Der Mord zum Sonnntag
sie sich als ewig Lächelnde zu maskieren hat. Die
Amanda ist ein starker, aber liebenswerter Charakter, Von
Wutausbrüchen gegenüber Kellnern oder irgendwelchen
Lieferanten wünsche ich nichts mehr zu lesen. Und das ist
mein voller Ernst.»
Fünf Minuten später sah sich Syd einer völlig hysterischen
Cheryl Manning gegenüber. «Du meinst, du hast bei Scott
zugegeben, den Brief genommen zu haben, du dämliches
Luder?» Er rüttelte sie an den Schultern. «Halt die Klappe
und hör mir gut zu. Existieren noch weitere Briefe?»
«Laß mich los. Du tust mir weh. Ich weiß es nicht.»
Cheryl versuchte auf Distanz zu gehen. «Ich kann diese
Rolle nicht verlieren. Das darf nicht sein! Ich bin die
geborene Amanda.»
«Und ob du diese Rolle nicht verlieren darfst!» Syd stieß
sie zurück, und sie fiel auf die Couch.
Ihre Angst verwandelte sich in Wut. Cheryl strich das
Haar zurück, biß die Zähne zusammen. Um den
verkniffenen Mund lag ein bedrohlicher Zug. «Stößt du
immer gleich zu, wenn dich der Zorn packt, Syd? Du
solltest dir lieber etwas einhämmern: Den Brief hast du
zerrissen, nicht ich. Und ich habe auch weder den noch
irgendwelche anderen verfaßt. Scott glaubt mir nicht.
Deshalb wirst du dich jetzt gefälligst in Bewegung setzen
und ihm die Wahrheit verklickern: daß ich vorhatte, Ted
den Brief zu geben und ihm damit bei seiner Verteidigung
zu helfen. Du wirst Scott davon überzeugen, hast du mich
verstanden, Syd? Ich bin nämlich am Freitag nicht hier,
sondern auf meinem Presseempfang, und da wird kein Ton
davon zu hören sein, daß ich auch nur das geringste mit
anonymen Briefen oder Vernichtung von Beweismaterial
zu tun haben könnte.»
Sie starrten sich haßerfüllt an. Fassungslos vor
Enttäuschung wurde Syd klar, daß sie womöglich die
Wahrheit sagte und daß er es war, der mit der
Verbrennung des Briefes auch die Chancen für die
Fernsehserie zunichte gemacht haben könnte. Wenn die
Presse vor Freitag auch nur von der kleinsten schädlichen
Information Wind bekam … Wenn Scott es nicht erlaubte,
daß Cheryl Cypress Point Spa verließ …
«Ich muß mir das reiflich überlegen. Es wird mir schon
etwas einfallen», sagte er.
Er hatte noch einem Trumpf in der Hand.
Die Frage war, wie er ihn ausspielen sollte.
5
Bei seiner Rückkehr wurde Ted von Craig und Bartlett
erwartet. Bartlett in seiner Hochstimmung schien Teds
Schweigsamkeit gar nicht zu bemerken. «Ich denke, das
war ein Glückstreffer», jubilierte er. Sobald Ted am Tisch
Platz genommen hatte, berichtete Bartlett ihm von Leilas
Terminkalender. «Mit eigener Hand hat sie die Daten
angekreuzt, zu denen Sie und Elizabeth Lange sich
gleichzeitig in einer Stadt aufhielten. Haben Sie sich dann
jedesmal gesehen?»
Ted lehnte sich zurück, kreuzte die Arme im Nacken und
schloß die Augen. Das alles schien weit zurückzuliegen.
«Endlich kann ich mal etwas Nützliches beisteuern.»
Craig legte eine Begeisterung an den Tag, die er seit
langem hatte vermissen lassen. «Du hattest Elizabeths
Tourneeplan ständig auf deinem Schreibtisch. Ich kann
beschwören, daß du deine Reisen darauf abgestimmt hast,
dich mit ihr treffen zu können.»
Ted fragte, ohne dabei die Augen zu öffnen: «Würdet ihr
mir das freundlicherweise näher erläutern?»
Henry Bartlett explodierte. «Hören Sie, Mr. Winters, ich
wurde nicht engagiert, diesen Fall zu übernehmen, damit
Sie mich als Fußabtreter benutzen können. Es geht um Ihr
weiteres Leben, aber auch um meine berufliche
Reputation. Wenn Sie bei Ihrer Verteidigung nicht
kooperieren können oder wollen, dann suchen Sie sich
einen anderen Anwalt – vielleicht ist es dafür noch nicht
zu spät.» Er schob seinen Aktenstapel über den Tisch.
«Sie wollten unbedingt hierherfahren, während es viel
günstiger gewesen wäre, in Reichweite meines Büros zu
bleiben. Sie verschwanden gestern zu einem langen
Spaziergang, als wir eigentlich arbeiten wollten. Sie hätten
vor einer Stunde hier sein sollen, und wir haben in der
Wartezeit Däumchen gedreht. Sie haben eine
aussichtsreiche Verteidigungsstrategie gekippt. Und jetzt,
wo uns die geeignete Munition zur Verfügung steht,
Elizabeth Lange als Zeugin unglaubwürdig zu machen,
interessiert Sie das gar nicht.»
Ted öffnete die Augen, ließ langsam die Arme auf den
Tisch sinken. «Aber nein, ich bin durchaus interessiert.
Informieren Sie mich darüber.»
Bartlett überhörte den Spott geflissentlich. «Wir können
Weitere Kostenlose Bücher