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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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entleerte sich aus mir, und als ich erst einmal leer war, kontrollierte es mich . »Nichts hiervon wäre passiert, wenn Sie auf mich gehört hätten! Warum haben Sie nicht auf mich gehört? Warum hören Sie nie auf mich? Ich habe Ihnen gesagt , dass er ein Lügner ist. Ich habe Sie gewarnt , dass er ein falsches Spiel treibt! Aber es war einfach wie immer: ›Mach fix, Will Henry! Bring mir meine Instrumente, Will Henry! Bleib die ganze Nacht bei mir sitzen, während ich stöhne und weine und mich selbst bemitleide, Will Henry! Will Henry, sei ein guter Junge und setz dich da hin und schau zu, wie Mr Kendall in seiner eigenen Haut verfault! Halt still jetzt, Will Henry, damit ich dir den Finger mit diesem Küchenmesser abhacken kann! Mach fix, Will Henry! Will Henry! Will Henry! Will Henry!«
    Er öffnete die Augen. Er sagte nichts. Er betrachtete meine Tränen. Er studierte mein Gesicht, das aufgewühlt war und brennend heiß. Er beobachtete, wie es sich streckte, das sich loswickelnde Ding, das ich war und nicht-ich , und er konnte es, mich anstarren mit der Haltung eines Menschen, der einer Ameise zusieht, die sich mit einer Last fünfmal so groß wie sie selbst abmüht, denn ich hatte geduldet, dass er lebte, denn ich hatte Jacob Torrance mittels einer monströsen Lüge in den Stand der Wahrheit versetzt.
    »Wie sonderbar dann, dass du gern mit mir kommen willst.«
    Meister Abram, der meinem Herrn alles beigebracht hatte, was er über Monstrumologie wusste, es aber nicht geschafft hatte, ihm beizubringen, was er, von Helrung, am besten wusste, nahm mich in die Arme und streichelte mir übers Haar. Ich presste das Gesicht in seine Wollweste und roch Zigarrenrauch, und in diesem Moment liebte ich Abram von Helrung, liebte ihn, wie ich seit dem Sturz meiner Eltern in den Abgrund niemanden mehr geliebt hatte, liebte ihn so sehr, wie ich seinen früheren Schüler hasste. Was ist los? , erinnere ich mich panisch gedacht zu haben. Was ist los? Wieso wollte ich diesem Mann folgen? Was war an dem Monstrumologen, was mich verzehrte? Welcher Dämon aus der Tiefe kaute und nagte an meiner Seele wie an der Judas’ im innersten Kreis der Hölle? Wie sah er aus? Was für ein Gesicht hatte er? Wenn ich dieses namenlose Etwas benennen könnte, wenn ich diesem gesichtslosen Ding ein Gesicht aufsetzen könnte, vielleicht könnte ich mich dann aus seiner gefräßigen Umklammerung befreien.
    Wir sind alle Jäger. Wir sind, alle von uns, Monstrumologen.

Sechsundzwanzig
    »Es ist ein wesentlicher Bestandteil des Geschäfts«

    Er ließ uns in der Kutsche sitzen. Er trat auf die Straße hinaus, warf die Tür zu und schritt ohne ein Wort oder einen Blick zurück davon. Ich drückte mich von von Helrungs weichem Bauch weg, aber er hielt mich fest; trotz meines heftigen Klagens wollte er nicht loslassen, sondern sagte: »Still, still, lieber Will. Er wird zurückkommen; er vergewissert sich, dass diese bösen Männer weg sind … Er wird zurückkommen.«
    Und so war es. Von Helrung hatte recht; er kam tatsächlich zurück, ermahnte mich, meine Tränen zu trocknen und für meine Theatralik den Vorhang fallen zu lassen, denn er wolle keine Aufmerksamkeit auf uns lenken.
    »In der Eingangshalle ist keine Polizei, und die Rezeptionisten schwatzen vergnügt. Sie haben Torrance noch nicht gefunden, oder wenn doch, dann sind die Engländer noch skurriler, als ich dachte. Unsere russischen Freunde sind nirgends zu sehen. Entweder haben sie den Bahnhof verlassen, oder wir haben sie abgelenkt. Mach – es ist Zeit zu gehen, Will Henry.«
    Wir kämpften uns unbehelligt durch die Eingangshalle zum Bahnhofseingang durch – ein nicht weiter bemerkenswerter Anblick, ein Junge, der sich beeilte, um seinen Zug zu erwischen, flankiert von seinem Vater und seinem Großvater vielleicht, drei Generationen im Urlaub.
    »In einer halben Stunde gibt es einen Zug nach Liverpool«, informierte Warthrop von Helrung. »Bahnsteig drei. Hier ist Ihre Fahrkarte.«
    »Und die von Will?«
    Der Monstrumologe sagte: »Will Henry kommt mit mir. Ich weiß nicht, was ich auf Sokotra vorfinden werde; ich könnte seiner Dienste bedürfen. Das heißt, falls er immer noch gesinnt ist, mich zu begleiten.«
    Von Helrung sah zu mir herunter. »Du weißt, was es heißt, Will, wenn du gehst?«
    Ich nickte. »Ich habe immer gewusst, was es heißt.«
    Er zog mich an sich für eine letzte Umarmung. »Ich weiß nicht, für wen ich mehr beten sollte«, raunte er mir zu. »Für ihn,

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