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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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dem Streifenwagen parkte, der über Funk dorthin bestellt worden war. Ich blieb im Auto sitzen und rauchte eine Zigarre, bis nach etwa einer Viertelstunde Clarence Evans herauskam. Er war eine ellenlange, dünne Bohnenstange, fünfzehn Jahre bei der Polizei, und ich hatte früher Handball mit ihm gespielt, als meine Gelenke noch etwas mehr ausgehalten hatten.
    Diese Spiele hatten manchmal wirklich Spaß gemacht. Es ist schon etwas ganz Besonderes, wenn man nach der Nachtschicht so gegen ein Uhr morgens zur Akademie rauffährt und dort dann nach drei harten, schnellen Spielen noch ins Dampfbad geht. Evans war allerdings vom Dampfbad nicht sonderlich begeistert, da er so dürr war. Er hatte immer einen halben Kasten Bier dabei, den er leermachte, nachdem wir geduscht hatten.
    Evans war einer der ersten Schwarzen, mit denen ich gearbeitet hatte, nachdem die Polizei von Los Angeles die volle Rassenintegration durchgesetzt hatte. Er war ein guter Polizist und arbeitete immer gern mit mir zusammen, obwohl er wußte, daß ich eigentlich ein Einzelgänger war. Während der Nachtschicht ist es manchmal doch ein beruhigendes Gefühl, jemanden neben sich zu haben. Deshalb hatte ich also neben ihm auch mit vielen anderen Männern zusammen nächtlichen Streifendienst gemacht, obwohl ich lieber allein gewesen wäre. Ich arbeitete mit ihm als Partner, da ich niemanden enttäuschen konnte, und schon gar nicht, wenn jemandem so viel an mir lag.
    Clarence kam also mit seinem Notizblock aus dem Hotel. Als er mich sah, lief er grinsend zu meinem Wagen, öffnete die Tür auf der Beifahrerseite und setzte sich neben mich.
    »Na, was gibt's, Bumper?«
    »Ich wollte nur wissen, ob dieser Hoteldieb wieder zugeschlagen hat.«
    Clarence nickte. »Er hat drei Zimmer im fünften und zwei im vierten ausgeräumt.«
    »Haben die Leute gerade geschlafen?«
    »In vier Zimmern, ja. Im fünften waren sie unten in der Bar.«
    »Das heißt also, er hat vor zwei Uhr früh zugeschlagen.«
    »Genau.«
    »Irgendwie werde ich aus diesem Kerl einfach nicht schlau.« Ich schüttelte den Kopf und nahm eine Pille gegen Sodbrennen. »In der Regel schlägt er doch tagsüber oder am frühen Abend zu. Jetzt bricht er plötzlich mitten in der Nacht ein – egal, ob jemand auf dem Zimmer ist oder nicht. Ich habe noch nie von einem Hoteldieb gehört, der so unberechenbar vorgeht.«
    »Tja, das ist es vermutlich«, meinte Evans. »Der Kerl ist wahrscheinlich nicht nur unberechenbar, sondern auch leicht meschugge. Hat er bei einem Bruch nicht auch versucht, einem Kind was anzutun?«
    »Eigentlich war es ein Teddybär. Er hat wie ein Verrückter auf so einen Spielzeugteddy eingestochen. Er war mit mehreren Decken zugedeckt und sah aus wie ein schlafendes Kind.«
    »Der Kerl hat sicher eine Meise«, brummte Evans.
    »Das würde auch erklären helfen, weshalb die anderen Hoteldiebe absolut nichts über ihn wissen.« Ich sog nachdenklich an meiner Zigarre. »Ich habe ihn eigentlich nie für einen Profi gehalten, eher für einen Amateur mit einer Menge Glück.«
    »Ja, wahrscheinlich ist das irgend so ein verrückter Einzelgänger mit einer gehörigen Portion Glück«, nickte Evans. »Hast du eigentlich schon mit allen deinen Informanten gesprochen?« Aus der Zeit, da wir zusammengearbeitet hatten, kannte er noch meine Arbeitsmethoden. Er wußte, daß ich Informanten hatte, aber er wußte ebensowenig wie alle anderen Kollegen, wie viele es waren und daß ich die guten bezahlte.
    »Ich habe so ziemlich mit jedem gesprochen, der etwas darüber wissen könnte. Ein Hoteldieb hat mir erzählt, daß sich in dieser Sache schon drei Detectives an ihn gewandt hätten und er uns alles erzählen würde, wenn er irgend etwas über diesen Kerl wüßte, da wegen dieses Typen die Hotels so streng überwacht würden, daß er nicht das geringste dagegen hätte, wenn wir diesen Burschen schnappen.«
    »Ich könnte ja wetten, daß sicher du's bist, wenn zufällig doch jemand irgendwo über diesen Kerl stolpern sollte.« Damit setzte Evans seine Mütze auf und stieg aus.
    »Die Polizei fischt zwar noch im trüben, aber eine Verhaftung steht unmittelbar bevor.« Ich zwinkerte ihm zu und ließ den Wagen an. Das würde ein verdammt heißer Tag werden.
    Ich wurde wegen eines Unfalls zum Pershing Square gerufen. Vermutlich war irgendein alter Rentner bei seinem Morgenspaziergang gestürzt und versuchte nun, wegen eines Sprungs im Gehsteigpflaster die Stadt zu verklagen. Ich ignorierte den Funkspruch

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