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Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes

Titel: Der Monstrumologe Und Die Insel Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Yancey
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perfekt gestutzten Schnurrbart glatt zu streichen.
    »… nicht folgerichtig. Ganz und gar nicht folgerichtig, Jacob«, schalt von Helrung seinen ehemaligen Schüler gerade, als ich mich näherte. So vertieft waren sie in ihre Diskussion, dass meine Anwesenheit zunächst unbemerkt blieb.
    »Ich sage nicht, dass es dort ist , Meister Abram – nur dass wir einen Blick hineinwerfen sollten.«
    »Und ich frage noch einmal, warum sollte Arkwright bei allem lügen, nur beim Wichtigsten nicht?«
    »Er hat bei Warthrop nicht gelogen«, hob Torrance hervor. »Na ja, nicht in der dritten Runde jedenfalls.«
    Von Helrung hatte die Neuigkeiten am Morgen unserer Abreise per Telegramm erhalten. Seine Quelle berichtete, dass der Doktor sich tatsächlich dort befand, wo Arkwright es gesagt hatte – lebendig und wohlauf, oder zumindest so wohlauf, wie man es erwarten durfte, wenn man Pellinore Warthrop war und eines Tages wach wurde und sich in einem entschieden unwarthropschen Milieu wiederfand. Von Helrung war außer sich vor Freude gewesen; er hatte sogar einen kleinen Jig auf dem Kai aufgeführt, als er das Kabel gelesen hatte. Vielleicht hielt er sie für sonderbar, meine einigermaßen verhaltene Reaktion, doch ich hatte nie die Hoffnung verloren, nicht wirklich. Sie mögen mich einen Mystiker nennen oder mein Vertrauendem märchenhaften Denken eines Kindes zuschreiben. Dennoch, was man auch über Mystiker oder Vertrauen oder kindliche Gedanken sagen mag, ich glaubte, wenn der Doktor wirklich tot gewesen wäre, hätte ich es gewusst; ich hätte es gespürt . Auch wenn die Angst um sein Leben mich auf einem Fluss von Feuer und Blut hatte laufen lassen, um ihn zu retten, als ich in von Helrungs Vestibül die Worte Warthrop ist tot gelesen hatte, hatte ich gewusst, dass sie eine Lüge waren – hatte es gewusst auf die Art, wie ein Kind Dinge weiß, die nur Gott selbst ihm gesagt haben kann.
    »Aber wieso ausgerechnet dort ?«, hatte von Helrung sich nach seinem spontanen Tanz zur Feier des Tages gewundert.
    »Es ist einfach vollkommen!«, hatte Torrance ausgerufen. »Kann mir keinen vollkommeneren Ort vorstellen! Vollkommen ausbruchssicher und vollkommen poetisch. Kearns’ Einfall, da bin ich sicher. Eins muss ich dem Mann lassen: Der Dreckskerl hat Stil!«
    * * *
    »Nein, es muss Teil der Täuschung gewesen sein. Es ist nicht Masira«, vertrat von Helrung jetzt beharrlich seinen Standpunkt. »Es kann es gar nicht sein. Zu weit nördlich und zu nah am Festland. Oman liegt nur zehn Meilen westlich davon.«
    Torrance war jedoch nicht gewillt, so leicht klein beizugeben. Es war bei Jacob Torrance schwer zu sagen. Ich fragte mich, ober er wirklich alles glaubte, was er sagte, oder ob er nur um des kindischen Kitzels willen des Teufels Advokaten spielte.
    »Aber es könnte funktionieren, Meister Abram – dünn bevölkert, umgeben von tückischen Strömungen, eine raue und felsige Küstenlinie, eine zerklüftete, menschenfeindliche Landschaft. Es könnte funktionieren.« Er ließ das Eis in seinem Glas klimpern. »Die Gegend passt auf jeden Fall. Vielleicht hat unser verfolgtes Wild sein Territorium ausgeweitet oder ist nach Norden gewandert. Schließlich sind seit dem Lakshadweep-Fundfast vierzig Jahre vergangen. Masira ist wie weit weg von Agatti? Tausend Meilen ungefähr? Das ergibt eine durchschnittliche Migrationsrate von fünfundzwanzig Meilen pro Jahr, ganz realistisch, insbesondere wenn die fliegende Variante des Magnificums sich als die richtige herausstellt.«
    »Ich behaupte ja auch nicht, dass es vom monstrumologischen Gesichtspunkt aus falsch ist, Torrance!«, brauste von Helrung auf. »Wenn Sie richtig liegen und die britische Regierung involviert ist, wieso sollte dann deren Agent die eine Sache enthüllen, an deren Geheimhaltung sie am meisten interessiert ist, und den ganzen Rest geheim halten? Nein! Sie haben Masira ausgewählt, um Pellinore sein Waterloo erleben zu lassen, weil es uns wie eine plausible Niststätte erscheinen würde und weil es weit weg von der tatsächlichen ist.«
    Die Miene des alten Mannes verdüsterte sich, und er fügte hinzu: »Natürlich wäre die ganze Angelegenheit rein akademisch, wenn Sie im Monstrumarium die Ruhe bewahrt hätten.«
    »Ich habe Arkwright nicht gefragt, weil ich es nicht brauchte, Meister Abram«, erwiderte Torrance.
    »Verstehe! Sie sind im Gedankenlesen ebenso bewandert wie im Foltern!«
    »Sie versuchen mir doch bloß ein schlechtes Gewissen zu machen. Schon in

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