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Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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versprach Lilly und versank dann in den Anblick des Weins in ihrem Glas.
    Als sie schließlich unter die schweren Decken ihres Bettes schlüpfte, schwirrten Düfte und Worte durch ihren Kopf. Und da sich die Gedanken im Hintergrund hielten, gab sie sich der wohligen Schwere hin und ließ sich von ihr in den Schlaf ziehen.

15
    Padang 1902
    Das Konzert im Grand Hotel, zu dem die gesamte Pflanzerprominenz Padangs erschienen war, lief großartig. Während sich Rose in die Melodie sinken ließ, wusste sie, dass sie nie besser gespielt hatte. Das musste zweifellos daran liegen, dass sie Paul im Publikum ausgemacht hatte. Bei seinem Anblick hatte sie sich unendlich leicht gefühlt – umso mehr, da sie gesehen hatte, dass seine Verlobte ihn nicht begleitete.
    Voller Genugtuung hatte sie den Bogen auf ihre Geige gesetzt und gespielt, bis die Bilderflut sie einhüllte und fort­zureißen schien aus dem Konzertsaal. Ja, sie hatte für Paul gespielt, nur für ihn, und was daran noch befriedigender war: Sean Carmichael bekam nicht recht. Die aufkeimenden Gefühle für Paul – auch wenn sie nicht wusste, ob er sie erwiderte, ließen sie eher besser spielen.
    Als sie unter dem Jubel der Zuschauer von der Bühne ging, warf sie ihrem Agenten einen vernichtenden Blick zu. Seit dem Vorfall nach ihrer Rückkehr vom Wayang hatten sie kaum ein Wort miteinander gewechselt. Das, was sie miteinander zu besprechen hatten, tauschten sie schriftlich aus – über Mai. Diese hatte von Rose eine gehörige Abreibung dafür kassiert, dass sie Carmichael von ihrem Abend mit Havenden erzählt hatte. Eigentlich hätte sie auch sie mit Schweigen strafen sollen, aber sie brauchte das Mädchen. Dass sie nach der Ohrfeige, die Rose ihr verabreicht hatte, gut eine halbe Stunde lang geweint hatte, war Strafe genug gewesen.
    Als Rose in ihre Garderobe zurückrauschte, fühlte sie sich, als würde sie auf Wolken gehen. Diesmal würde sie es nicht scheuen, sich unter die Gäste zu mischen, denn vielleicht würde sie dazu kommen, wieder ein paar Worte mit Paul zu wechseln.
    Allerdings wollte sie vorher aus ihren Bühnenkleidern heraus.
    »Mai, such mir das blaue Kleid mit den Spitzen! Beeil dich.«
    Schweigend kam die Chinesin der Anweisung nach. Seit der Strafaktion von Rose beschränkte sie sich darauf, nur das Nötigste zu sagen und ihre Herrin ja nicht anderweitig zu verärgern. Das rührte Rose ein bisschen, denn so ähnlich hatte sie sich auch verhalten, wenn Mrs Faraday wieder einmal nicht zufriedenzustellen gewesen war und ihr rotgeschminkter Mund giftige Bemerkungen abgefeuert hatte.
    Angesichts dessen, dass alles so gut gelaufen war und das Schicksal mit der Anwesenheit von Paul auf ihrer Seite zu sein schien, beschloss sie, ein bisschen Milde walten zu lassen. Immerhin wollte sie nicht so ein boshafter Drache wie Mrs Fa­raday werden!
    Als Mai ihr das Kleid brachte, lächelte sie ihr aufmunternd zu, was diese unsicher erwiderte.
    »Hast du Lust, heute Abend ein wenig freizuhaben?«, fragte sie, während Mai begann, die Verschlüsse ihres Kleides zu öffnen.
    »Aber Miss, Sie brauchen mich doch«, entgegnete sie vorsichtig, als vermutete sie dahinter eine Finte, die ihr eine weitere Ohrfeige einbringen würde.
    »Natürlich brauche ich dich, aber ich finde, du solltest auch mal ein paar Stunden freihaben. Ich werde mich nachher unter die Gäste mischen, wenn du magst, brauchst du erst heute Nacht wieder da zu sein. Es gibt doch bestimmt ein paar Dinge in Padang, die du dir anschauen möchtest.«
    Mais Mund klappte kurz auf, ohne dass sie einen Ton hervorbringen konnte. »Meinen Sie das ernst, Miss?«
    »Wenn ich es sage! Aber wenn du nicht willst, kannst du auch zum Hotel gehen und meine Unterwäsche ausbessern, es liegt an dir.«
    »Nein, nein, ich meine, ich würde gern ein wenig freihaben, wenn Sie erlauben.«
    »Geh zum Wayang , die Geschichten, die dort gespielt werden, sind sehr schön. Und du triffst vielleicht ein paar Landsleute, mit denen du dich unterhalten kannst.«
    »Vielen Dank, Miss«, sagte Mai und machte eine kleine Verbeugung. »Ich werde pünktlich zurück sein und Ihnen auch sonst keinen Ärger mehr machen.«
    »Gut, dann hilf mir ins Kleid und mach mir die Haare. Wenn du fertig bist, hast du frei.«
    Eine halbe Stunde später verließ Rose die Garderobe. Ein paar Gäste hatten versucht, ihre Umkleide zu betreten, doch Mai hatte sie resolut und mit der Erklärung, dass Miss Gallway sich gleich unter den Gästen zeigen würde,

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