Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mondscheingarten

Der Mondscheingarten

Titel: Der Mondscheingarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
Vom Netzwerk:
abgewiesen.
    Als sie jetzt, in ihrem besten blauen Kleid, den Gang zum Gästeraum entlangschritt, klopfte Rose das Herz bis zum Hals. Würde sie dazu kommen, mit Paul zu reden?
    Als man ihre Anwesenheit bemerkte, brachen die Gäste in Applaus aus. Van Swieten kam zu ihr, gab ihr einen Handkuss und führte sie dann in die Mitte des Raumes. Seiner kurzen Ansprache lauschte sie nur beiläufig, ihre Augen suchten nach Paul in der Menge. Doch zunächst konnte sie ihn nicht entdecken. War er etwa schon gegangen?
    Panik überfiel sie. Wenn er nicht da war, um mit ihr zu sprechen, würde sie den anderen Männern ausgeliefert sein. Deren Fragen kannte sie zur Genüge, sie waren immer gleich. Und die Frauen redeten nur sehr selten mit ihr, eher betrachteten sie sie wie eine, die ihr Geld damit verdiente, ihren Körper zu verkaufen.
    Natürlich scharten sich die Männer sofort um Rose und überhäuften sie mit Komplimenten. Da sie Paul nicht fand, hielt sie Ausschau nach Carmichael, doch auch ihn sah sie in der Menge nicht.
    Doch plötzlich, als sich der Wald schwarzer Gehröcke und Anzüge vor ihr lichtete, entdeckte sie Havendens blonden Haarschopf.
    Natürlich durfte sie sich nicht von den anderen losreißen und zu ihm laufen, das hätte sicher Gerede gegeben. Doch als hätte er ihren stummen Hilferuf empfangen, blickte Paul auf und kam dann auf sie und die sie umgebenden Männer zu. Es dauerte eine Weile, bis er zu ihr vorgedrungen war, doch allein, dass er in ihrer Nähe war, gab Rose die Kraft, die Fragen und die Bemerkungen zu ertragen und humorvoll zu kontern.
    Schließlich gelang es Paul, sie aus der Menge zu lösen, indem er vorgab, sie seiner Verlobten vorstellen zu wollen. Dass die nicht da war, schien den anderen Männern nicht aufge­fallen zu sein.
    »Sie wissen gar nicht, wie dankbar ich Ihnen bin!«, flüsterte Rose, als sie in den Gang verschwunden waren, der zur Bibliothek des Hauses führte und der um diese Zeit kaum frequentiert wurde.
    »Ihre Freude an der Konversation mit Ihren Bewunderern ist nicht mehr geworden, nehme ich an«, entgegnete Paul amüsiert, während Rose ihr Taschentuch hervorzog und sich damit ein wenig Luft zufächelte.
    »Wenn es denn eine Konversation wäre! So fragen mich die Männer, ob ich bereits vergeben sei, wie es sich anfühlt, auf der Bühne zu stehen, und ob ich als Frau nicht das Bedürfnis nach einem Beschützer hätte.«
    »Wie man sieht, besteht dieses Bedürfnis offensichtlich.« Paul grinste sie breit an.
    »Natürlich besteht dieses Bedürfnis nicht!«, entgegnete sie. »Ich bin in dieser Stadt geboren, ich bin noch im Kindesalter von hier fortgegangen, um in London zu studieren. Ich brauche niemanden, der mich beschützt. Allenfalls jemanden, der mich vor Männern bewahrt, die sich mir als Liebhaber an­dienen wollen oder die mir zu diesem Zweck ihre Söhne empfehlen.«
    Rose spürte, wie sie bei diesen Worten rot wurde. So offen hatte sie gegenüber Paul nicht sein wollen. Aber er schien ihr das Gesagte nicht übelzunehmen.
    »Nun, Sie sind zweifellos eine sehr moderne Frau. Viele der anwesenden Damen würden sich sicher darum reißen, von einem der betuchten Plantagenbesitzer beschützt zu werden.«
    »Aber diese Damen sind auch zufrieden damit, auf der Plantage alt zu werden. Das würde mir nie reichen, fürchte ich. Ich brauche die Musik, und ich brauche die Bühne.«
    »Und den Applaus?«
    »Welcher Künstler braucht den nicht?«
    »Aber dennoch scheuen Sie die Bewunderung nach dem Konzert.«
    »Wie ich schon sagte, die hat nichts mit meiner Kunst zu tun.«
    Auf diese Worte sah Paul sie lange an.
    »Würden Sie mir erlauben, Ihre Geige ein wenig näher zu betrachten?«, fragte er dann, was Rose ein wenig verwirrte, denn eigentlich wollte sonst keiner ihrer Bewunderer das Instrument sehen. Oder erwartete Havenden vielleicht, dass sie ihn mit in ihre Garderobe bat? Einen Moment lang bereute sie, sich über seine Anwesenheit gefreut zu haben, doch dann sagte sie sich, dass Paul nicht so wie die anderen war. Und wenn doch, würde sie ihm gehörig die Meinung sagen!
    »Natürlich, allerdings muss ich sie erst aus der Garderobe holen.«
    »Damit würden Sie mir eine große Freude machen«, entgegnete Paul und trat einen kleinen Schritt zurück.
    Ein Lächeln huschte über Roses Gesicht. Sie hatte sich also doch nicht in ihm getäuscht!
    »Also gut. Ich bin gleich wieder da.«
    »Ich werde auf Sie warten.«
    Als sie durch die Garderobentür trat, sah sie, dass Mai

Weitere Kostenlose Bücher