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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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entkommen. Es gibt in der Literatur keine Hinweise darauf, dass sie schwimmen können, also brachen sie in das Schiff ein , nicht aus ihm aus . Und wenigstens zwei überlebten, bis der Frachter vor Swampscott auf Grund lief. Die Erwachsenen, würde ich vermuten.«
    Varner seufzte, eine raue Exhalation wie von einem Schuh, der über Kies scharrt. Die Augen öffneten sich, der Mund tat sich weit auf, die Zunge trat heraus, die Stimme entkam. »Sie fraßen das Kleine. Es war ihr eigenes Junges, jedenfalls hatte der Oba mir das erzählt. Die weibliche Bestie riss es in Fetzen. Mit meinen eigenen Augen – ach, diese verfluchten Augen! – sah ich mit an, wie sie sich sein schlagendes Herz in ihren abscheulichen Rachen stopfte. Die kärglichen Überbleibsel ließ sie ihrem Partner.«
    »Sie war die Dominierende der beiden?«
    »Er hatte schreckliche Angst vor ihr; das war offensichtlich.«
    »Trotzdem hat sie sich nicht gegen ihn gewandt – wieso?«
    Varner antwortete nicht. Seine Augen waren wieder zugefallen. Vielleicht würden wir, wenn er sie schloss, wie die grässlichen Bilder, die sich an der Decke tummelten, der Vergessenheit anheimfallen. Einen Moment lang wurde er so still, dass ich glaubte, er hätte aufgehört zu atmen.
    »Sie haben gefragt, wieso ich gekommen bin«, begann Warthrop, wobei er an seine Seite zurückkehrte. » Sie hat mich hierhergeschickt, Hezekiah, denn wie Sie hat sie die Reise der Feronia überlebt, und ihre Nachkommenschaft ist in ihrer Wahlheimat gediehen. Ihre Brut, inzwischen vielleicht mehr als dreißig, ist nur einen Dreistundenritt weit von genau diesem Zimmer entfernt.«
    Varner stöhnte. Mittlerweile hatten wir es so lange ertragen, dass es zum Hintergrundgeräusch geworden war, wie die Fliegen, die sich selbst gegen die Scheibe klatschten. Was ist mit den Fliegen? , hatte Warthrop sich gefragt. Was ist mit den Fliegen?
    »Mein Vater hat sich mit Ihrem Los abgemartert«, fuhr er fort. »Er zeigte jedoch kein Interesse am Schicksal Ihrer eigentümlichen Fracht. Er war vieles, aber an erster Stelle war er Wissenschaftler, und er hat bestimmt nicht einfach angenommen, dass die Anthropophagen auf See verloren gegangen oder verhungert sind. Etwas oder jemand hatte ihn davon überzeugt, dass keine Notwendigkeit bestand, die Sache weiter zu verfolgen, und es gab keine Zeugen, die das tun konnten, bis auf einen: den einzigen Überlebenden des Frachtschiffs Feronia . Ist das der Grund, weshalb er Sie nach zwanzig Jahren ausfindig gemacht hat, um Sie erneut nach dem Schicksal der Fracht zu befragen?«
    Varners Fleisch glänzte kränklich grau im Lampenlicht, während er unter den Bergen von Bettdecken schwitzte, und zum ersten Mal roch ich etwas anderes als Chlor, den schwachen, beißenden Hauch des Verfalls, und ich fragte mich, ob vielleicht eine Ratte unter das Bett gekrochen und verendet war. Das hätte die Fliegen erklären können. Ich warf einen Blick auf das geschwärzte Fenster. Was ist mit den Fliegen?
    »Zwei Dinge waren’s, die der Feronia zum Verhängnis wurden: die Launenhaftigkeit der Natur und die Narretei des Menschen«, ächzte Varner und gab endlich dem Verlangen des Monstrumologen nach. »Am neunzehnten Tag auf See gerieten wir in die Kalmen. Die nächsten acht Tage, kein Wind, nur eine spiegelglatte See, so flach wie die Prärie in Kansas, und die grausame tropische Sonne hämmerte auf unsere Köpfe herab, Tag um Tag, acht Tage lang, bis die Mannschaft unruhig und gelangweilt wurde und fast ständig betrunken war. Sie fingen an, sie zum Zeitvertreib zu quälen. Schlossen Wetten ab, wie lange das bedauernswerte Stück Vieh, das die Männer in den Laderaum fallen ließen, sich halten und welches Monster es zur Strecke bringen würde. Machten die Klapptür auf und ärgerten sie durch die Stäbe, warfen Sachen nach ihnen und ergötzten sich an der resultierenden Wut. Das große, das Weibchen, konnte vom Boden aus, zwanzig Fuß weiter unten, bis auf einen Fuß an die Stäbe heranspringen; auch darauf wetteten sie, wie nahe ihre Krallen ihnen kommen würden, ohne sie zu berühren. Wilson, der Bootsmann, erfand viele ihrer Spielchen. Und Wilson war es auch, der als Erster für seine Torheit zahlen sollte.«
    Am letzten Tag, bevor die Winde die tödliche Flaute ablösten, die ihre Überfahrt hinausgezögert hatte, erzählte Varner uns, nach einem weiteren heißen, trägen, rumdurchtränkten Tag, beschlossen Wilson und zwei seiner Schiffskumpane, eins der Kälber zu

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