Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes
Anderswohin.«
»Das ist leicht gesagt. Und so ironisch! Die Art von Denken hat mich hierhergebracht!«
Er riss ein Stück khamira ab, stopfte es sich in den Mund und kaute mit offenem Mund darauf herum, als wollte er dem bewusstseinslosen Grundnahrungsmittel des Landes, das er hasste, so viel Leid wie möglich zufügen.
»Ein Nachwuchsbotaniker«, sagte er. »Ist es das, was mit deiner Hand passiert ist? Du hast einen Ast festgehalten, und ihm ist die Axt ausgerutscht?«
Ich riss die Augen von seinem verstörenden Blick los. »Etwas in der Art.«
»›Etwas in der Art‹. Das gefällt mir! Ich glaube, das werde ich das nächste Mal benutzen, wenn mich jemand fragt, was mit meinem Handgelenk passiert ist. ›Etwas in der Art.‹« Er lächelte erwartungsvoll, harrte meiner Frage. Ich fragte nicht. Er fuhr fort. »So was passiert. C’est la vie . Also, möchtest du sie sehen?«
»Was sehen?«
»Die Zisternen! Ich bringe dich hin.«
»Der Doktor erwartet von mir, dass ich hier bin.«
»Der Doktor erwartet von dir, dass du bei mir bist. Wenn ich zu den Zisternen gehe, kannst du nicht hierbleiben.«
»Ich habe schon Zisternen gesehen.«
»Zisternen wie diese hast du noch nicht gesehen.«
»Ich will sie nicht sehen.«
»Du traust mir nicht? Ich werde dich schon nicht hineinstoßen, versprochen!« Er schob seine Schüssel zur Seite, tupfte sich die Lippen mit einem Stück Brot ab und kippte den Rest seines limettengrünen Getränks hinunter. Er stand auf.
»Komm. Es ist den Ausflug wert. Ich verspreche es.«
Er ging mit großen Schritten davon in den Speisesaal, ohne einen Blick zurückzuwerfen – noch ein Mann, der davon ausging, dass andere ihm folgten. Ich sah den Meerschwalben beim Fischen direkt hinter der Brandung zu und den Schiffen, die anFlint Island vorbeifuhren. Ich konnte jemanden singen hören, eine Frau oder vielleicht einen kleinen Jungen; die Worte konnte ich nicht ausmachen. Falls ich weg war, wenn er zurückkam, würde der Doktor nicht erfreut sein, gelinde gesagt. Ich konnte mir die Wut in seinen Augen vorstellen – und das erinnerte mich an die Augen eines anderen Mannes, desjenigen, der dieses uralte, kalte Feuer mit ihm teilte, und ich trank mein Ginger Ale aus und ging Monsieur Rimbaud suchen.
Ich fand ihn direkt draußen vor der Eingangstür. Eine Gharry hatte vor dem Hotel angehalten, und wir stiegen mit eingezogenen Köpfen ein, aus der Sonne heraus, aber immer noch ganz in der Hitze. Rimbaud sagte dem somalischen wo wir hinwollten, und wir ratterten, fahrend auf unserem Schatten, in Richtung Kai. gharry-wallah ,
Die Straße führte durch ein kleines Fischerdorf mit strohgedeckten Hütten, die sich am Ufer drängten, bog dann landeinwärts und begann anzusteigen. Vor uns rückte ein Durcheinander aus nackten Felsen und schroffen Abhängen ins Blickfeld, die Überreste eines Vulkans, dessen verheerende Explosion den tiefen Seehafen Aden erschaffen hatte – auch wenn einen die Halbinsel weniger an eine Schöpfung als ans Gegenteil erinnerte. Es gab keine Bäume, kein Gebüsch, keine Blumen, kein nennenswertes Leben irgendwo, wenn man Esel und Menschen und Aasfresser oder gelegentliche Ratten nicht mitzählte. Die Farben von Aden waren Grau und ein bräunliches, rostiges Rot – grau die steinigen Gebeine der vergewaltigten Erde; rot die erhärtete Lava, die aus ihr geblutet war.
Das war Aden, das Land aus Blut und Knochen, eine große, kauterisierte Wunde in der Erde, wo die Faust Gottes herabgesaust war und große Mengen von zerschmettertem Fels himmelwärts geschoben hatte, um die Berge zu machen, die über der zerstörten Landschaft brüteten, düster und leblos und jeder Farbe beraubt, außer dem Grau Gaias gebrochener Knochen und dem rostigen Rot ihres getrockneten Blutes.
Crater war die älteste und bevölkerungsreichste Ansiedlungauf der Halbinsel. Von einem Schriftsteller als »Bowleschüssel des Teufels« beschrieben, wurde sie nicht nur Crater genannt; sie war ein Krater, das ausgehöhlte Zentrum eines erloschenen Vulkans, auf drei Seiten umgeben von zerklüfteten Bergen. Camp Aden, die britische Garnison, war hier gelegen, zusammen mit einer ansehnlichen Bevölkerung von Arabern, Parsen, Somaliern, Juden, Malaysiern und Indonesiern.
Es dauerte mehr als eine Stunde, das alte arabische Viertel der Stadt zu durchqueren. Die engen Straßen waren vollgestopft mit Eselskarren und Gharrys und Einwohnern zu Fuß – auch wenn es nichts von dem Trubel gab, den man in
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