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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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weil die halbe Siedlung ihr Haus belagert, und höchstens diese Ärztin, die sie bei sich festhalten, kann verhindern, dass sie von den Leuten in Stücke gerissen werden. Das Vernünftigste wär's gewesen, sie hätten die Frau als Vermittlerin eingesetzt, aber da sie das nicht getan haben, werden sie ihr wahrscheinlich ein Messer an die Kehle setzen und sich hinter ihr verstecken, wenn jemand reinplatzt. Und es kann gut sein, dass sie sie schon vergewaltigt haben – entweder weil sie so pervers sind, dass sie gar nicht anders konnten, oder weil sie sich gesagt haben, dass man sie am Besten gründlich einschüchtert, damit sie nicht nachher, wenn es zur Konfrontation kommt, abzuhauen versucht. Wie finden Sie diese Zusammenfassung der Situation?«
    »Nagel auf den Kopf getroffen, würde ich sagen.«
    »Okay, und was ändert sich, wenn ich da aufkreuze? Ob einer oder tausend, das macht doch überhaupt keinen Unterschied. Diese Typen geraten so oder so in Panik und setzen der Frau das Messer an die Kehle. Ich kenn mich mit solchem Scheiß nicht aus, Doc. Wenn ich was falsch mach, kann das Ihrer Freundin das Leben kosten. Meinen Sie nicht, es wär besser, auf die Bullen zu warten?«
    Es folgten wieder kurze Hintergrundverhandlungen.
    »Ken Hewitt sagt, die Bereitschaftspolizei hat Anweisung, mit dem Sturm auf die Barrikaden zu warten, weil man vermeiden will, dass die Häuser an den Zugangsstraßen in Brand gesteckt werden. Zwei Einheiten sammeln sich auf den Feldern hinter der Ringmauer der Siedlung, aber ihrer Schätzung nach brauchen sie noch mindestens eine Stunde, ehe sie genug Leute beisammen haben, um einen wirksamen Angriff zu starten. Sie sind unsere Chance, Jimmy.« Harry hielt kurz inne. »Sie sind unsere
einzige
Chance. Ich möchte Sie nicht noch mehr unter Druck setzen, aber vom Hubschrauber hören wir, dass Jugendliche in der Humbert Street angefangen haben, das Haus der Hollis' mit Benzinbomben zu bewerfen. Im Augenblick werden sie von ein paar Leuten, die sich vor dem Haus aufgereiht haben, daran gehindert weiterzumachen, aber es sieht nicht so aus, als würde diese Schutzmauer lange halten.«
    »Wer steht da alles in der Reihe?«
    »Hauptsächlich Frauen.« Harry brach ab, um zu hören, was Ken Hewitt ihm sagte. »Die Anführerin ist eine große Blondine, die schwanger ist.«
    »Scheiße!«
    »Ist das Ihre Melanie?«
    »Scheint so.«
    »Dann sollten Sie ihr zu Hilfe kommen«, sagte Harry augenblicklich. »Sophie würde das erwarten – und ich auch.«
    Jimmy antwortete nicht.
    »Ich glaube, er ist weg«, sagte Harry am anderen Ende der Leitung.
    »Mann, Doc, jetzt reicht's aber echt. Lassen Sie mich doch mal nachdenken. Oder ist das vielleicht verboten?« Er schwieg einen Moment, dann sagte er: »Vergessen Sie die Verhandlungen. Ich mach diesen zwei Mistkerlen dafür ein Angebot, das sie nicht ausschlagen können. Was meinen Sie, hat Sophie den Schneid mitzukommen, wenn ich den Typen anbiete, sie sicher und wohlbehalten aus der Siedlung rauszubringen? Verstehen Sie, ich denk mir, dass sich die Lage schneller beruhigt, wenn die Leute ins Haus reinkönnen und es leer vorfinden. Dann passiert nichts weiter als dass sie das Mobiliar kurz und klein schlagen.«
    »Aber wie wollen Sie die Männer aus der Siedlung rausbringen?«
    »Wir gehen den Bullen entgegen, die hintenrum kommen.« An seinem zitternden Atemholen hörten sie, wie viel Schiss er hatte. »Es ist auf jeden Fall sicherer, durch die Siedlung zu gehen als zu versuchen, um die Barrikaden rumzukommen. Die ganze Action ist oben an der Hauptstraße, und die meisten Leute haben bestimmt keine Ahnung, wie diese beiden Typen ausschauen. Wenn die uns sehen, werden sie denken, ah, drei Kerle und ne Frau auf dem Heimweg. Na, was meinen Sie?«
    Es klang hirnverbrannt, aber Harry sagte: »Der Plan ist besser als alles, was uns eingefallen ist, Jimmy. Hals- und Beinbruch.«
    Jimmy gab den Telefonhörer an Mrs Carthew zurück und rannte die Treppe hinunter zum Garten.
Polizeipräsidium Hampshire
    »Er benützt Initialen, um seine Nummern zu speichern«, sagte Tylers Sergeant, während er das Menü von Rogersons Handy durchging und Buchstaben und Ziffern notierte. »Hoffentlich haben Sie Recht mit Ihrem Verdacht gegen ihn, Chef. Der hängt uns eine saubere Klage an, wenn Sie sich irren – und Sie werden auf Erholungsurlaub geschickt.«
    »Ich irre mich nicht«, versetzte Tyler mit einem Blick über seine Schulter. »Sie hätten sein Gesicht sehen sollen, als ich

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