Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist
zu einem Schicksal verdammt hat, das selbst des ungeheuerlichsten Missetäters unwürdig gewesen wäre. Aber ihre blutdürstigen Götter fordern; und so liefern sie.
Der Kopf ist der begehrteste Preis. Der Erste, der sie erreicht, packt ihn und reißt ihn ihr vom Hals, und ihr Herz, das noch schlägt, pumpt ihr Blut durch diese behelfsmäßige Körperöffnung; ein sprudelnder Geysir schießt in die Luft und malt ihre wimmelnden Alabasterkörper feuerrot an. Sie knurren wütend und schnappen nach einem Stück vom Fleisch, denn Fleisch ist sie jetzt; Mensch ist sie nicht mehr. Zerfetzte Stücke von ihr werden weit über den Rand der Grube geschleudert und bespritzen die Zuschauer mit den blutigen Überresten ihrer jungfräulichen Gestalt. In dem Gewühl verlor ich sie aus den Augen, doch das war eine gesegnete Blindheit nach dem Verdammtsein zum Sehenmüssen. Keine Vision aus der Hölle könnte den Anblick übertreffen, Warthrop. Kein dem menschlichen Verstand entsprungenes Bild oder Wort könnte dem gleichkommen, was ich an jenem Tag sah!«
(Obwohl ich hier die Worte des alten Mannes gewissenhaft niedergeschrieben habe, getreu meiner Erinnerung daran, verließen sie seinen Mund nicht mit Bereitwilligkeit, wie man bei einem flüchtigen Lesen annehmen könnte. Interpunktiert mit den gleichen Stöhn- und Ächzlauten und unverständlichen geflüsterten Bemerkungen, die die gesamte Befragung untermalten, dauerte der vorstehende Monolog mit etwas Nachhilfe seitens des Doktors, zahlreichen Atempausen und so manchem schleimigen Schniefen fast eine halbe Stunde. Manchmal wurden die Worte so leise gesprochen, dass der Doktor gezwungen war, sich so tief hinabzubeugen, bis sein Ohr fast die gräulichenLippen berührte. Ich habe mich entschieden, Gnade walten zu lassen und dem Leser diese etwas ermüdenden und frustrierenden Abschweifungen zu ersparen.)
»Wenigstens glaubte ich das«, ächzte Varner nach einem Moment lastenden Schweigens, das nur vom Summen der Fliegen gestört wurde.
»Das glaubten Sie? Was meinen Sie damit, das glaubten Sie?«
»Der König hatte keine Lust, sich von ihnen zu trennen, denn welchen Preis erhebt man für die Köpfe seiner Götter?«
»Aber dennoch hat der Oba sie Ihnen verkauft«, stellte der Doktor fest. »Das muss er haben.«
»Ja, ja, sicher. Nach vierzehn Tagen harten Feilschens tat er das, aber nicht die von Warthrop gewünschte Anzahl. Er wollte vier, ein ausgewachsenes Paar und zwei seiner infernalischen Sprösslinge. Aber wir stachen mit nur dreien in unserem Frachtraum in See: einem zweijährigen Jungen, einem jungen Männchen und der letzten …« Er schloss die Augen und holte tief und zitternd Luft. »Die Teufelin, die größte ihrer wilden Schar – größer als das größte Männchen, und das war fast acht Fuß groß –, diejenige, die die Benin mehr fürchteten als alle anderen. Die nahmen wir. Wir nahmen sie .« Nach mehr als zwanzig Jahren noch entsetzt bei dem Gedanken, gedemütigt, schauderte er unter den ordentlich an den Seiten festgesteckten Decken.
»Aber warum wollte er vier? Hat er das gesagt?«
»Du lieber Gott, Mann, das hat er nicht gesagt, und ich habe nicht gefragt! Als ich nach diesem verdammungswürdigen Land absegelte, wusste ich nicht mal, was die verfluchten Biester waren! Warthrop bot ein fürstliches Honorar für diese Arbeit, und es war mir egal, ob er vier oder vier Dutzend wollte! Der Krieg hatte der Feronia schwere Zeiten beschert. Ich nahm sein Angebot an, ohne Fragen zu stellen, ohne es mir zweimal zu überlegen!«
Warthrop wandte sich vom Bett ab, war mit zwei Schritten am Fenster und studierte, die Hände hinter dem Rücken gefaltet, allem Anschein nach ausgerechnet das Fensterbrett. Vorsichtig hob er eine der toten Fliegen auf, klemmte ihre zarten Flügel zwischen Daumen und Zeigefinger ein und hielt sie dann hoch, als wollte er sie auf die Ursache ihres Ablebens hin untersuchen.
Der daniederliegende Leviathan auf dem Bett beobachtete ihn nicht. Sein Blick verharrte auf der Zimmerdecke, welchen Trost deren vergilbte, unebene Oberfläche ihm auch immer spenden mochte, während sein riesiger Körper reglos wie der eines Leichnams unter den fleckenlosen Leintüchern ruhte. Wie lange hatte er derart paralysiert gelegen, fragte ich mich, nicht in der Lage, weder Kopf noch Gliedmaßen zu rühren, dazu gezwungen, Stunde um Stunde, Tag für Tag auf diese leere Leinwand zu starren, und welche entsetzlichen Szenerien der entfesselten Hölle,
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