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Der Mord zum Sonnntag

Der Mord zum Sonnntag

Titel: Der Mord zum Sonnntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Leilas Bild betrachtet hatte, seine
hinterhältigen Andeutungen, daß Leila äußerlich verloren
habe … Was hatte diese Gehässigkeit ausgelöst?
Sicherlich nicht Leilas Sticheleien, mit denen sie ihn, den
«Spielzeugsoldaten», bedachte. Wenn er sie mitbekam,
war er stets amüsiert. Sie erinnerte sich an den Abend, an
dem er zum Dinner in Leilas Apartment erschienen war,
angetan mit einem hohen, altmodischen Tschako.
    «Ich bin bei einem Kostümverleih vorbeigekommen, sah
ihn im Schaufenster und konnte nicht widerstehen»,
erklärte er, als alle ihn mit Beifall begrüßten. Leila hatte
schallend gelacht und ihn geküßt.
    «Hoheit, du bist ein prima Kerl», sagte sie.
Was also hatte seinen Zorn erregt? Elizabeth rieb das
    Haar trocken, bürstete es zurück und steckte es zum
Chignon auf. Als sie das Make-up auflegte und Lippen
und Wangen mit Glanzpuder bestäubte, hörte sie deutlich
Leilas Stimme: «Mein Gott, Spatz, du wirst von Tag zu
Tag attraktiver. Du kannst wirklich von Glück sagen, daß
Mama ein Verhältnis mit Senator Lange hatte, als du
gezeugt wurdest. Erinnere dich nur an ihre anderen
Männer. Hättest du etwa Matt gern zum Vater gehabt?»
    Im Sommer vergangenen Jahres war sie mit einem
Ensemble auf Tournee. Als sie in Kentucky gastierten,
hatte sie im Archiv der führenden Zeitung in Louisville
nach Unterlagen über Everett Lange geforscht. Die
Veröffentlichung des Nachrufs lag damals vier Jahre
zurück. Er enthielt Einzelheiten über Familie, Ausbildung,
Ehe mit einer Angehörigen der Oberschicht, Leistungen
im Kongreß. Auf dem Foto hatte sie ihr männliches
Ebenbild entdeckt … Wäre ihr Leben anders verlaufen,
wenn sie ihren Vater gekannt hätte? Sie verdrängte den
Gedanken.
    In Cypress Point Spa war es Usus, daß man sich zum
Dinner umzog. Sie entschied sich für ein weites Deuxpièces aus weißem Seidenjersey mit Bindegürtel und dazu
silberne Sandalen. Sie fragte sich, ob Ted und die anderen
nach Monterey ins Cannery gefahren waren, von jeher
sein Lieblingslokal.
    Vor drei Jahren war Leila plötzlich abberufen worden,
weil ein paar Szenen nachgedreht werden mußten, und
Ted hatte sie an einem Abend ins Cannery eingeladen. Sie
saßen stundenlang dort und unterhielten sich. Damals
erzählte Ted ihr von den Sommern, die er bei seinen
Großeltern in Monterey verbracht hatte, vom Selbstmord
seiner Mutter, den er als Zwölfjähriger miterlebt hatte, von
der tiefen Verachtung für seinen Vater. Und er sprach von
dem Autounfall, bei dem seine Frau und sein Kind ums
Leben gekommen waren.
    «Ich war unfähig zu arbeiten», sagte er. «Fast zwei Jahre
lang war ich wie gelähmt, ein Schatten meiner selbst.
Wenn Craig nicht gewesen wäre, hätte ich die
Geschäftsleitung abgeben müssen. Er übernahm meine
Aufgaben. Er wurde mein Sprachrohr. Er war praktisch
mein zweites Ich.»
    Am folgenden Tag stellte er fest: «Du bist eine sehr gute
Zuhörerin.»
Es war ihm offensichtlich peinlich, ihr so viel Einblick
in sein Privatleben gewährt zu haben.
Sie zögerte ihren Aufbruch bis kurz vor Ende der
«Cocktail»-Stunde hinaus. Auf dem Weg zum
Hauptgebäude blieb sie stehen, um die Szenerie auf der
Veranda zu beobachten. Das hellerleuchtete Haus, die
gutangezogenen Menschen, die sich unterhielten, lachten,
ihren sogenannten Cocktail schlürften, von einer Gruppe
zur anderen wanderten.
Sie war empfänglich für die atemberaubende Schönheit
des nächtlichen Sternenhimmels, das kunstvolle
Arrangement der Laternen, die den Weg erhellten und die
Blüten an den Hecken aufleuchten ließen, das sanfte
Rauschen des Meeres und hinter dem Hauptgebäude den
drohend aufragenden Schatten des römischen Bades,
dessen schwarze Marmorfassade im Widerschein
fluoreszierte.
Wohin gehöre ich eigentlich, fragte sich Elizabeth.
Während der Arbeit in Europa war es leichter gewesen,
das Gefühl der Isolation, der Entfremdung von allen
Mitmenschen zu vergessen, die zum festen Bestandteil
ihres Daseins geworden waren. Sobald der Film abgedreht
war, eilte sie nach Hause in der Überzeugung, in ihrer
Wohnung einen sicheren Hort, in der vertrauten
Umgebung von New York tröstliche Geborgenheit zu
finden, doch innerhalb von zehn Minuten gab es nur noch
den zwanghaften Wunsch zu fliehen, so daß sie sich an
Mins Einladung klammerte wie die Ertrinkende an einen
Strohhalm. Und jetzt zählte sie die Stunden, bis sie nach
New York und in ihr Apartment zurückkehren konnte. Ihr
war,

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