Der Müllmann
im
Visier hatten, war zwar für den Moment etwas klamm, hatte aber alleine durch
diese Aufträge eine solide Grundlage.«
Die Bundesbank druckt Geld.
Danke, das wusste ich schon. Dennoch …
»Was ist passiert?«
»Schröder hat mir die Firma vor der Nase weggeschnappt.«
»Marvin Schröder?«, fragte ich ungläubig.
»Ja. Genau der. Schwul mag er sein, aber er ist auch gerissen«,
fügte er hinzu und lachte kurz und trocken. »Bin ja selbst schuld gewesen, ich
hab ihn mit der Nase drauf gestoßen. Allerdings hätte ich auch nicht gedacht,
dass er das Kapital dazu hätte aufbringen können.« Er schüttelte den Kopf. »War
vielleicht auch besser so. Dieser Anschütz war ein harter Brocken. Er hätte uns
wahrscheinlich noch ein paar Probleme gemacht. Kannst du dir das vorstellen?«,
fragte er mit gespielter Entrüstung. »Er war der Ansicht, dass wir zur
russischen Mafia gehören! Keine Ahnung, wie er auf die Idee kam!«
Das hätte ich ihm erklären können. Aber den Namen Anschütz hatte ich
kürzlich schon gehört.
»Anschütz. Ferdinand Anschütz, nicht wahr?«, kam mir Irina zuvor.
Alexej nickte. »Ja. Wieso?«
»Er wurde mit einer Autobombe weggeblasen, während du in London
warst.«
Irinas stahlgraue Augen schienen Löcher in mich zu brennen. »Am
besten«, sagte sie ganz langsam, »erzählst du uns mal alles, was du weißt.«
»Also
ging es nur darum, dass jemand verhindern wollte, dass wir Clarion Security
übernehmen?«, fragte Alexej ungläubig, nachdem ich fertig war.
»Gernhardt
meinte, es wäre ein Währungsbetrug von großem Ausmaß im Gange«, sagte ich und
lehnte dankend ab, als Alexej mir nachschenken wollte. Das eine Glas Wodka war
mir schon zu viel gewesen. Die beiden hatten zwischenzeitlich fast die ganze
Flasche geleert, ohne dass ihnen das Geringste anzumerken war. Übung. Oder
genetische Disposition. Das Zeug zeigte jedenfalls bei ihnen so wenig Wirkung
wie Leitungswasser.
»Schröder ist so gut wie tot«, schwor er aufgebracht. »So tot, toter
geht’s nicht mehr. Ich werde mir Zeit lassen mit ihm, er soll es genießen. Ich
fang bei seinen Fingern an. Jeden Tag einen. Und steck sie ihm nacheinander in
seinen schwulen Hintern!« Er stieß einen russischen Fluch aus und warf sein
Wodkaglas quer durch den Raum, es prallte an der Wand ab, kullerte über den
Boden und blieb vor mir auf dem Boden liegen.
»Vergiss Marvin«, widersprach Irina. »Er kennt uns gut genug, dass
er sich nicht mit uns angelegt hätte. Aber du weißt, wer bei ihm mit drinsteckt
und die meisten Anteile hält.«
»Ja«, knirschte Alexej. »Robert Hu.«
Und damit löste sich der Knoten. Ich erzählte ihnen von der Agentin,
die für Lucio gearbeitet hatte, und Gernhardts Bitte und dass sie es gewesen
wäre, die ein Gespräch zwischen Hu und Lucio mitgehört hätte.
Wieder sahen sie sich an.
»Ich denke, da wird sich etwas einrichten lassen«, meinte Irina
dann. Während Alexej noch immer kochte, war Irina kalt wie Eis.
Sie war schon immer die
Gefährlichere der beiden.
Da konnte ich nur zustimmen.
»Es ergibt jetzt alles einen Sinn«, sagte ich dann. »Ich habe zwar
noch immer keine Ahnung, wie genau der Betrug abläuft, aber wir wissen jetzt
immerhin, wer da mit verwickelt ist. Es gibt nur eines, das mir Sorgen macht.«
»Und was?«, fragte Alexej grimmig.
»Gernhardt. Er hat mir die Puzzlesteine schön nacheinander auf den
Tisch gelegt. Es passt alles zu dem, was er gesagt hat. Und genau darin liegt
der Haken.«
»Du traust ihm noch immer nicht?«, fragte Irina.
»Du etwa?«
Sie lächelte entzückend. »Ich traue mir noch nicht mal selbst.«
»Gut«, sagte ich und sah auf die Uhr. »Ich melde mich, sobald ich
ein paar Dinge überprüft habe. Tut nichts Unüberlegtes.«
»Keine Sorge«, meinte sie nach einem Blick zu Alexej. »Ich handele
niemals unüberlegt.«
Genau deswegen hatte ich Bedenken.
Das hättest du dir überlegen
sollen, bevor du ihnen alles brühwarm erzählst.
Hatte ich.
Du hast auch nicht vergessen, dass
sie Verbrecher sind?
Genau deswegen traute ich ihnen ja auch mehr als Gernhardt.
»Mein
Gott, was für ein Arschloch!«, begrüßte mich Ana Lena, kaum dass ich die
Haustür aufgesperrt hatte. So wütend hatte ich sie noch nie gesehen.
»Wer ist
ein Arschloch?«, fragte ich, während ich sie umarmte, um dann innezuhalten, als
ich Marietta in der Küche an der Theke sitzen sah.
»Henri«, erklärte Ana Lena aufgebracht. »Er hat Nina einen
Blumenstrauß geschickt. Weißt du,
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