Der multiple Roman (German Edition)
noch
förmlicher
, da unsere Tradition weniger förmlich ist.«
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Ein PS an Duthuit im März 1950 : »Nie verstand ich so klar, zu welchem Grade die französische Sprache eine Sprache des winzig Kleinen ist, wie jetzt, wenn ich dich lese, nicht mal bei Proust.«
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Zuerst war Beckett ganz und gar nicht dieser Meinung. Am 5 . Februar 1953 schrieb er an Alexander Trocchi: »Ich habe viel über die Möglichkeit nachgedacht, Molloy ins Englische zu übersetzen und denke, dass wir dieses Projekt im Moment besser aufgeben sollten. Er wird nicht ins Englische gehen. Ich weiß nicht, warum. Er müsste komplett umgedacht und umgeschrieben werden, was wohl leider eine Aufgabe ist, die nur ich unternehmen könnte und die ich grade einfach nicht angehen kann.« Und noch am gleichen Tag schrieb er an Jérôme Lindon, dem er die gleiche Sache erklärte: »Ich müsste der sein, der es täte, auf sehr freie Art und Weise, aber ich kann das im Moment nicht übers Herz bringen. Grob gesagt, ich weiß, dass ich es nicht ertragen könnte, mein Werk von jemand anderem ins Englische übersetzt zu sehen.«
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»Das Tragödientheater hat die große moralische Unannehmlichkeit, dem Leben und dem Tod zu viel Bedeutung beizumessen«, schrieb Chamfort im achtzehnten Jahrhundert, in meiner eigenen Übersetzung, in einem einzigen aphoristischen Prosasatz – den Beckett unwiderlegbar in ein unsolides Heroic Couplet umwandelte: »Was muß auch das Trauerspiel so viel Theater machen/Um Leben und Tod und andere Pappenstielsachen …«
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1938 schrieb Beckett an George Reavey und fragte ihn um Rat, ob er Sades
120 Days
übersetzen solle: »Die Oberfläche ist von unerhörter Obszönität, & nicht einer von 100 wird die Literatur in der Pornographie finden oder unter der Pornographie, geschweige denn eins der Hauptwerke des 18 . Jahrhunderts, das es für mich ist.« Und etwas später fügte er hinzu: »Die Obszönität der Oberfläche ist unbeschreiblich. Nichts könnte weniger pornographisch sein. Es erfüllt mich mit einer Art metaphysischer Ekstase.«
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Genauso, wie Gustave Flaubert in Konstantinopel seine Grundsätze über die Literatur formuliert hatte – »daß die Dichtung rein subjektiv ist, daß es in der Literatur keine schönen Kunstsujets gibt und Yvetot demnach so gut wie Konstantinopel ist; und daß man infolgedessen ebensogut dieses wie jenes schreiben kann.«
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Obwohl ich mich trotzdem auch daran erinnern möchte, dass James Joyce, der Paul Léon als seinen Sekretär ausgab, in einer Antwort auf einen Brief vom 17 . September 1932 , in dem eine Frau, die nur als H. Romanova bekannt ist – sie arbeitete für die Internationale Vereinigung Revolutionärer Schriftsteller in Moskau – fragte, welche Auswirkungen die Oktoberrevolution auf Joyce als Schriftsteller gehabt habe und was sie ihm als Intellektuellen bedeute, schrieb: »Sehr geehrte Herren, Mr Joyce wünscht, daß ich Ihnen für Ihr Geehrtes vom 17 . dieses Monats danke, dem er mit Interesse entnommen hat, daß in Rußland im Oktober 1917 eine Revolution stattgefunden hat. Bei genauerer Überprüfung stellte er jedoch fest, daß die Oktoberrevolution im November desselben Jahres stattgefunden hat. Aufgrund des Wissens, das er bis dato gesammelt hat, ist es für ihn schwierig, die Bedeutung dieses Ereignisses zu ermessen, und er möchte nur sagen, daß die Veränderungen, der Unterschrift ihrer Sekretärin nach zu urteilen, nicht groß sein können. Mit freundlichen Grüßen, Paul Léon.«
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Und die Bedingungen für Übersetzungen. Karl Radeks Beitrag hatte den Titel »Die moderne Weltliteratur und die Aufgaben der proletarischen Kunst«. Die Aufgabe der proletarischen Kunst bestand wie sich herausstellte darin, sich streng aus der gegenwärtigen Weltliteratur herauszuhalten – besonders in Hinsicht auf James Joyce: »Gerade weil Joyce kaum übersetzt und in unserem Land fast unbekannt ist, weckt er bei einem Teil unserer Schriftsteller ein morbides Interesse … Dieses Interesse an Joyce ist eine unbewußte Äußerung der Neigung gewisser rechtsgerichteter Autoren, die sich opportunistisch mit der Revolution abgefunden haben, in Wirklichkeit aber ihre Größe nicht begreifen.«
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Umgangssprachlich steht »pony« im Amerikanischen für eine wortwörtliche Übersetzung oder die kurze Zusammenfassung eines fremdsprachigen Textes, zum Beispiel als Hilfe für Studenten.
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Wenn man diese Listen mit jenen Listen vergleicht, die sich in
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