Der mysterioese Zylinder
Wissen Sie etwas Genaueres über ihn?«
»Nichts, außer daß er permanent an Fields Rockschößen hing. Er ist ein ehemaliger Knastbruder, wußten Sie das?«
»Ja«, antwortete der Inspektor verträumt. »Wir werden uns ein anderes Mal über diesen Abschnitt in Mr. Michaels’ Leben unterhalten müssen … Aber lassen Sie mich Ihnen das mit dem Hut erklären: Laut seiner eigenen Aussage legte Michaels am Abend des Mordes Field die Abendgarderobe heraus, einschließlich eines seidenen Zylinders. Michaels beschwor, daß Field seines Wissens nur einen einzigen Zylinder besaß. Wenn wir nun davon ausgehen, daß Field Hüte als Verstecke für Dokumente benutzte und an diesem Abend mit einem präparierten Hut zum Römischen Theater gehen wollte, muß er notwendigerweise den leeren Hut, den Michaels für ihn bereitgelegt hatte, durch den präparierten ersetzt haben. Da er so darauf bedacht war, nur einen Zylinder in seinem Schrank aufzubewahren, war ihm klar, daß Michaels, würde er einen Hut finden, gleich Verdacht schöpfen würde. Da er also die beiden Hüte austauschte, mußte er den leeren verstecken. Was hätte also näher gelegen, als ihn dahin zu legen, von wo er den präparierten entnommen hatte – nämlich hinter die Verkleidung über dem Bett?«
»Das haut mich wirklich um!« rief Cronin aus.
»Schließlich«, fuhr der Inspektor fort, »können wir davon ausgehen, daß Field, der bei seinen Kopfbedeckungen ungeheuer vorsichtig war, den Hut nach seiner Rückkehr wieder in seinem Versteck untergebracht hätte. Er hätte den Hut, den Sie eben in Stücke gerissen haben, herausgeholt und ihn in seinen Kleiderschrank zurückgelegt … Aber wir sollten weitermachen.«
Er riß das Lederband aus dem zweiten Zylinder, der ebenfalls das Zeichen der Gebrüder Browne enthielt. »Schaut euch das an!« rief er. Die beiden Männer beugten sich über den Hut und sahen, daß auf der Innenseite des Lederbandes – klar und deutlich mit roter Tinte geschrieben – die Worte »Benjamin Morgan« standen.
»Ich muß Sie um Verschwiegenheit bitten, Tim«, wandte sich der Inspektor sofort an den rothaarigen Mann. »Reden Sie niemals darüber, daß Sie von der Existenz von Dokumenten wissen, die den Namen Benjamin Morgan mit dieser Angelegenheit in Verbindung bringen.«
»Für wen halten Sie mich, Inspektor?« schimpfte Cronin. »Sie können mir glauben, ich bin so stumm wie ein Fisch!«
»Dann ist alles klar.« Queen befühlte das Futter des Hutes. Ein deutliches Knistern war zu hören …
»Jetzt wissen wir zum ersten Mal definitiv, warum der Mörder am Montag abend den Hut, den Field trug, entfernen mußte«, bemerkte Ellery ruhig. »Mit ziemlicher Sicherheit war der Name des Mörders in der gleichen Weise hinein geschrieben – das ist wasserfeste Tinte, müßt ihr wissen –, und der Mörder konnte doch nicht einen Hut, der seinen eigenen Namen trug, am Ort des Verbrechens zurücklassen.«
»Verdammt, wenn Sie jetzt nur diesen Hut hätten«, rief Cronin, »wüßten Sie, wer der Mörder ist!«
»Ich befürchte, Tim«, bemerkte der Inspektor trocken, »dieser Hut ist längst von uns gegangen.«
Er wies auf eine Reihe sorgfältig ausgeführter Nadelstiche hin, die am unteren Rande des Schweißbandes, dort, wo das Futter an den Hut geheftet war, angebracht waren. Er riß die Naht leicht auf und schob seine Finger unter das Futter. Wortlos zog er ein Bündel Papiere heraus, das durch ein dünnes Gummiband zusammengehalten wurde.
»Wenn ich wirklich so schlimm wäre, wie manche Leute glauben«, bemerkte Ellery gedankenverloren, während er sich zurücklehnte, »würde ich jetzt mit vollem Recht behaupten: ›Ich hab’ es euch doch gleich gesagt.‹«
»Wir wissen, wann wir uns geschlagen geben müssen, mein Sohn – du brauchst es uns nicht noch unter die Nase zu reiben«, meinte der Inspektor lachend. Er zog das Gummiband ab, überflog schnell die Papiere und steckte sie mit zufriedenem Lächeln in seine Brusttasche.
»Morgans Briefe«, sagte er kurz und nahm sich eine der Melonen.
Die Innenseite des Schweißbandes war mit einem geheimnisvollen X markiert. Der Inspektor fand eine Reihe von Nadelstichen genau wie zuvor im Zylinder. Nachdem er die Papiere herausgezogen hatte – ein dickeres Bündel als zuvor das von Morgan –, sah er sie oberflächlich durch. Er gab sie dann weiter an Cronin, dessen Finger zitterten.
»Ein Glückstreffer, Tim«, sagte er langsam. »Der Mann, den Sie schnappen wollten, ist tot, aber hier können Sie
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