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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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untergraben. Ich war einfach nicht in der Stimmung dafür.
    »Das Haus mit jemandem zu teilen«, fuhr er fort, als ichnicht fragte. »Ich habe schon daran gedacht, dieses Zimmer schalldicht zu machen. Jedes kleine Geräusch …«
    »Ja, Sir«, sagte ich und gähnte ostentativ.
    »Ich könnte es mir eingebildet haben«, räumte er ein. »Der Verstand kann einem Streiche spielen, wenn ihm die angemessene Ruhe verweigert wird. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich zum letzten Mal geschlafen habe.«
    »Es ist mindestens drei Tage her«, sagte ich.
    »Oder eine ordentliche Mahlzeit zu mir genommen habe.«
    Ich sagte nichts. Wenn er nicht einfach mit der Sprache herausrücken und fragen konnte, würde ich ihm kein Angebot machen. Wenn er stur sein wollte, na schön, das konnte ich auch.
    »Weißt du, Will Henry, als ich jünger war, konnte ich eine ganze Woche ohne Schlaf und mit nur einem Laib Brot auskommen. Ich bin einmal durch die Anden gewandert mit nichts als einem Apfel in der Tasche … Du bist also ganz sicher, dass du nicht unten warst?«
    »Ja, Sir.«
    »Der Lärm hörte auf, als ich nach dir rief. Vielleicht bist du geschlafwandelt.«
    »Nein, Sir. Ich war in meinem Bett.«
    »Natürlich.«
    »Ist das alles, Sir?«
    »Alles?«
    »Brauchen Sie sonst noch etwas?«
    »Vielleicht willst du es mir wegen der Teilchen nicht verraten.«
    »Der Teilchen, Sir?«
    »Du schleichst dich für einen Mitternachtsimbiss nach unten, und du weißt, wie sehr ich sie mag.«
    »Nein, Sir. Wir haben die Teilchen noch.«
    »Ach. Tja, das ist gut.«
    Es gab kein Entrinnen. Er würde nicht selbst gehen, und er würde mich nicht fragen. Wenn ich einfach ins Bett zurückkehrte, würde er warten, bis ich wieder kurz vorm Einschlafenwar, und dann würde mein Name durchs ganze Haus schallen Will Henriiiii! , bis mein Wille gebrochen war. So marschierte ich also nach unten in die Küche, wo ich einen Topf mit Wasser aufsetzte und die Teilchen auf einen Teller legte. Ich bereitete seinen Tee zu, stützte mich auf der Spüle ab und gähnte unablässig, während er zog. Ich belud das Tablett und trug es zurück in sein Zimmer.
    Der Doktor hatte sich in meiner Abwesenheit aufgesetzt und lehnte mit verschränkten Armen und gesenktem Kopf gedankenverloren am Kopfbrett. Als ich das Tablett auf den kleinen Tisch neben ihm stellte, blickte er auf.
    »Was ist das? Tee und Backwerk! Wie aufmerksam von dir, Will Henry.«
    Er winkte mich zu einem Sessel. Mit einem innerlichen Seufzer setzte ich mich hin: Auch hierbei gab es kein Entrinnen. Falls ich mich zurückzöge, würde er mich keinen Moment später wieder zu sich rufen, damit ich mich zu ihm setzte. Falls ich einnickte, würde er die Stimme heben und mit den Fingern schnippen und mich dann, mit vollkommener Unbefangenheit, fragen, ob ich müde sei.
    »Das sind ziemlich gute Teilchen«, meinte er nach einem gezierten Bissen. »Aber ich kann nicht beide essen. Nimm dir eins, Will Henry.«
    »Nein danke, Sir.«
    »Weißt du, ich könnte deinen mangelnden Appetit als Beweis auffassen, dass du vorhin doch unten warst. Hast du zufällig etwas gesehen?«
    »Nein, Sir.«
    »Es könnte eine Maus gewesen sein«, sagte er. »Hast du eine Falle aufgestellt, während du da unten warst?«
    »Nein, Sir.«
    »Geh nicht jetzt, Will Henry«, sagte er, obwohl ich keinen Muskel bewegt hatte. »Es kann bis morgen warten.« Er nippte an seinem Tee. »Das muss vielleicht ein Mäuserich gewesen sein, der so einen Radau gemacht hat! Ich habe darüber nachgedacht, während du weg warst. Vielleicht besitzt er ja, wie Proteus, die Macht, seine Gestalt zu wechseln, von Maus zu Mann, und hat ein bisschen Käsesoße für seine Familie zusammengerührt. Ha! Das ist ein grotesker Gedanke, nicht wahr, Will Henry?«
    »Ja, Sir.«
    »Ich bin nicht von Natur aus heiter, wie du weißt, außer wenn ich müde bin. Und ich bin sehr müde, Will Henry.«
    »Ich bin auch müde, Sir.«
    »Wieso sitzt du dann hier? Geh ins Bett!«
    »Ja, Sir. Ich glaube, das mache ich.«
    Ich erhob mich und wünschte ihm ohne viel Überzeugung Gute Nacht, denn ich wusste wohl, dass dies noch nicht der Schlussakt war. Ich verließ das Zimmer, blieb jedoch draußen in der Diele stehen. Ich begann zu zählen, und als ich bei fünfzehn war, rief er mich zurück.
    Er hatte sich wieder hingelegt. »Ich habe versäumt, meinen Gedankengang zu Ende zu führen«, erklärte er, nachdem er mich wieder in den Sessel gewinkt hatte. »Bei dem Gedanken an

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