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Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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Forschungsreisenden, die den Fuß aufdie Gestade eines neuen Kontinents setzen. Dies wird für immer als die Stunde in Erinnerung bleiben, da unsere Wissenschaft dem größten Geheimnis von allen entgegengetreten ist – der Schnittpunkt von Ignoranz und Wissen, Licht und Dunkelheit. Ah, wenn es Pellinore doch nur gut genug ginge, um hier zu sein!«
    »Wäre er hier, würde er Ihnen, denke ich, für das, was Sie gerade gesagt haben, eins auf die Nase knallen«, meinte Pelt trocken.
    »Er kann es nicht ewig abstreiten«, schnaubte von Helrung mit einer ärgerlichen Geste seiner dicklichen Hand. »Siebentausend Jahre lang glaubten die Weisen, die Erde sei flach, und Männer wurden ermordet, weil sie etwas anderes behaupteten. Veränderung trifft immer auf Widerstand, selbst von – oder ganz besonders von – Männern von Pellinores Kaliber. Das ist der Lauf der Dinge.«
    Er klatschte in die Hände und sagte: »Dann beginnen wir also, ja ? Herr Doktor Pelt hat meine Abhandlung gelesen, er weiß also schon viel von dem, was ich Ihnen gleich erzählen werde. Er wird es mir hoffentlich nachsehen, dass ich vertrauten Boden beackere, aber die Krume muss aufgebrochen werden, sonst kann keine Saat keimen, die die Frucht des Erfolgs bei diesem unserem schwerwiegendsten Unterfangen trägt.
    John Chanler ist tot. Was an seiner Stelle entstanden ist – was seine leblose Form mit Leben erfüllt –, ist ein Geist, der älter als das älteste Grundgestein ist. Er hat viele Namen in vielen Kulturen. Wendigo oder Outiko sind nur zwei davon; es gibt noch mehr – Hunderte mehr. Um der Klarheit willen werde ich mich einfach als ›die Bestie‹ darauf beziehen, denn dieses Wort beschreibt am besten seine Natur. Es ist keine Menschlichkeit in dem Wesen, das John Chanler war.«
    Der Monstrumologe Dobrogeanu hob die Hand und sagte: »Ich möchte diese Behauptung in Zweifel ziehen, Herr Doktor. Während seine Handlungen zwar verabscheuungswürdig gewesen sind, so liegt doch eine Methode darin – eine diabolische Methode freilich, aber gewiss ist noch etwas Menschlichkeit übrig, sofern wir die dunkleren Aspekte unserer Natur mitzählen. Keine Bestie spielt Streiche oder handelt aus Motiven wie Eifersucht oder Rache heraus. Wenn doch, dann sind wir alle Bestien.«
    »Einige Körnchen seiner Persönlichkeit sind noch vorhanden«, räumte von Helrung ein, »das ist unbestreitbar. Aber die dürfen wir als ein schwaches Echo seiner evolutionären Vergangenheit betrachten. Dieses Wesen ist nicht menschlicher als ein Ausstellungsstück in Madame Tussauds Museum. Es ist der Hunger, der es antreibt. Der Rest ist wie kleine Wellen auf dem Wasser oder die Nachbeben eines Erdbebens. Es wird Ihnen aufgefallen sein, dass ich mich nicht mit ›John‹ darauf beziehe. Das mache ich absichtlich nicht, und ich schlage vor, dass auch Sie es nicht tun, denn wenn wir es vernichten wollen, müssen wir zuerst jeden Eindruck vernichten, den wir von seiner Menschlichkeit haben. Ich könnte nicht den Mann töten – keiner von uns könnte das, nehme ich an –, aber ich kann – und werde, wenn Gott es zulässt – es töten. Ich will es wiederholen, meine Herren: John Chanler ist tot. Es ist die Bestie, die übrig geblieben ist.«
    »Ich denke, bezüglich dieses Ziels besteht bei uns allen Einvernehmen, Dr. von Helrung«, sagte Torrance. Er war der jüngste der Rekruten von Helrungs, von kräftiger Statur und mit einem achtungsgebietenden Bariton ausgestattet. »Ich bin nicht völlig überzeugt davon, dass wir es mit einer Kreatur übernatürlichen Ursprungs zu tun haben, aber ich stimme darin überein, dass, wo die Polizei versagt hat, ihn zu fangen, es unsere Pflicht als Chanlers Freunde und Kollegen ist, die Angelegenheit zu einem zufriedenstellenden Abschluss zu bringen.«
    »Ich bete darum, dass die Polizei nicht versucht, ihn festzunehmen, Dr. Torrance«, erwiderte von Helrung. »Denn ein Erfolg in dieser Hinsicht wäre letzten Endes ein tragischer Fehlschlag. Sie verstehen nicht das, was sie jagen. Es kann nicht gefangen werden, und es kann nicht getötet werden. Ich habe ihnen zwar gesagt, wie man es vernichten kann, aber sie hören nicht zu.«
    »Nun, ich höre zu«, sagte Pelt. »Wie vernichten wir es?«
    »Silber – ob als Kugel oder Messer – ins Herz. Nur ins Herz! Dann muss es ihm aus der Brust geschnitten und verbrannt werden. Den Kopf müssen wir abnehmen und in fließendem Wasser bestatten. Auch wenn es nicht zwingend erforderlich ist, sollte

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