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Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo

Titel: Der Monstrumologe und der Fluch des Wendigo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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Nähe des Eingangs der Neunundfünfzigsten Straße zum Park herumlungerte.
    Das Gespann machte einen Satz, als der riesige Böhme seinen Platz einnahm; die Peitsche knallte und krachte; und dann waren wir mit halsbrecherischer Geschwindigkeit unterwegs, fegten in südlicher Richtung auf die Fifth Avenue, während unser Kutscher allem Schimpfnamen und Verwünschungen entgegenbrüllte, was sich ihm in den Weg wagte, einschließlich Fußgängern, für die noch einen Moment zuvor das Überqueren der Straße kein lebensbedrohliches Vorhaben darzustellen schien.
    Unsere Reise war gnädigerweise kurz – von Helrungs viergeschossiges Haus aus rötlich braunem Sandstein stand auf der Ecke von Fünfter und Einundfünfzigster Straße. Trotzdem war ich an ihrem Ende an zahlreichen Körperstellen grün und blau, und mein hämmerndes Herz stellte meine Hemdsknöpfe auf eine harte Probe.
    An der Tür empfing uns eine farbige Person, ein stämmiger Mann, dessen Körperumfang mit dem Augustin Skalas konkurrieren konnte. Er stellte sich als Bartholomew Gray vor und ganz in den Dienst des Doktors und geleitete uns darauf, mit würdevollem und gemächlichem Gang, in den gut ausgestatteten Salon.
    Bei unserem Eintreten sprang unser Gastgeber förmlich quer durch den Raum. Er war ein untersetzter Mann mit gewölbter Brust, kurzen, dicken Beinen und kleinen, schnellen Füßen. Sein gewaltiger quadratischer Kopf war von einem Wust wuscheliger weißer Haare bedeckt, und er hatte funkelnde saphirfarbene Augen, die tief unter seinen buschigen Brauen lagen. Seine roten Wangen glühten vor ehrlichem Entzücken, seinen alten Freund und früheren Schüler zu sehen, und ich verfolgte verblüfft, wie er meinen reservierten und zurückhaltenden Herrn ungestüm umarmte und das Gesicht in die steif gestärkte Weste des Doktors drückte. Mein Erstaunen steigerte sich, als Warthrop die Geste erwiderte, wobei er sich ein bisschen vornüberbeugen musste, um seine hagereren, längeren Arme um den Rücken des kleineren Mannes zu schlingen.
    »Pellinore, Pellinore, mein lieber Freund !«, rief von Helrung leise mit tränenfeuchten Augen in einer Sprache, von der ich später erfuhr, dass es sich um Deutsch handelte. »Es ist viel zu lange her, ich habe dich vermisst !«
    » Meister Abram«, murmelte der Monstrumologe mit echter Zuneigung ebenfalls auf Deutsch. »Ich habe dich auch vermisst. Du siehst gut aus.«
    »Ach, nein, nein«, protestierte der stämmige Österreicher. » Das ist nicht wahr – ich bin alt, lieber Pellinore, und fast am Ende meiner Tage, aber danke, danke schön!«
    Seine leuchtenden Augen fielen auf mich, und sein freudiges Lächeln kehrte zurück.
    »Und dies muss der berühmte William Henry sein, Eroberer der Wildnis, von dem ich so viel gehört habe!«
    Ich verbeugte mich, streckte ihm die Hand hin und wiederholte sorgfältig die Begrüßung, die der Doktor mir beigebracht hatte: »Es ist mir ein Vergnügen und eine Ehre, Sie kennenzulernen, Herr Doktor von Helrung.«
    »Oh nein, so kommst du mir nicht davon!«, rief von Helrung. Er schob die angebotene Hand zur Seite, zog mich inseine Arme und fuhr damit fort, mir die Luft aus der Lunge zu quetschen. »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, junger Master Henry!«
    Er ließ mich frei; ich holte tief und schaudernd Luft; und er schaute mir lang und tief in die Augen, indes seine Fröhlichkeit dem Ernst wich. »Ich kannte deinen Vater, ein tapferer und loyaler Mann, der zu jung starb, aber ach, das ist das Schicksal manch eines tapferen und loyalen Mannes! Ein schmerzlicher Verlust. Ein tragisches Ende. Ich weinte, als ich die Nachricht hörte, denn ich wusste, was er meinem Freund Pellinore bedeutete, unsere Herzen sind eins – seine Tränen meine; sein Leid unseres! Du hast seine Augen; das sehe ich. Und seinen Geist; das habe ich gehört. Bleibe seinem Andenken treu, mein Junge. Diene deinem Herrn, wie dein Vater ihm diente, und dein Vater wird vom Paradies auf dich hinunterlächeln!«
    Als wäre »Paradies« ein Stichwort, hob in der Diele hinter uns ein Poltern und Klappern an; es klang, als donnerte ein ganzes Regiment die Treppe herunter. In einem Sturm aus weißer Spitze und grünem Samt platzte, die rabenschwarzen Ringellöckchen aus dem runden Gesicht nach hinten gezogen und von einer dunkelroten Schleife zusammengehalten, ein junges Mädchen in unsere Mitte, vielleicht ein oder zwei Jahre älter als ich, mit Augen von derselben bemerkenswerten blauen Schattierung wie unser

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