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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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verstehen, genau wie ich verpflichtet bin, kraft meines Amtes, das Leben und Eigentum der Bürger dieser Stadt zu beschützen. Und dieses Amt zwingt mich dazu, mit Einsatzfreude und unverzüglich zu handeln.«

    Der Doktor bot jedes bisschen seiner Geduld auf und sprach durch zusammengebissene Zähne: »Ich versichere Ihnen, Robert – tatsächlich bin ich sogar bereit, meinen guten Ruf dafür aufs Spiel zu setzen –, sie werden weder heute noch heute Nacht noch in den kommenden Nächten wieder angreifen.«
    »Das können Sie nicht voraussetzen.«
    »Selbstverständlich kann ich das voraussetzen! Die Last von dreitausend Jahren unmittelbaren Beweismaterials stützt diese Voraussetzung. Sie beleidigen mich, Robert.«
    »Das liegt nicht in meiner Absicht, Pellinore.«
    »Und wieso erkennen Sie dann in einem Atemzug meinen Sachverstand an und setzen mich im nächsten davon in Kenntnis, dass Sie ihn zu ignorieren gedenken? Sie bringen mich hierher, um mich um Rat zu bitten, und schlagen ihn dann kurzerhand aus. Sie behaupten, eine Panik vermeiden zu wollen, während Sie Entscheidungen treffen, die auf Ihrer eigenen beruhen!«
    »Zugegeben«, räumte Morgan ein, »aber in diesem besonderen Fall könnte Panik die vorteilhafteste Reaktion sein!«
    Das Antlitz des Doktors wurde puterrot; er richtete sich auf, bis er stocksteif dastand, die Hände zu Fäusten geballt, die Knöchel weiß wie gebleichte Knochen.
    »Na schön. Sie verschmähen meine Meinung. Es ist eine gefährliche Wahl, Robert, aber selbstverständlich ist auch das eine Meinung. Ihr Amt, wie Sie sagen, zwingt Sie, und deshalb lasten die Folgen Ihres Zwangs einzig und allein auf Ihren Schultern. Ich kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden. Ich habe reine Hände!«
    Natürlich hatte er die nicht, ganz und gar nicht! Sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne klebte das Blut der Opfer der Anthropophagen an seinen Händen. Das des alten Grabräubers, das der ganzen Stinnet-Sippe, er war ganz und gar davon durchtränkt.
    »Komm, Will Henry!«, rief der Doktor. »Unser Dienst hierwurde erbeten, aber nicht angenommen! Guten Tag, Wachtmeister, und viel Glück Ihnen, Sir. Falls Sie mich brauchen, Sie wissen, wo Sie mich finden können.«
    Mit großen Schritten ging er durch den Mittelgang zur Tür und rief dabei mit einer Stimme, die gegen die verblassten Dielen donnerte: »Will Henry! Mach fix!«
    Ich erhob mich von der Kirchenbank, und als ich das tat, setzte Malachi sich auf und griff nach mir, und seine Finger fanden mein Handgelenk und zogen mich zurück.
    »Wo gehst du hin?«, wollte er wissen. Sein Gesichtsausdruck war verzweifelt.
    Ich nickte zum Doktor hin. »Mit ihm mit.«
    »Will Hen riiiii !«, rief der Doktor.
    »Kann ich mit euch kommen?«, fragte Malachi.
    Der Wachtmeister war vor uns aufgetaucht. »Keine Angst, Malachi. Du bleibst bei mir, bis ein dauerhafteres Arrangement …« Er suchte nach einem Wort und sagte dann mit einem Achselzucken: »… arrangiert werden kann.«
    An der Tür drehte ich mich um und fand das Tableau unverändert: Malachi und Morgan vor dem Hintergrund des Kreuzes, der eine in sich zusammengesackt auf der vordersten Kirchenbank, der andere neben ihm stehend, die Hand auf der Schulter des Jungen ruhend.
    Draußen atmete der Doktor tief die warme Frühlingsluft ein, so wie ein Mann einen Schluck Laudanum nehmen würde, um seine angeschlagenen Nerven zu beruhigen, und ging dann, ohne die beiden Männer zu beachten, die an der Pfarrhaustür postiert waren und deren Mienen sich bei seinem Näherkommen verfinsterten, geradeswegs zur Kutsche des Wachtmeisters, wo der Kutscher herumlungerte und in einer Haltung gekünstelter Langeweile die Kammer seines Revolvers rotieren ließ.
    »Harrington Lane!«, herrschte der Doktor ihn an, riss die Kutschtür auf und zog sich hinein. Ungeduldig schnippte er mit den Fingern nach mir, und ich kletterte neben ihn.
    Wir fuhren ein Mal von dem schmalen Sträßchen herunter, um drei schwarze Leichenwagen vorbeizulassen. Wir hielten ein zweites Mal für einen Karren an, der mehrere Männer mit Gewehren und ein Rudel Jagdhunde beförderte; die aufgeregten Tiere kläfften und zerrten an ihren Leinen, wozu die eher gelangweilte Haltung ihrer Abrichter in krassem Gegensatz stand. Der Doktor schüttelte den Kopf und murmelte spöttisch vor sich hin. Durch zusammengebissene Zähne knurrte er: »Ich weiß, was du denkst, Will Henry, aber selbst die Dogmen des Glaubens der Opfer

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