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Der Mord zum Sonnntag

Der Mord zum Sonnntag

Titel: Der Mord zum Sonnntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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den Mund hatte er
einen harten, unbeugsamen Zug. Das Foto war entstanden,
nachdem er erfahren hatte, daß die Anklagejury ihn
beschuldigte, seine Verlobte Leila LaSalle ermordet zu
haben.
    Im Taxi las Elizabeth dann den Artikel – sämtliche
Einzelheiten über Leilas Tod und das ganze
Beweismaterial gegen Ted wurden wiederaufgewärmt.
Über die nächsten drei Seiten verstreut Fotos von Leila:
Leila bei einer Premiere mit ihrem ersten Ehemann; Leila
auf Safari mit ihrem zweiten Ehemann; Leila mit Ted;
Leila bei Entgegennahme des Oscar – alles
Archivmaterial. Ein Foto erregte ihre Aufmerksamkeit. In
Leilas Lächeln lag ein Anflug von Weichheit, eine
Andeutung von Verletzlichkeit, was durchaus im
Gegensatz stand zu dem arrogant hochgereckten Kinn,
dem spöttischen Augenausdruck. Die halbe weibliche
Jugend Amerikas hatte sich befleißigt, diesen Ausdruck
nachzuahmen, Leila zu kopieren, wie sie das Haar
zurückwarf, wie sie über die Schulter lächelte.
    «Da wären wir.»
Verwirrt blickte Elizabeth auf. Das Taxi hielt vor dem
Hamilton Arms, Ecke Fifty-seventh Street und Park
Avenue. Die Zeitung rutschte ihr vom Schoß. Sie zwang
sich zu einem gelassenen Tonfall.
     
«Entschuldigen Sie bitte. Ich hab Ihnen die falsche
Adresse gegeben. Ich möchte Ecke Eleventh und Fifth.»
    «Ich hab den Taxameter schon abgeschaltet.»
«Dann lassen Sie ihn eben neu laufen.» Ihre Hände
zitterten, als sie nach der Geldbörse suchte. Sie spürte, wie
    der Türsteher auf das Taxi zukam, und blickte nicht hoch.
Sie wollte nicht erkannt werden. Gedankenlos hatte sie
Leilas Adresse angegeben. Dies war das Gebäude, in dem
Ted den Mord an Leila begangen hatte. Hier hatte er sie
im Rausch und in rasender Wut von der Terrasse ihrer
Wohnung hinuntergestoßen.
    Elizabeth begann unkontrollierbar zu zittern bei der
Vorstellung, die sie nicht loswerden konnte. Leilas
wunderbarer Körper im weißen Satinpyjama, die
flatternde rote Haarmähne, während sie vierzig
Stockwerke tief auf den betonierten Hof stürzt.
    Und die ständigen Fragen … War sie bei Bewußtsein?
Wieviel hat sie realisiert?
Wie grauenvoll müssen diese letzten Sekunden für sie
gewesen sein! Wenn ich bei ihr geblieben wäre, dachte
Elizabeth, wäre das niemals geschehen …
Nach zweimonatiger Abwesenheit wirkte die Wohnung
eng und stickig. Doch sobald sie die Fenster öffnete,
wehte eine Brise herein und brachte jene sonderbar
anheimelnde Mischung von Gerüchen mit sich, die so
typisch für New York war: die scharfen exotischen Düfte
aus dem kleinen indischen Restaurant gleich um die Ecke,
dazu ein zarter Hauch von Blumen von der
gegenüberliegenden Terrasse, die beißenden Abgaswolken
der Busse auf der Fifth Avenue, eine Spur von Meeresluft
vom Hudson. Ein paar Minuten lang atmete Elizabeth tief
durch und spürte, wie sie sich allmählich entkrampfte.
Nun war sie also hier, und es tat gut, daheim zu sein. Die
Filmarbeit in Italien war doch nichts als wieder ein
Entfliehen gewesen, ein weiterer kurzfristiger Aufschub.
Doch mit alldem ließ sich die Tatsache nicht aus dem
Bewußtsein verdrängen, daß sie letztlich vor Gericht
erscheinen mußte, als Zeugin der Anklage gegen Ted.
Sie packte rasch aus und stellte ihre Pflanzen in den
Ausguß. Offensichtlich hatte die Frau des Hausverwalters
ihr Versprechen, sie regelmäßig zu gießen, nicht gehalten.
Sie entfernte die verdorrten Blätter und wandte sich dann
dem Postberg auf dem Eßzimmertisch zu. Sie sah ihn
flüchtig durch, sortierte Reklamesendungen und
Gutscheine aus, trennte die Privatbriefe von den
Rechnungen. Lächelnd betrachtete sie einen Umschlag mit
auffallend schöner Handschrift und exaktem Absender auf
der oberen Ecke: Miss Dora Samuels, Cypress Point Spa,
Pebble Beach, California. Sammy. Doch bevor sie ihn las,
öffnete sie zögernd den amtlichen Umschlag OFFICE OF
THE DISTRICT ATTORNEY!
Ein kurzes Schreiben. Es bestätigte die Vereinbarung,
daß sie Staatsanwalt William Murphy nach ihrer Rückkehr
am 29. August anrufen und einen Termin zwecks
Überprüfung ihrer Zeugenaussage ausmachen würde.
Auf den Schock, den ihr diese amtliche Mitteilung
versetzte, war sie nicht vorbereitet, obwohl sie doch
vorhin die Zeitung gelesen und dem Taxifahrer Leilas
Adresse angegeben hatte. Ihr Mund wurde trocken. Sie
bekam Platzangst. Die endlosen Vernehmungen vor der
Anklagejury standen ihr wieder vor Augen. Der Tag, an
dem sie im Zeugenstand ohnmächtig geworden war,

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