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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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Gefahrenzone. Ich hätte ja meinen Mann gestanden, und wenn auch nur, um Hilals Tod zu rächen, aber ich hatte eine schwere Verwundung am Oberschenkel davongetragen und verlor sehr viel Blut. James warf mich über den Sattel seines Ponys und ritt die ganze Nacht durch. Er ritt dieses Pferd, bis es zusammenbrach, und dann trug er mich den Rest des Weges bis zum nächsten Dorf.«
    * * *
    I ch will gehen, Vater! Bringst du mich dahin, zur Insel der Glückseligkeit?
    Es ist ein sehr, sehr weiter Weg von hier, Will.
    Das ist mir egal. Wir werden ein Schiff mit tausend Segeln finden, das uns hinbringt.
    Oh, nun, diese Schiffe sind sehr schwer aufzutreiben.
    Du hast doch eins gefunden!
    Ja, das habe ich. Ich habe dieses Schiff gefunden.
    * * *
    »Zwei Wochen lang musste ich das Bett hüten – die Wunde hatte sich infiziert –, während derer ich mehrmals ins und wieder aus dem Delirium driftete, und die ganze Zeit über war dein Vater an meiner Seite. Einmal allerdings sah ich Hilal neben mir sitzen, undeutlich, wie durch einen Schleier oder Nebel, und ich wusste bis ins Innerste, dass ich sozusagen an den Bühnenrand gelangt war. Ich war nicht überrascht, ihn da sitzen zu sehen, und hatte nicht die geringste Angst. Genau genommen war ich sogar froh, ihn zu sehen. Er fragte mich, was ich will. ›Was willst du, Scheich Pellinore Warthrop? Bitte darum, und es wird getan.‹
    Und von allen Dingen, um die ich hätte bitten können, bat ich ihn, mir einen Witz zu erzählen. Und das tat er, und das Verflixte daran ist, dass ich mich einfach nicht mehr daran erinnern kann. Das quält mich immer noch. Es war ein sehr lustiger Witz. Mein Problem ist, dass ich mir keine Witze merken kann. Mein Verstand tendiert nicht in diese Richtung.«
    Er spielte mit dem Knoten um sein Handgelenk. Sein mattes Lächeln verschwand, und auf einmal war er wütend – äußerst wütend.
    »Das ist … inakzeptabel. Intolerabel. Ich werde das nicht tolerieren, verstehst du mich? Es ist dir verboten zu sterben. Du hast den Tod deiner Eltern nicht gewollt; du hast nicht darum gebeten, hierherzukommen – es ist nicht deine Schuld; du solltest nicht bezahlen müssen!«
    * * *
    Aber, aber! Weine doch nicht! Du bist doch noch ganz jung. Du wirst noch Jahre über Jahre Zeit haben, es zu finden. Bis dahin werde ich das Schiff mit tausend Segeln sein. Klettere auf meinen Rücken, Kumpel, und ich werde dich zu dieser sagenhaften Insel tragen!
    * * *
    »Ich werde nicht zulassen, dass du stirbst!«, sagte er grimmig. »Dein Vater ist meinetwegen gestorben, und ich kann mir nicht auch noch deinen Tod leisten. Die Schuld wird mich zermalmen. Wenn du untergehst, Will Henry, dann ziehst du mich mit dir hinab.« Ziehen am Seil.
    * * *
    Ich sehe sie, Vater! Die Insel der Glückseligkeit! Sie brennt wie die Sonne im schwarzen Wasser.
    * * *
    »Das reicht!«, schrie er. »Ich verbiete dir, mich zu verlassen! Jetzt mach fix, steh auf, beende diese Torheit! Ich habe dich gerettet. Also mach fix, du dummer, dummer Junge!«
    Mit der Hand, die mit meiner verbunden war, holte er aus und schlug mir hart auf die Wange.
    »Mach fix, Will Henry!«
    Klatsch!
    »Mach fix, Will Henry!«
    Klatsch!
    »Mach fix, Will Henry!«
    Klatsch! Klatsch! Klatsch!
    »Willst du leben?«, schrie er. »Dann entscheide dich zu leben! Entscheide dich zu leben!«
    Keuchend fiel er zurück in den Sessel; das Seil, das uns verband, zerrte an seinem Arm. Mit einem frustrierten Brüllen zog er das Handgelenk aus dem Knoten heraus und schleuderte das Seil auf meinen Körper.
    Er hatte sich verausgabt. Die ganze Angst, die ganze Wut, die ganze Scham, der ganze Stolz – weg. Er empfand nichts; er war leer. Vielleicht wartet Gott, bis wir leer sind, damit er uns mit sich selbst füllen kann.
    Ich sage dies, weil der Monstrumologe als Nächstes dieses sagte:
    »Bitte verlass mich nicht, Will Henry. Das würde ich nicht überleben. Du hattest fast recht. Was Mr Kendall war, das bin ich: immer am Rande des Werdens. Du jedoch – ich behaupte nicht zu verstehen, wie und erst recht nicht warum  –, du ziehst mich vom Abgrund zurück. Du bist derjenige … Du bist das Einzige, das mich noch Mensch bleiben lässt.«

Neun
    »Die endgültige Bestimmung«

    Du bist das Einzige, das mich noch Mensch bleiben lässt.
    In den folgenden Monaten – nun ja, Jahren, um ganz genau zu sein – geriet der Monstrumologe im Ableugnen dieser Worte nie ins Wanken. Ich müsse deliriös gewesen sein; er habe nie etwas

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