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Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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Feuermechanismen und inspizierten mit unverhohlener Neugierde den Inhalt der Schachteln, indem sie die glänzenden Silberprojektile ins Licht hielten.
    »Es gibt in der Literatur keine Hinweise darauf, dass Leptolurconis Schlaf benötigt«, sagte der österreichische Monstrumologe soeben. »Und ich neige zu der Annahme, dass wir es nicht in einem solch glücklichen Zustand antreffen werden.
    Die Legende klärt uns ja darüber auf, mit welch enormer Schnelligkeit es angreift und welch erschreckende Kraft in diesem Angriff liegt. Der Outiko benutzt seine Augen, um seine Beute zu hypnotisieren. Ins Gelbe Auge zu sehen, heißt zu sterben; vergessen Sie das nicht!
    Verschwenden Sie Ihre Munition nicht; sie ist kostbar. Nur indem man sein Herz durchbohrt, kann man Lepto lurconis vernichten.«
    »Und das nur als letzter Ausweg!«, warf Warthrop ein.
    Von Helrung ignorierte seine Blicke und sagte: »Noch mächtiger als seine Augen ist seine Stimme. Der kleine Will hat sie letzte Nacht gehört und wäre ihr beinah erlegen. Wenn es Ihren Namen ruft, leisten Sie Widerstand! Antworten Sie nicht! Glauben Sie nicht, Sie könnten es täuschen, indem sie vorgeben, seinem Zauber zu erliegen! Es wird Sie verzehren.«
    Er blickte die Männer reihum an. Die Schwere des Augenblicks legte sich über unsere kleine Versammlung. Sogar Gravois wirkte bedrückt, verloren in seinen eigenen dunklen Gedanken.
    »Was wir suchen, Gentlemen, ist so alt wie das Leben selbst«, sagte von Helrung. »Und so beständig wie der Tod. Es ist unbarmherzig und gerissen und ewig hungrig. Es mag verschlagen wie Luzifer sein, aber in einem zumindest war es aufrichtig mit uns: Es hat uns seine wahre Natur nicht verheimlicht.«
    Es blieb nur noch eine kleine Sache zu klären: was mit mir geschehen sollte. Ich hatte – natürlich – damit gerechnet, den Doktor zu begleiten, aber selbst Warthrop schien nicht begeistert von der Idee. Nicht ganz zu Unrecht machte er sich Sorgen über die Gefahr, dass ich jeden Moment in ein vom Gift ausgelöstes Delirium fallen und dadurch zu einer unerwünschten und potenziell fatalen Behinderung werden könnte. Gleichermaßen unattraktiv war es, mich zurückzulassen. Besonders von Helrung stand dieser Alternative ablehnend gegenüber; er war davon überzeugt, dass die Bestie mich in der Nacht zuvor »markiert« hatte. Dobrogeanu schlug vor, mich bei der Gesellschaft abzusetzen.
    »Wenn er unter hundert Monstrumologen nicht sicher ist, wo dann sonst?«, wollte er wissen.
    »Ich finde, er sollte mit uns kommen«, sagte Torrance. Offenbar hatte er den Gedanken noch nicht aufgegeben, mich irgendwie als Köder zu benutzen. »Außer Warthrop ist er der Einzige unter uns, der einem dieser Dinger schon einmal von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden hat.«
    Warthrop zuckte zusammen. »John Chanler ist kein ›Ding‹, Torrance.«
    »Na ja, was er auch sein mag.«
    »Aber ich pflichte Ihnen insoweit bei, als seine Erfahrung sich als unentbehrlich erweisen könnte«, fuhr Warthrop fort. »Daher sollte er mitkommen, aber nicht mit mir. Gravois, Sie und Dobrogeanu werden ihn nehmen.«
    »Ich will aber nicht, dass sie mich nehmen!«, rief ich aus und vergaß mich angesichts der unerträglichen Vorstellung, von ihm getrennt zu werden. »Ich will mit Ihnen gehen, Doktor!«
    Er ignorierte mein Flehen. Seine Augen hatten jenen vertrauten, hinterleuchteten Glanz angenommen. Er schien sowohl bei uns als auch sehr weit weg zu sein.
    Er nahm mich beiseite, während die Männer ihre Waffen mit Silberkugeln luden und die Silberklingen an ihren Gürteln festschnallten.
    »Versteh doch, Will Henry – mein Hauptanliegen ist es, John vor diesen Irren zu beschützen. Ich kann nicht überall zugleich sein. Ich habe mit Pelt gesprochen, der sich einverstanden erklärt hat, den übereifrigen Torrance an der kurzen Leine zu halten. Ich bin auf dich angewiesen, damit du bei Gravois und Dobrogeanu meine Augen bist. Wegen Gravois mache ich mir wenig Sorgen – der Mann hat im ganzen Leben noch keine Waffe abgefeuert und würde die breite Seite einer Scheune nicht treffen,wenn er es versuchte. Und Dobrogeanu kann keine vier Zoll über seine eigene Nase hinwegsehen. Aber er ist wild, auch wenn er alt ist. Hast du das Messer noch?«
    Ich nickte. »Ja, Sir.«
    »Es ist Unsinn, das weißt du.«
    »Ja, Sir.«
    »John Chanler ist ein sehr kranker Mann, Will Henry. Ich behaupte nicht, alles an seiner Krankheit zu verstehen, aber er selbst würde nicht in Abrede

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