Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
Vom Netzwerk:
inmitten eines Irrgartens aus verwitterten Zäunen und Wäscheleinen, die von Pfosten und baufälligen Treppengeländern gespannt waren, der tote Boden vom Tritt von tausend schlecht beschuhter Füße festgetreten wie Beton. Ich hörte das Blöken von Ziegen und roch den Gestank der Außenaborte, die quer über schmalen Gräben standen, die von menschlichem Abfall überquollen.
    »Welches ist es?«, fragte Gravois nervös. Seine Hand war in der Manteltasche verschwunden, in der er den mit Silberkugeln geladenen Revolver trug.
    Dobrogeanu blickte finster drein. »In dieser Höllensuppe kann ich keine drei Schritt weit sehen.«
    Eine Gruppe von vier zerlumpten Gassenkindern materialisierte aus dieser Suppe – das älteste nicht älter als zehn –, alle gleich gekleidet, nämlich in die dreckigsten abgelegten Kleidungsstücke; ihre ausgebeulten Hosen wurden von Gürteln oben gehalten, die aus Stofffetzen angefertigt waren. Sie scharten sich um die beiden Monstrumologen, zogen an ihren Mänteln und streckten die geöffneten Hände aus, wobei sie in kakofonem Chorgesang quäkten: » Dolar? Dolar, pane? Dolar, dolar? «
    »Ja, ja«, sagte Gravois unwirsch. » Ano, ano.«
    Er verteilte die erbettelten Münzen in die gierigen Hände, dann zog er eine Fünfdollarnote aus seinem Portemonnaie und hielt sie ihnen vor die überraschten Gesichter. Auf einmal waren sie so still wie Kirchenmäuse.
    » Znáš Nováková? «, fragte Dobrogeanu. » Kde žije Nováková? «
    Bei der Nennung des Namens wurde die kleine Gruppe ganz ernst, und ihre Habgier wich Beklommenheit. Schnell bekreuzigten sie sich; zwei machten ein Zeichen, um den bösen Blick abzuwenden, und murmelten dabei: » Upír. Upír! «
    » Kdo je statečný? «, fragte Dobrogeanu in strengem Ton. » Kdo mě vezme domů ?«
    Während drei der Jungen unbehaglich mit den Füßen scharrten und die Blicke auf den Boden hefteten, trat ein Bursche – keineswegs der älteste oder größte des Haufens – vor. Sein Gesicht war abgespannt, die Wangenknochen groß, die Augen beherrschend darin. Er tat sein Möglichstes, um tapfer aufzutreten, aber das Zittern in seiner Stimme verriet ihn.
    » Nebojím se «, sagte er. » Vezmu vás .«
    Er schnappte sich den Geldschein aus Gravois’ Hand und ließ ihn in irgendeiner unerforschlichen Tasche seiner dreckigen Kleidung verschwinden. Seine Kameraden verschmolzen wieder mit den Schatten, sodass wir vier allein auf dieser kleinen Insel kahler Erde zurückblieben, umringt auf allen Seiten von den zerfallenden Gebäuden der Hinterhäuser.
    Mit unfehlbarem Schritt steuerte unser neuer Führer durch den Mäander des verwirrenden Gewirrs der Wäscheleinen und Zäune. Dies war sein Universum, und ohne Zweifel, wäre jedes Lichtpartikel aus unserer Atmosphäre gesaugt worden, er hätte seinen Weg durch die zurückbleibende ägyptische Finsternis gefunden.
    Er blieb an der Rückseite eines Gebäudes stehen, das von den übrigen nicht zu unterscheiden war – die gleichen durchgetretenen Stufen, die sich als Feuertreppe ausgaben und im Zickzackvier Stockwerke bis aufs Dach führten; die gleichen krummen Plattformen, die angeblich Balkone sein sollten, eingerahmt von kaputten Geländern.
    » Nováková«, flüsterte der Junge, indem er auf das Mietshaus zeigte.
    »Welcher Stock?«, fragte Dobrogeanu. » Jaký patro? Welche Wohnung? Který byt? «
    Die Antwort des Bengels erfolgte stumm: Er streckte bloß die offene Hand aus. Gravois seufzte schwer und gab ihm einen weiteren Fünfdollarschein.
    » Ve čtvrtém patře. Poslední dveře vlevo .« Seine Miene wurde sehr ernst. » Nikdo tam není .«
    Dobrogeanu runzelte die Stirn. » Nikdo tam není ? Was meinst du damit?«
    »Was meint er damit?«, echote Gravois.
    Der Junge zeigte mit dem Finger auf das düstere Mietshaus. » Upír .« Er zerkrallte die Luft und fletschte die Zähne. » To mu ted’ patři. «
    »Er sagt, es gehört jetzt dem upír .«
    Der Bengel nickte energisch. » Upír! Upír! «
    »› Upír‹ ?«, fragte Gravois. »Was ist dieser upír , von dem er spricht?«
    »Vampir«, antwortete Dobrogeanu.
    »Ah! Allmählich kommen wir zur Sache!«
    »Das Gebäude steht leer«, sagte der andere Monstrumologe. »Er sagt, es gehört jetzt dem upír .«
    »Das sagt er? Nun, dann vergeuden wir hier unsere Zeit. Ich schlage vor, dass wir zu von Helrung zurückkehren und einen vollständigen Bericht erstatten – tout de suite , bevor die Nacht anbricht.«
    Dobrogeanu drehte sich um, um dem

Weitere Kostenlose Bücher