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Der Mord zum Sonnntag

Der Mord zum Sonnntag

Titel: Der Mord zum Sonnntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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verfliesten Bodens begann zu tanzen, so daß
sich wirbelnde Punkte vor seinen Augen drehten und ihm
übel wurde. Jemand packte seinen Arm. «Ich werde dich
absetzen, Ernie.» Durch das Dröhnen in seinen Ohren
erkannte er Lorettas Stimme.
«Verdammt nett von dir, Loretta», murmelte er.
«Wahrscheinlich habe ich zu ausgiebig gefeiert.» Ihm
wurde undeutlich bewußt, daß Lou etwas von einem
Weihnachtsdrink auf Kosten des Hauses sagte, nachdem er
seinen Wagen geholt hatte.
In Lorettas altem Bonneville Pontiac lehnte er den Kopf
an die Rücklehne und schloß die Augen. Erst als Loretta
ihn wachrüttelte, merkte er, daß sie seine Auffahrt erreicht
hatten. «Gib mir deinen Schlüssel, Ernie. Ich helfe dir ins
Haus.»
Sie legte sich seinen Arm über die Schultern und stützte
ihn den Weg entlang. Ernie hörte, wie der Schlüssel im
Schloß gedreht wurde, und fühlte, wie sich seine Füße
durch das Wohnzimmer und den kurzen Korridor
bewegten.
«Welches?»
«Welches?» Ernie konnte seine Zunge nicht dazu
bringen, sich zu bewegen.
«Welches Schlafzimmer?» wiederholte Loretta gereizt.
«Komm schon, Ernie, du bist keine Feder. Ach, vergiß es.
Es muß das andere sein. Dieses hier ist mit den
Vogelstatuen vollgestopft, die deine Tochter produziert.
Du könntest sie nicht einmal als Preise in einer
Klapsmühle verschenken, Mann. So verrückt ist kein
Mensch.»
Ernie nahm es Loretta instinktiv übel, daß sie seine
Tochter Wilma Jr., Wee Willie, wie er sie nannte,
heruntermachte. Sie würde einmal eine berühmte
Bildhauerin sein. Seit sie 1968 das Studium abgebrochen
hatte, wohnte sie in New Mexico und verdiente ihren
Lebensunterhalt, indem sie abends als Kellnerin bei
McDonalds arbeitete. Tagsüber fertigte sie Tonwaren an
und meißelte Vögel.
Ernie spürte, daß man ihn umdrehte und ihm einen
Schubs versetzte. Seine Knie gaben nach, und er hörte das
vertraute Quietschen der Bettfedern. Dankbar seufzend
streckte er sich aus und war hinüber.
    Wilma Bean und ihre Schwester Dorothy hatten einen
angenehmen Tag verbracht. Wilma war achtundfünfzig
und von Zeit zu Zeit gern mit der dreiundsechzigjährigen
Dorothy zusammen. Die Schwierigkeit bestand darin, daß
Dorothy sehr überheblich war und ständig an Ernie und
Wee Willie etwas auszusetzen hatte, und das vertrug
Wilma auf die Dauer nicht. Aber Dorothy tat ihr leid. Ihr
Mann hatte sie vor zehn Jahren verlassen und lebte jetzt
mit seiner zweiten Frau, einer Karate-Lehrerin, in Saus
und Braus. Mit ihrer Schwiegertochter vertrug Dorothy
sich nicht. Dorothy arbeitete noch immer stundenweise in
einem Versicherungsbüro als Schadenssachverständige.
Sie erzählte Wilma oft: «Gefälschte Schadensansprüche
haben bei mir keine Chance.»
    Nur wenige Menschen glaubten, daß sie Schwestern
waren.
Dorothy sah, wie Ernie es ausdrückte, wie eine Eins aus
– gerade hinauf und gerade hinunter; sie hatte schütteres
graues Haar, das sie im Nacken zu einem strengen Knoten
aufgesteckt trug. Tatsächlich war Dorothy immer noch
neidisch, weil Wilma die Hübschere gewesen war; auch
jetzt war sie zwar rundlich, hatte aber keine Falten und
hatte sich auch sonst kaum verändert. Abgesehen davon
fand Wilma, daß Blut dicker ist als Wasser und daß einmal
in vier Monaten ein Wochenende in Philadelphia, vor
allem zur Weihnachtszeit, noch immer Vergnügen
bereitete.
Am Nachmittag des Tages, an dem die Lotterie-Ziehung
stattfand, holte Dorothy ihre Schwester Wilma vom
Bahnhof ab. Sie aßen beim Burger King einen späten
Lunch und fuhren dann durch die Gegend, in der Grace
Kelly aufgewachsen war. Beide waren sie begeisterte Fans
von ihr gewesen. Nachdem sie sich darauf geeinigt hatten,
daß Prinz Albert heiraten sollte, daß Prinzessin Caroline
ruhiger geworden war und sich benahm, wie es sich
gehörte, und daß Prinzessin Stephanie in ein Kloster
gesperrt werden sollte, bis sie vernünftig würde, gingen sie
ins Kino und anschließend in Dorothys Wohnung. Dort
erwartete sie ein gebratenes Huhn; sie tratschten beim
Essen und dann bis spät in die Nacht hinein.
Dorothy beschwerte sich bei Wilma darüber, daß ihre
Schwiegertochter keine Ahnung habe, wie man ein Kind
erzieht, und zu eigensinnig wäre, um nützliche Ratschläge
zu befolgen.
«Du hast wenigstens Enkel», seufzte Wilma. «Bei Wee
Willie läuten noch lange keine Hochzeitsglocken. Sie will
unbedingt als Bildhauerin Karriere machen.»
«Ausgerechnet als Bildhauerin?» fuhr Dorothy sie

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