Der Müllmann
was er auf die Karte geschrieben hat? Gute
Besserung, und wir hoffen alle, dass du so etwas nie wieder durchmachen musst!«
Sie sah zu Marietta hin. »Ich sage Ihnen, er war’s, der Nina hat überfahren
lassen!«
»Nur dass es dafür keine Beweise gibt«, antwortete Marietta ruhig.
»Was machst du denn hier?«, fragte ich sie.
»Ich habe sie vom Krankenhaus abgeholt und nach Hause gebracht. Ich
war zufällig dort gewesen … ich hoffe, du hast nichts dagegen.« Sie lächelte
ein wenig. »Ich hörte, du hast versucht, mich zu erreichen?«
»Ja, aber wegen etwas anderem.«
»Bedeutet das, dass du mich nicht sehen willst?«, fragte sie
lächelnd.
»Ich habe nur nicht damit gerechnet.«
»Gott«, unterbrach uns Ana Lena. »Ich habe sie gefragt, ob sie mich
mitnehmen kann! Weißt du, dass sie kein Blaulicht in ihrem Wagen hat?«
»Äh … nein.«
»Ich dachte, jeder Polizist hat so eines unter dem Sitz.«
»Das ist mein Privatwagen«, erklärte Marietta schmunzelnd. »Ich
ziehe es vor, damit keine Einsätze zu fahren.«
»Aber Sie unternehmen etwas in Bezug auf Henri?«, fragte Ana Lena.
»Nur, wenn du ihn anzeigst.«
»Damit er auch mich überfahren lässt?«, fragte Ana Lena, während
ihre Augen feucht wurden. »Ich bin sicher, dass es Henri war. Nina ist es auch.
Und Nina steigt aus. Sie sagt, sie hätte ihre Lektion gelernt. Ich auch. Ich
weiß, dass es feige ist, aber ich werde gar nichts mehr sagen.«
»Es ist ein Offizialdelikt, weißt du?«, erinnerte sie Marietta. »Und
wir könnten Henri in Gewahrsam nehmen und …«
»Der ist doch nicht so blöde und macht seine Dreckarbeit selbst! Der
hat einen Killer angeheuert. Wie im Fernsehen. Einen Profi. Ich schwöre es
euch!« Ana Lena schüttelte den Kopf und verpasste den Blick, den mir Marietta
zuwarf. »Ich werde es irgendwie überstehen. Sie haben mir versprochen, nichts
zu sagen, wenn ich nicht will. Und so ist es. Ich will nicht. Und wenn Sie mich
zwingen wollen, streite ich alles ab.«
»Keine Sorge«, sagte Marietta. »Ich habe es dir versprochen, und ich
halte meine Versprechen. Ich verspreche dir auch, dass wir diesem Henri Muller
auf den Zahn fühlen werden.«
»Onkel Heinrich hat eine große Bohrmaschine, vielleicht können Sie
die dafür nehmen«, schlug Ana Lena bitter vor. Sie wischte sich Tränen aus den
Augen und sah zu mir hin. »Am liebsten würde ich Henri selbst einfach
überfahren. Aber so bekomme ich meinen Führerschein nie.« Sie sah von mir zu
Marietta und bemühte sich um ein Lächeln. »Ich hoffe, Sie finden etwas, Frau
Steiler. Ich gehe jetzt hoch, ich bin total kaputt, und morgen will ich früh
aufstehen, um Nina zu besuchen.«
»Sag mir noch, wie es ihr geht«, bat ich.
»Jennys Mutter meint, dass sie wieder vollständig gesund wird. Nur
wird das dauern. Ein halbes Jahr, vielleicht länger. Ihr Becken ist gebrochen,
das macht es so schwierig. Und die ganze Zeit, in der sie sich damit quälen
wird, wieder gehen zu lernen, lacht sich dieser Henri ins Fäustchen. Wusstest
du, dass Nina Ballett tanzt? Tanzte. Bis gestern.« Sie ballte die Fäuste. »Ich
könnte den Arsch eigenhändig umbringen, wenn ich nur wüsste, wie!« Sie stürmte
zur Tür hinaus, hielt kurz inne, drehte sich wieder um, wünschte uns eine gute
Nacht und rannte die Treppe hoch, George mit hängender Zunge hinterher.
Wir sahen ihr nach, dann seufzte Marietta. »Ich kann sie verstehen.«
»Ich auch«, sagte ich und musterte meinen Gast. »Das ist eine
Überraschung.«
»Eine willkommene, hoffe ich?«
»Schon«, nickte ich. »Nur irgendwie unerwartet. Habt ihr etwas über
den Ungarn herausgefunden?«
»Ungarn?«, fragte sie überrascht, während ich mir am liebsten selbst
auf die Zunge gebissen hätte. »Du meinst unseren Attentäter? Wie kommst du
darauf, dass er Ungar ist?«
»Ich weiß nicht«, log ich. »Es war einfach so dahergesagt. Ich kam
einfach auf die Idee, dass er Ungar wäre.«
»Und warum?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
Sie musterte mich misstrauisch.
»Ich hab ihn ursprünglich für einen Italiener gehalten. Aber Ungar
passt auch«, versuchte ich mich aus der Affäre zu ziehen. »Habt ihr denn nun
schon etwas herausgefunden?«
Sie sah mich immer noch skeptisch an, schüttelte dann aber den Kopf.
»Wir überprüfen gerade die üblichen Verdächtigen. Auch in
Zusammenarbeit mit Interpol. Aber er ist nicht der Grund, weshalb ich
hergekommen bin.«
»Weshalb dann?«
»Ich habe Hunger. Gestern hast du
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