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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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mich
doch weich kochen.
    Oben wurde
es erst still, dann ging die Tür. Was ich nicht hörte, war Ana Lenas Roller.

    Bernd
hatte mir die Abrechnung von letzter Woche geschickt. Vor knapp sechs Jahren
hatten wir uns kennengelernt, als wir zusammen mit dem Zug von Berlin nach
Nürnberg gefahren waren. Seine Idee, eine Firma aufzubauen, die sich auf
Wohnungsentrümplungen spezialisiert und dann Möbel restauriert und gebraucht
verkauft, hatte sich für uns beide rentiert. Er hatte die Idee gehabt und ich
das Kapital. Wenigstens dazu war die Abfindung gut gewesen.
    Nach dem
ganzen Mist, den ich hinter mich gebracht hatte, war ich froh darum gewesen,
etwas zu tun zu haben. Fast wider Erwarten florierte der Laden von Anfang an.
Das erste Jahr hatte ich genug damit zu tun, wieder auf die Beine zu kommen und
mich um Ana Lena zu kümmern. Und um das Sozialamt, das mich durch eine Menge
Reifen springen ließ, bis es entschied, dass Ana Lena bei mir bleiben konnte.
    Wenn es an der Tür klingelte, war ich auch heute noch nie ganz
sicher, ob es nicht doch Sozialarbeiter waren, die kamen, um mir Ana Lena
wegzunehmen. Deshalb achtete ich auch so penibel darauf, dass es bei uns ordentlich
aussah … irgendwie hatte ich noch immer Angst, sie zu verlieren.
    Doch die Partnerschaft in der Firma und die Aussicht auf gesicherte
soziale Verhältnisse gaben dann den Ausschlag. Nur dass es mir so vorkam, als
wäre das der einzige Grund gewesen, aus dem ich das Sorgerecht zugesprochen
bekommen hatte. Dass ich sie liebte, hatte scheinbar kein Gewicht gehabt.
Mittlerweile beschäftigen wir zwei Mann fest, für solche Arbeiten wie das
Entrümpeln von Opa Niemanns Wohnung können wir noch zusätzlich auf einen festen
Stab von freien Mitarbeitern zugreifen, die auf Stundenbasis arbeiteten. Man
konnte davon leben, das Haus gehörte mir … mehr hatten sie nicht wissen wollen.
    Nur stand Bernd mit der Buchhaltung auf Kriegsfuß und neigte dazu,
unsere Stundenlöhne aus der Kasse zu bezahlen und die Quittung zu vergessen,
ich durfte das dann in Ordnung bringen. Mittlerweile hatten wir uns darauf
geeinigt, dass er mir jeden Monat einen Schuhkarton mit allen Belegen gab. Ich
versuchte, es als Herausforderung zu sehen, aus dem Haufen Zettel schlau zu
werden.
    Es gab Tage, da mochte ich es. Zahlen waren verlässlich, sie taten
das, was logisch war. Aber heute gab ich nach einer Stunde auf, ich hatte
einfach nicht den Kopf dafür. Außerdem war ich scharf auf die zweihundert
Tonnen Elektroschrott aus Russland. Die waren dort nicht gerade berühmt für
ihre Abfallentsorgung. Das Problem war nur, herauszufinden, welche Sorte
Schrott es war. Dass ich bei meiner Ausbildung Russisch gelernt hatte, war eine
Hilfe, aber ich hatte wenig Hoffnung, dass man meine E-Mails zügig beantworten
würde. Es erinnerte mich jedoch an etwas. Ich sah auf meine Uhr, es war erst
kurz vor neun. Wie ich Ana Lena kannte, würde es noch ein Weilchen dauern, bis
sie nach Hause kam. Zeit genug, mit dem Russen meines Vertrauens einen kleinen
Schwatz zu halten.

    Es hieß ja immer, Verbrechen lohnt sich nicht. Das mochte
für manche so sein, aber ich kannte genügend Gegenbeweise. Sogar wenn ich ein
paar der Banker, die ich kannte, außen vor ließ. Alexej Orlov stand zwar schon
seit Jahren mit einem Fuß im Knast, aber bis es so weit war, zog er es vor, in
einer netten kleinen Villa im Riederwald zu leben. Wenn man vierundzwanzig
Zimmer klein nennen wollte. Alexej war das, was Lucio hatte werden wollen.
    Als ich
meinen Mercedes vor dem Tor anhielt, wandten sich mir gleich vier Kameras zu
und einer seiner Leute, ein Panzerschrank in einem dezenten dunklen Maßanzug,
hielt mir eine Taschenlampe ins Gesicht, um dann wortlos zurückzutreten, als
sich das Tor für mich öffnete.
    Ich fuhr die Auffahrt hoch, stieg aus und wartete geduldig, bis ein
anderer Panzerschrank mich rasch, aber gründlich abklopfte und mir dann die Tür
aufhielt. Dahinter lag ein russisches Märchenland mit chintzbezogenen Sofas,
tiefen Teppichen, glitzernden Kronleuchtern und, auf dem Kaminsims montiert,
ein Bildschirm von den Ausmaßen einer Kinoleinwand. Fünf weitere
breitschultrige Herren in überraschend gut sitzenden Anzügen saßen davor und
sahen sich ein Fußballspiel an. Etwas abseits saß eine Blondine mit kühlen,
graublauen Augen in einem schicken grauen Businesskostüm, die gerade ihren
Laptop zuklappte. Sie stand auf, nickte dem Panzerschrank, der mir die Tür
aufgehalten hatte, zu, um dann an der

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