Der müde Bulle
sind zur Abwechslung richtig erfrischend.« Er versuchte zu grinsen, was ihm allerdings ziemlich mißlang. »Mir wurde schon richtig übel von diesen unnatürlichen Pseudoprofis mit ihren ach so lockeren, platten Sprüchen. Die haben immer so verständnisvoll getan, als würden sie uns voll und ganz durchschauen und verstehen, während sie in Wirklichkeit nichts anderes wollten, als uns in irgendeinem Hinterzimmer auf der Polizeiwache die Schädel einzuschlagen. Ich muß schon sagen, dagegen sind Sie richtig erfrischend. Sie sind wirklich ein dreckiger Faschist und geben auch gar nicht vor, etwas anderes zu sein.«
In diesem Moment kam die Alte in dem Minirock gerade wieder einmal an uns vorbei. »Bedroht er dich, John?« erkundigte sie sich lauthals und sah dabei über die Schulter zurück. Die Männer mit der Kamera waren jedoch gerade am anderen Ende des Demonstrantenovals zugange.
»Sparen Sie sich das lieber auf, bis sie hier rüberkommen.« Ich schätzte ihr Alter inzwischen auf vierzig. Sie war einige Jährchen älter als er, und ihre Teeny-Verkleidung wirkte völlig lächerlich. »Wie wär's mit einem Kaugummi?« stichelte ich.
»Halten Sie Ihr dreckiges Mundwerk!« fuhr er mich an und trat einen Schritt näher auf mich zu. Inzwischen war ich ganz schön in Fahrt. Meinetwegen konnte es jetzt losgehen. »Immer mit der Ruhe, Sitting Bull.« Ich lächelte. »Hier hast du eine Zigarre.« Ich bot ihm eine von meinen Zigarren an, aber er drehte sich um und entfernte sich, artig gefolgt von der Miniberockten.
Die zwei Schwarzen hatten sich die ganze Zeit nicht gerührt. Auch sie waren Profis, dessen war ich mir inzwischen sicher, aber von einer anderen Sorte. Falls es Ärger geben sollte, wollte ich mich in erster Linie um diese zwei kümmern. Sie waren diejenigen, die wirklich Schwierigkeiten machen konnten. Beide trugen schwarze Kunststoffjacken, und einer hatte eine schwarze Kosakenmütze auf. Er ließ mich nicht aus den Augen. Um den Burschen würde ich mich zuallererst kümmern, nahm ich mir vor. Ich grinste weiter gutgelaunt in die Runde und winkte jedem zu, der mir die Hand mit dem Friedenszeichen entgegenreckte.
Andrerseits begann ich zu bezweifeln, daß ich die Situation auch wirklich im Griff hatte. In der Gruppe befanden sich noch ein paar weitere Kerle, die es sicher in den Fingern juckte, sobald nur jemand den Anfang machte. Und ich hatte schon mehr als einmal gesehen, wie man von zwei solchen Typen zugerichtet werden kann, wenn sie einen mal auf dem Boden haben und mit den Füßen bearbeiten – ganz zu schweigen natürlich von neun oder zehn.
Ich mußte mir wohl oder übel eingestehen, daß ich mir allmählich wünschte, Grant würde mit einem kleinen Trupp von Uniformierten anrücken. Doch dann sagte ich mir, daß es sich im Augenblick immer noch um eine friedliche Demonstration handelte, wie friedlich so etwas eben sein konnte, und es gab eigentlich keinen Grund zur Beunruhigung.
Nach ein paar weiteren Minuten – die Demonstranten marschierten immer noch herum und brüllten ihre Sprüche – kehrten Stirnband und Minirock mit sechs oder acht Leuten im Schlepptau zurück. Sie kamen zweifellos von irgendeinem College, und die meisten steckten in ausgebleichten Jeans. Ein paar Jungen hatten Koteletten und Schnurrbärte, und fast alle trugen ihr Haar schulterlang. Außerdem waren zwei hübsche, sonnengebräunte Mädchen dabei. Sie sahen durchaus friedlich aus, und ich nickte ihnen kurz zu, als sie vor mir stehenblieben.
Ein besonders fies aussehender Schleimer trat mit einem superfreundlichen Lächeln auf mich zu und flüsterte: »Sie sind ein dreckiges, scheißefressendes Schwein.«
»Wie sollen wir hier denn Rambozambo machen, wenn nur ein lausiger Bulle rumsteht?« fragte ein anderer.
»Sei vorsichtig, Scott«, warnte ihn die Miniberockte, die hinter dem jungen Gemüse stand. »Das ist kein gewöhnlicher Bulle – das ist ein richtig wilder Kampfstier.«
»Vielleicht würdest du gern mal so einen richtigen Bullen drüberlassen, Schätzchen – möglicherweise ist das genau dein Problem«, meinte ich mit einem Seitenblick auf den Kerl mit dem Stirnband, was zwei Demonstranten ein Kichern entlockte.
»Sie scheinen im Augenblick ja der einzige Repräsentant des Establishments zu sein, der sich für uns interessiert. Vielleicht hätten Sie Lust, ein bißchen mit uns zu quatschen«, schlug Scott mir vor. Er war ein groß gewachsener junger Bursche mit einem blonden Haarschopf und hatte
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