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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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Pflöcke in den Boden rammen sollte, bis ein fast perfekter Kreis von ungefähr vierzig Fuß Umfang entstanden war, dessen Mittelpunkt die Metallstange bildete und dessen westlicher Rand sich bis auf fünfzehn Fuß der Plattform näherte. Kearns bewunderte sein Werk einen Moment lang, dann klopfte er mir auf die Schulter.
    »Hervorragende Arbeit, Will Henry. Der Maoristamm, der diese Methode ersonnen hat, hätte es nicht besser machen können.«
    Die Jagdgesellschaft hatte sich am rückwärtigen Teil des Transportfuhrwerks versammelt und jeder Mann sich mit einer Schaufel bewaffnet. Kearns forderte sie mit einer Handbewegung auf, sich zu uns zu gesellen, und sie scharten sich um ihn, kurzatmig und mit grimmigen Gesichtern, denen man ansah, dass ihre Körper schon von den Strapazen schmerzten. Mit tiefer und eindringlicher Stimme richtete Kearns das Wort an sie. »Die Nacht bricht früher herein als erwartet, Gentlemen. Schnell jetzt! Schnell – aber so leise Sie können. Graben Sie, meine Herren, graben Sie!«
    Indem sie die Pflöcke als Anhaltspunkte benutzten und in einem methodischen Rhythmus arbeiteten, gruben die Männer einen flachen Graben. Das felsige, nasse Erdreich knirschte unter den Bissen der Schaufelblätter, doch wurde das Geräusch ein wenig durch den Regen gedämpft, der jetzt in stetem Trommeln vom windstillen Himmel fiel, zehntausend winzige Trommelschläge die Sekunde, genug, um uns bis auf die Hautzu durchnässen und uns die Haare an den Kopf zu klatschen. Ach, warum hatte ich meinen Hut zu Hause gelassen! Vom Transportfuhrwerk aus, einige Yards weiter weg, wirkten die Männer grau und gespensterhaft durch die trübe Regenwand.
    »Pellinore«, sagte Kearns, »bitte helfen Sie mir bei meiner Truhe.«
    »Also, diese Truhe«, murmelte Morgan, als sie sie vorsichtig von der Pritsche hoben. »Ich würde gern genau wissen, was Sie darin haben, Cory.«
    »Geduld, Wachtmeister, und Sie werden genau wissen, was ich darin … Sachte, Pellinore, setzen Sie sie vorsichtig ab! Will Henry, schnapp dir meine Tasche dort, ja?«
    Er streifte das Seidenlaken ab und klappte den Deckel auf. Der Doktor wich mit einem resignierten Seufzen zurück; er hatte gewusst, was in der Truhe war, bevor Kearns sie geöffnet hatte, aber Wissen und Sehen sind oft zwei ganz verschiedene Dinge. Morgan kam nach vorn, um sich den Inhalt genau anzusehen, schnappte nach Luft, und alle Farbe wich aus seinen Wangen. Er stotterte etwas Unverständliches.
    In der Truhe lag eine Frau, gekleidet in einen hauchdünnen weißen Morgenrock, gebettet wie ein Leichnam, die Augen geschlossen, die Arme über der Brust gekreuzt. Sie war über vierzig und mochte einmal hübsch gewesen sein; doch jetzt war ihr Gesicht fleischig und übersät mit Narben, von Pocken vielleicht, die Nase vergrößert und rosarot, die Folge geplatzter Kapillargefäße unter der Haut, diese ihrerseits zweifellos die Folge jahrelangen Alkoholmissbrauchs. Außer dem durchsichtigen Morgenrock trug sie nichts, keinen Ring an der Hand, kein Armband am Handgelenk; nur um ihren Hals lag ein eng anliegendes flaches Band von der Farbe matten Kupfers, ein Metallring, der unter ihrem breiten Kinn befestigt war.
    Nach ein paar Sekunden entsetzten Schweigens fand Morgan seine Stimme wieder. » Das ist der Köder?«
    »Was hätten Sie mich denn nehmen lassen, Wachtmeister?«, fragte Kearns rhetorisch. »Ein Zicklein?«

    »Als Sie Immunität verlangt haben, war von Mord nicht die Rede«, sagte Morgan aufgebracht.
    »Ich habe sie nicht umgebracht.«
    »Wo haben Sie sie dann –?«
    »Es ist eine Prostituierte, Morgan«, brauste Kearns auf. Er schien verärgert über die Empörung des Wachtmeisters. »Ein gewöhnliches Flittchen, von denen die Gossen Baltimores bis zum Überquellen vollgestopft sind. Ein Stück rumvernarrten, von Krankheiten geplagten Drecks, deren Tod einem weitaus edleren Ziel dient, als sie in ihrem elenden, vergeudeten Leben jemals eins erreicht hat. Wenn es Ihr Gefühl für moralische Korrektheit verletzt, dass ich sie benutze, dann möchten Sie sich vielleicht selbst als Köder zur Verfügung stellen?«
    Morgan wandte sich beschwörend an Warthrop: »Pellinore, es muss doch gewiss eine andere Möglichkeit geben …«
    Der Doktor schüttelte den Kopf. »Sie hat all ihr Leiden schon hinter sich, Robert«, erklärte er ihm. »Uns bleibt jetzt keine Wahl mehr: Es muss getan werden.« Er beobachtete mit fragendem Blick, wie Kearns ihre reglose Gestalt aus dem

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