut.«
    Als sie die Straße wieder zurückgingen, musterten die Leute sie erneut. Maggie versuchte sichtlich, sie zu ignorieren – ein Jammer, wie Paul fand, denn die Blicke waren keineswegs feindselig. Die Frauen blickten neugierig, wahrscheinlich war das, was sie sich in fremder Sprache zuraunten, auch nicht abwertend oder böse gemeint. Trotzdem entspannte sich Maggie erst, als sie tatsächlich einen Schneiderladen fanden. Die Schneiderin war eine junge Chinesin, und die Auslage ihres Ladens war wirklich beeindruckend. Als eine der dort anwesenden Damen anmerkte, dass dieser Laden bei den Gattinnen der Plantagenbesitzer sehr beliebt sei, war Maggie wieder versöhnt.
    Paul verkürzte sich die Wartezeit, indem er dem Treiben auf der Straße zusah und sich dabei lächelnd an die Erzählungen seines Vaters erinnerte. Was für ein Jammer, dass er nicht mehr unter den Lebenden weilte! Und nun wurde Paul auch klar, wie viel es ihm bedeutet hätte, zu Lebzeiten mit ihm zu reisen.
    Surabaja 1902
    Nur mit Korsett, Hemd und langen Unterhosen bekleidet, saß Rose Gallway breitbeinig auf ihrem Stuhl und hatte dabei wieder die krächzende Stimme von Mrs Faraday, ihrer alten Musiklehrerin aus London, im Ohr. »So etwas tut eine Dame nicht! Das ist zutiefst unanständig!«
    Rose konnte nichts Unanständiges daran finden, denn das war für sie nun mal die bequemste Haltung, um neue Saiten auf ihre Violine aufzuziehen und sie dann zu stimmen. Mittlerweile hatte sie Mrs Faradays Music School hinter sich ge­lassen, und obwohl deren Ermahnungen hin und wieder in ihr nachklangen, schmunzelte sie mittlerweile nur noch darüber.
    Seit einigen Jahren war Rose auf dem Weg, eine der besten Geigerinnen des Landes und vielleicht auch der Welt zu werden. Ihr Werdegang war bemerkenswert. Trotz des eng­lischen Namens stammte sie aus Padang. Sie war die Tochter eines englischen Hafenbeamten, der eine Einheimische zur Frau genommen hatte.
    Obwohl ihr Vater ein sehr sparsamer Mann war, hatte er seine eigenen Regeln außer Kraft gesetzt, als offenbar wurde, dass seine Tochter ein besonderes musisches Talent besaß. Eine der niederländischen Lehrerinnen der Schule, Mejuf­frouw Dalebreek, hatte nach einer Musikstunde völlig auf­gelöst ihre Eltern aufgesucht und sie gebeten, ihre Tochter doch ein Instrument erlernen zu lassen.
    Ihr Vater hatte Rose eine Geige geschenkt, jenes Instrument, das sie heimlich schon lange begehrt hatte. Und dann war ihr Leben von einem Tag auf den anderen ein anderes geworden. Den Unterrichtsstunden bei Anna Dalebreek war schließlich eine Einladung in die Music School von Mrs Fara­day gefolgt.
    Rose erinnerte sich noch sehr gut daran, wie ihre Wangen vor Aufregung geglüht hatten – und ihr Magen vor Angst gekniffen hatte.
    Ihr Vater hatte sie zunächst nicht gehen lassen wollen, denn seine Frau war nach langer Zeit wieder schwanger und benötigte Hilfe im Haushalt. Doch dann war es ihre sanfte, aber willensstarke Mutter gewesen, die sich dafür einsetzte, dass er nachgab. Dass sie drei Monate später eine Fehlgeburt erleiden würde, hatte sie da noch nicht wissen können …
    Auf dem Schiff nach England hatte Rose sich die Seele aus dem Leib geweint, und weitere Tränen waren geflossen, als sie feststellen musste, dass das Konservatorium aus über­ehrgei­zigen Schülerinnen und überstrengen Lehrerinnen bestand. Doch dann hatte sie sich an alles gewöhnt – an das kalte, graue Wetter, an die Beleidigungen ihrer Mitschülerinnen und auch an die Boshaftigkeit von Mrs Faraday. Und schließlich war sie als beste Absolventin in die englischen Konzertsäle eingezogen.
    Der Unterricht in Mrs Faradays Konservatorium hatte Rose viel gebracht, aber einige Eigenarten hatten ihr auch die strengen Lehrerinnen nicht austreiben können, worüber sie sehr froh war, denn sie war keines der englischen Anziehpüppchen, die ihre Geige sowieso an den Nagel hängen würden, wenn sie erst einmal verheiratet waren.
    Als sie fertig war, strich sie mit dem

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