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Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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der Rest zerstückelt und zerstreut werden, wobei jedem von uns ein Teil anvertraut wird und er den andern nicht verraten darf, wo er diesen Teil vergraben hat.«
    Pelt blickte ihn zweifelnd an. »Sie sehen sicher ein, dass das ein ganz schöner Brocken ist, den Sie uns da zu schlucken geben, Dr. von Helrung.«
    »Will Henry war dort«, antwortete von Helrung. »Er hat das Gelbe Auge gesehen. Stimmt’s nicht, Will?«
    Aller Augen richteten sich auf mich. Ich wand mich unbehaglich auf meinem Stuhl.
    »Was hast du gesehen?«, wollte Gravois wissen.
    Es war dieselbe Frage, die auch Byrnes gestellt hatte. Ich hatte eine Antwort darauf, aber es war nicht wirklich eine Antwort. Ich räusperte mich.
    Torrance schnaubte. »Na ja, ich könnte mich trotzdem damit einverstanden erklären – so wie man sich gegen den Verlust einer Wette absichert –, allerdings könnte man uns wegen Leichenschändung strafrechtlich verfolgen.«
    »Leichenschändung!«, rief Gravois. »Meine Herren, wir verabreden uns heute Abend dazu, einen Mord zu begehen!«
    »Nein, nein!«, widersprach von Helrung hitzig. »Nein, keinen Mord, Damien. Es ist ein Akt der Barmherzigkeit.«
    »Nur, wenn Sie recht haben, Abram«, sagte Dobrogeanu. Er war in von Helrungs Alter, aber, genau wie der stämmige Österreicher, in exzellenter körperlicher Verfassung für einen Mann fortgeschrittenen Alters. »Wenn nicht, dann möge Gott uns mehr Gnade erweisen als wir John!«
    »Vorausgesetzt, es bietet sich uns überhaupt eine Gelegenheit«, warf Torrance ein. »Mord oder aktive Sterbehilfe – das ist ein interessanter philosophischer Disput, aber gänzlich akademisch, falls wir ihn nicht finden können – Entschuldigung, es .«
    »Richtig«, stimmte Dr. Pelt zu. Er nickte zu den Zeitungsausschnitten an der Wand hin. »Die ganze Stadt ist in Alarmbereitschaft – ich will nicht ›Panik‹ sagen – versetzt worden. Sämtliche gesunden Männer bei der Polizei durchsuchen jedes finstere Seitengässchen und schlagen jede Tür ein. Vier Millionen Augenpaare suchen nach ihm. Wohin, schlagen Sie vor, sollen wir unsere richten?«
    »Vergeben Sie mir, lieber Dr. Pelt, aber Sie vergessen, wer Sie sind«, erwiderte von Helrung. »Wir werden Erfolg haben, wo andere versagen, weil wir Monstrumologen sind. Wir haben unser Leben dem Studium und der Ausrottung anomaler Spezies wie dem Lepto lurconis gewidmet. Wo wir suchen sollen? Wo wir beginnen sollen? Wir beginnen damit, was es ist , um zu erkennen, wo es sein könnte. Die Frage ist also nicht, wo es ist, sondern was es ist. Und was ist es?«
    Er machte eine Pause und beantwortete dann seine Frage selbst. »Es ist ein Raubtier. Grausamer als alle in unserem Verzeichnis und weitaus schlauer. In gewisser Weise ist es verwundet, insofern nämlich, als es unaufhörlich kurz davorsteht zu verhungern, wodurch es gezwungen ist, ständig in Bewegung zu bleiben auf der Suche nach Beute. Somit ist der Hunger, der es antreibt, auch seine größte Schwäche. Der Hunger bestimmt alles, was es tut. Und wie jedes andere Raubtier wird es dahin gehen, wo seine Opfer im Überfluss vorhanden und am verwundbarsten sind. Es wird sich diejenigen zur Beute erwählen, die die Herde zu opfern bereit ist. Die Schwachen. Die Schutzlosen. Die leichtfertig Aufgegebenen.«
    Er zeigte auf die roten Nadeln auf der Karte.
    »Lassen Sie für den Moment einmal das Krankenhaus und das Chanler-Anwesen außer Acht, die bloß Abweichungen vom allgemeineren Muster darstellen. Wo haben wir nachgewiesene Opfer unserer Beute?«
    Seine Kollegen drängten sich um die Karte.
    »Five Points«, sagte Dobrogeanu, indem er durch seinen Kneifer blinzelte.
    »Hell’s Kitchen«, las Torrance. »Blindman’s Alley. Bandit’s Roost.«
    »Die Slums«, sagte Dr. Pelt. »Die Mietskasernenviertel.«
    Von Helrung nickte. »Ich befürchte es. Tausende und Abertausende, zu zwölfen in ein Zimmer gezwängt, die Ärmsten der Armen, die meisten davon eben angekommene Immigranten, die die Sprache nicht sprechen und der Polizei misstrauen. Und die ihrerseits verachtet werden, während sie gleichzeitig von der sogenannten vornehmen Klasse ausgebeutet werden. Was spielt es für eine Rolle, wenn einer oder einhundert vermisst oder bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt aufgefunden werden? Es sind so viele, und so viele Tausende mehr treffen jeden Tag aus der gesamten zivilisierten Welt ein.«
    Auf seinem roten Gesicht lag ein überdrüssiger Ausdruck. »Es ist das perfekte Jagdgebiet.«
    »Und

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