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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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sie leise.
»Manchmal geht halt etwas schief. Wie im Straßenverkehr … da gibt es auch Regeln,
an die sich alle halten sollten. Hält sich mal jemand nicht daran, gibt es Unfälle.
Ich habe nichts falsch gemacht, er war es, der sich nicht an die Regeln
gehalten hat. Frau Dr. Michels, Jennys Mutter, hat mir geraten, es so zu sehen …
wie einen Unfall. An dem ich nicht schuld war. Es leuchtet mir auch ein. Auf
jeden Fall werde ich mir nicht von ihm das Leben ruinieren lassen, Heinrich.
Den Gefallen tue ich ihm nicht!« Der letzte Satz klang bitter entschlossen.
    Mein Gott, dachte ich und lockerte mit Mühe meinen Griff um das
Telefon, als das Gehäuse bedenklich knirschte. Sie hörte sich so erwachsen an,
so vernünftig, so ruhig … wie jemand, der eine Lektion gelernt und eingesehen
hatte, nur dass es etwas war, das sie niemals hätte lernen sollen.
    »Ich …«, begann ich, aber sie war schneller.
    »Er hat es schon öfter getan«, sagte sie leise. »Ich bin nicht die
Erste, der er das angetan hat, nur warum hat mir das keiner vorher gesagt? Das
ist das, was ich nicht verstehe«, fuhr sie bitter fort. »Im Nachhinein scheint
es jeder gewusst zu haben, was er für ein Mistkerl ist, aber warum zur Hölle
hat das einem niemand vorher gesagt?«
    »Weil man es nicht glauben will«, hörte ich Jennys Stimme im
Hintergrund.
    Ich hätte es sofort geglaubt.
    »Wann kommst du nach Hause?«, fragte ich leise.
    »Noch nicht«, antwortete Ana Lena. Sie klang müde, kraftlos,
aufgezehrt. »Ich bleibe noch etwas bei Jenny, wenn du nichts dagegen hast.« Sie
lachte leise. »Auch wenn du etwas dagegen hast.«
    Wie schafft sie das, schon wieder lachen zu können, fragte ich mich
und bewunderte sie dafür.
    »Komm einfach bald nach Hause«, sagte ich leise. »Du … fehlst mir.«
    »Nein, lass mal«, diesmal bildete ich mir ein, ihr Lächeln zu
hören. »Du würdest mich nur in Watte packen und wahrscheinlich am liebsten im
Keller anketten, damit mir nichts geschieht.«
    Offensichtlich kannte sie mich gut.
    »Was … was ist mit der Polizei?«, fragte ich vorsichtig. »Willst du
den Kerl anzeigen? Ich habe deine Sachen in eine Tüte gepackt und …«
    »Ich war heute Morgen mit Jenny bei ihrer Mutter. Sie ist ja
Ärztin«, antwortete sie bedächtig. »Um sicherzustellen, dass … dass nichts
weiter geschieht. Sie hat mir geraten, ihn anzuzeigen, aber … ich will das
nicht. Du weißt doch, wie das ist, das wird dann alles wieder und wieder
durchgekaut … und das kann ich nicht. Will ich nicht.«
    »Aber …«, begann ich, doch sie unterbrach mich erneut.
    »Onkel Heinrich«, sagte sie leise. »Ich weiß, dass du es gut meinst,
aber im Moment ist es zu viel für mich. Bitte … lass es sein, ich kann nicht
mehr. Ich komme nach Hause, wenn ich kann, ja?«
    »Ist gut, Ana Lena, ich verstehe«, sagte ich, aber sie hatte schon
aufgelegt.
    Als ich wieder anrief, ging Jenny an das Telefon.
    »Sie sagte, Sie würden wieder anrufen. Ich soll Ihnen sagen, dass
sie sich meldet.«
    »Sag ihr einfach, dass ich sie lieb hab.«
    »Ich glaube, das weiß sie«, antwortete Jenny. »Aber ich richte es
ihr aus. Auf Wiedersehen, Herr Schmitt.«
    Ich sah auf das Telefon in meiner Hand hinab und legte es dann
langsam in die Ladestation. Mein Gott, dachte ich erneut. Wieso ist sie so
ruhig? Warum tobt sie nicht oder schreit oder weint oder tut irgendetwas?
    Weil sie so nicht ist, beantwortete ich mir selbst die Frage. Und du
kannst es ruhig zugeben, dass du sie ganz großartig findest.
    Wenn sie ans Telefon geht.
    Wenn du sie wiedersiehst.

    Ich
rief bei der Schule an, um sie dort zu entschuldigen, und erfuhr so ganz
nebenbei, dass sie schon gestern nicht in der Schule gewesen war. Warum … ich
seufzte, es war wohl jetzt kaum der passende Zeitpunkt, sie dafür zur
Rechenschaft zu ziehen.
    Dafür fand
sich in der E-Mail eine Antwort von Brockhaus. Der Mercedes SLK war auf einen
gewissen Herrn François Muller zugelassen. Den Stadtrat. Ich kannte den Mann
vom Sehen, er war bei der Stadt für Recycling und Entsorgung zuständig, kein
glamouröser Posten, aber einer, der sich gut dafür eignete, sich nebenbei etwas
die Taschen zu füllen. Bei dem einzigen Gespräch, das ich bisher mit dem Mann
geführt hatte, hatte es auch eine Andeutung darüber gegeben, dass eine Hand die
andere waschen könnte, schließlich gäbe es heutzutage mit Müll eine Menge zu verdienen.
    Als ich mich taub stellte, war es das dann gewesen. Seitdem war
jedes meiner Angebote von

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