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Der Müllmann

Der Müllmann

Titel: Der Müllmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Wolkenwand
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verkabelt, es gab
über dreißig Kameras dort, wobei die in den Schlafzimmern und im Bad die meiste
Aufmerksamkeit erhalten hatten.
    Jede Kamera hatte ein Fenster für sich und einen Archivlink daneben.
Ich suchte den Flur, klickte auf den letzten Link und konnte zusehen, wie die
Studentin ihre Jacke anzog und dann aus dem Haus ging. Oder wie sie frühstückte
… Müsli und Wasser. Die Frau gönnte sich nichts.
    Ich loggte mich aus, ließ die Scheibe herunter, zündete mir eine
Zigarette an und dachte darüber nach, wie das alles zusammengehörte. Warum die
Wohnung verkabelt war, erschien mir klar. Heutzutage konnte man mit so etwas im
Internet viel Geld verdienen. Sowohl Horvath als auch Muller hatten den
versteckten Anschluss in der Wohnung angerufen, vielleicht gab es dort eine
Anruf-Weiterschaltung. Was dann eine dritte Person ins Spiel brachte. Lucio war
es jedenfalls nicht, der nahm keine Anrufe mehr entgegen.
    Die Studentin, die bei Lucio angefangen hatte, wusste wahrscheinlich
noch gar nicht, dass Lucio nicht mehr unter uns weilte. Vielleicht wartete sie
ja noch immer darauf, dass Lucio sie kontaktierte. Oder sie arbeitete
tatsächlich für Gernhardt.
    Doch weder Horvath noch Muller konnten das wissen. Der Ungar lief
noch irgendwo da draußen frei herum. Je länger ich wartete, umso größer wurde
die Gefahr, dass er wieder zuschlug. Für mich alleine war das Ganze mittlerweile
etwas zu heikel geraten. Ich brauchte Hilfe, und Gernhardt konnte und wollte
ich nicht vertrauen. Also blieben nur die Orlovs.
    Das stimmt so nicht ganz.
    Ich suchte in meiner Jackentasche nach Bertholds Visitenkarte und
griff nach meinem Telefon, wollte ihn gerade anrufen, als es an der Scheibe
klopfte.
    Ich sah auf. Ein Polizeiwagen hatte so neben mir geparkt, dass ich
nicht mehr herausfahren konnte. Ein Polizist mit besonders grimmigem Gesichtsausdruck
stand neben der Fahrertür, ein anderer rechts hinter dem Wagen, die Hand auf
der Pistolentasche.
    »Aussteigen!«, befahl der Polizist in barschem Tonfall. »Aber gaaanz
langsam!«
    Folgsam tat ich ihm den Gefallen.
    »Um was geht es hier?«, fragte ich höflich, als man mir die Beine
auseinanderschob und abtastete, als wären die besten Zeiten der RAF nicht
längst vorbei.
    »Sie parken seit fast einer halben Stunde an derselben Stelle«,
teilte mir der Polizist finster mit. Ich sah hoch, und da stand das verdammte
Schild. Gut, Parkverbot, aber seit wann wurden Strafzettel auf diese rüde Weise
verteilt?
    »Und was ist daran so schlimm?«
    »Das weißt du genau, du perverser Bastard!«, fluchte der eine
Polizist. Es schien fast, als ob er nur auf eine Gelegenheit warten würde,
handgreiflich zu werden.
    »Aber …«, begann ich, doch der andere Polizist, der im Polizeiwagen
meine Papiere überprüft hatte, stieg aus und nickte dem ersten zu.
    »Er ist im System … wir nehmen ihn mit.«
    »Darf ich vielleicht erfahren, warum …«
    »Schnauze! Hände auf den Rücken! Du kannst dir auf der Wache eine
Geschichte einfallen lassen!« Offenbar war man wenig an einer Unterhaltung mit
mir interessiert.
    »So war das mit dem Wiedersehen nicht gedacht«, grinste Marietta,
als sie sich von einem Polizisten die Zellentür aufschließen ließ. Ich hatte es
mir auf der viel zu schmalen und kurzen Pritsche nur mit Mühe bequem machen
können, jetzt richtete ich mich auf und massierte mir den Hals, während ich sie
mit einem bösen Blick bedachte.
    »Habe ich diesen Spaß dir zu verdanken?«, fragte ich, während ich
ihr aus der Zelle folgte. Berthold war auch da und schien seine Erheiterung
kaum verbergen zu können.
    »Nein«, antwortete Marietta immer noch schmunzelnd. »Wir haben im
System vermerkt, dass, solltest du irgendwie auffällig werden, wir kontaktiert
werden wollen. Außerdem hast du in deinem Telefon die Nummer von Thomas
eingegeben, sodass wir einen seltsamen Anruf erhielten, in dem die Kollegen
erst einmal wissen wollten, wer Thomas denn sei.«
    »Und?«, fragte ich, während ein Polizist mir den Schuhkarton mit
meinen Sachen über die Theke schob.
    »Du hast Waffen auf dich registriert«, teilte mir Marietta mit.
»Dein Sprengschein erlaubt dir, Sprengmittel zu beziehen. Du bist ledig und
kinderlos, was auf eine schlechte Sozialisation schließen lässt. Wahrscheinlich
bist du ein gefährlicher Psychopath oder, noch schlimmer, ein Terrorrist.«
    »Ich werde verhaftet, weil ich nicht verheiratet bin?«, fragte ich
ungläubig.
    Marietta lachte amüsiert und grinste breit, ihr

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