Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
Vom Netzwerk:
auf einem der Sofas drapiert und rauchte eine
Zigarette.
    »So«, stellte Alexej fest, während er sich an der Bar zu schaffen
machte. »Du bist bewaffnet.« Er drehte sich um und hob mahnend seinen
Zeigefinger. »Ich mag es nicht, wenn jemand bewaffnet zu mir kommt.«
    »Es geht um Natascha«, sagte ich, und er erstarrte, um dann ganz
langsam die Gläser wieder abzusetzen.
    »Was ist mit ihr?«, fragte er ganz ruhig, während die gefühlte
Temperatur um zehn Grad fiel. Mindestens.
    »Gernhardt hat mich aufgesucht.«
    »Dein alter Partner?«
    Ich nickte.
    »Was ist mit ihm?«
    »Er sagt, dass Nataschas Entführung einen ganz anderen Grund hatte
als den, von dem wir wussten.«
    »Welcher soll das sein?«, fragte er. »Sie wollten Geld, das war
alles.«
    »Aber sie bekamen es nicht. Sie haben dich drei Stunden durch
Frankfurt gejagt und dann die Übergabe abgeblasen.«
    »Ja«, grollte er und fuhr sich über das militärisch geschnittene
Haar. »Und dann haben wir einen Tipp bekommen.«
    »Und habt mich gerufen«, nickte ich. »Weil ihr davon ausgehen
musstet, dass es in die Hose geht, wenn dort jemand aufkreuzt, den die
Entführer möglicherweise kennen. Natascha war genau da, wo man es uns gesagt
hatte. Und der Pole, der sie bewachte, hatte nicht die geringste Ahnung, was
eigentlich los war.«
    »Hat er wenigstens behauptet«, knurrte Alexej.
    »Er hat sich vor Angst in die Hosen gemacht. Er wusste von nichts«,
beharrte ich. »Ich brachte Natascha zu euch, jeder war glücklich, und das war
das Ende der Affäre.«
    »Nein«, sagte Irina kalt. »Jemand hat meinem Baby einen Finger
abgeschnitten. Ich bin nicht glücklich.«
    Ich nickte. »Mittlerweile glaube ich, dass es zu einfach war. Wie du
sagst, sie haben Natascha verstümmelt, um zu zeigen, wie ernst es ihnen ist.
Dann bekommen wir einen Tipp und – puff – alles ist gelaufen. Sie haben noch nicht einmal das Geld bekommen.«
    Er nickte knapp. »Wahrscheinlich haben sie kalte Füße bekommen.«
    »Vielleicht. Aber Gernhardt meint jetzt, es wäre um etwas anderes
gegangen. Haben sie von euch irgendetwas bekommen? Habt ihr doch bezahlt?«
    Irina schüttelte den Kopf. »Zu diesem Zeitpunkt hätten wir ihnen
alles gegeben, was sie wollten. Aber sie wollten nur die fünfhunderttausend.«
Sie zuckte elegant mit den Schultern. »Das Geld war uns egal. Aber dafür, dass
sie sich an Tascha vergriffen haben, werden sie noch büßen.« Sie trank einen
kleinen Schluck. »Irgendwann finden wir sie.«
    Ich verstand es nicht. Ich hatte schon damals gedacht, dass, wer
auch immer Natascha entführt hatte, wahnsinnig gewesen sein musste, um sich mit
den Orlovs anzulegen.
    Aber er ist damit durchgekommen,
nicht wahr?
    Irgendwie schon. Nur hat er nichts davon gehabt.
    Das glaubst du doch selbst nicht.
    Nein. Da steckte mehr dahinter.
    »Wer hatte einen Vorteil davon?«, fragte ich sie. Sie sahen sich
gegenseitig an.
    »Wie meinst du das?«
    »Wenn es nicht um das Geld ging, ging es um etwas anderes. Ich will
wissen, was das sein könnte. Also, wer hatte einen Vorteil davon?«
    Alexej zuckte mit den Schultern. »Da fällt mir nichts ein.«
    »Okay«, sagte ich, während ich ruhelos auf und ab ging. »Ich frag
mal andersherum. Hattet ihr einen Nachteil dadurch?«
    »Ja. Es waren die schlimmsten vier Tage meines Lebens«, knurrte
Alexej. »Ich war nicht einmal imstande, mich um meine Geschäfte zu kümmern, bis
das ausgestanden war.«
    Ich blieb stehen und drehte mich langsam zu ihm um.
    »Welche Geschäfte waren das?«
    »Nichts Besonderes«, sagte er achselzuckend. »Für das Tagesgeschäft
haben wir unsere Angestellten. Die verdienen ja genug. Wir kümmern uns eher um
die strategische Planung. Ich weiß noch, dass ich daran gedacht hatte, ein paar
Aktien zu verkaufen, die dann in den Keller gingen. So etwas. Hat in dem Fall
aber nicht geschadet, zwei Monate später habe ich sie mit Gewinn abgestoßen.
Das Einzige, über das ich mich geärgert habe, war, dass eine Firmenübernahme
schieflief.«
    »Welche Firma war das?«
    »Wir haben über eine Beteiligung an einem Geldtransportunternehmen
nachgedacht.« Er zuckte erneut mit den Schultern. »Hält die Kosten niedriger.
Sie steckten in der Klemme, haben einen Kreditgeber gesucht. Wäre ein solides
Geschäft gewesen, vor allem da wir wussten, dass sie ein paar feste Aufträge
von der Bundesbank erhalten hatten. Jede Bank braucht regelmäßig neues Geld und
gibt das beschädigte Geld an die Bundesbank zurück. Die Firma, die wir

Weitere Kostenlose Bücher