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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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verantwortlich.
    Sie öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder, wie ein Goldfisch, der nach Luft schnappt. Kein Wort kam über ihre Lippen.
    Harry betrachtete sie einen Moment lang, dann wandte er sich wieder dem Polizisten zu. »Was hatte er überhaupt verbrochen? Sie behaupten, er sei nicht gefährlich, aber welche Art Pädophiler ist er?«
    Der junge Polizist antwortete mit einem Achselzucken. »Ich weiß nur das, was uns vor dem Einsatz gesagt worden ist. Er war Lehrer an einer Privatschule und wurde wegen sexueller Nötigung in drei Fällen verurteilt, die über eine sehr lange Zeitspanne verteilt waren... Der erste Fall liegt ungefähr fünfzehn Jahre zurück, der letzte ereignete sich erst vor relativ kurzer Zeit... Er interessiert sich nur für Jungs und bekam eine ziemlich milde Strafe, weil das erste Opfer siebzehn Jahre alt war und die beiden letzten sechzehn, und weil sie alle drei aussagten, es sei nichts ohne ihre Einwilligung geschehen. Ich schätze mal, man ist davon ausgegangen, dass er kräftig eins auf die Rübe bekommen würde, wenn er sich in der Acid Row so was erlaubt.«
    »Was genau hat er getan?«
    Der junge Mann warf verlegene Blicke auf die beiden Frauen. »Sexuelle Stimulation«, murmelte er.
    »Welcher Art?«, wollte Harry mit der Erbarmungslosigkeit des Arztes wissen. »Oral oder Masturbation?«
    »Masturbation.«
    »Und die Gegenleistung? Das Gleiche oder Penetration?«
    »Nichts.«
    »Was soll das heißen, nichts? Wie hat er denn bei sich den Orgasmus herbeigeführt?«
    Wieder antwortete der Polizist mit Achselzucken. »Er hat von keinem der Jungs irgendwelche Handlungen verlangt. Darum hat er auch nur achtzehn Monate bekommen.«
    Harry schüttelte erstaunt den Kopf. »Dann hat er seine Befriedigung allein aus dem Geben gezogen?«
    »Anscheinend.«
    »Also, für einen Vergewaltiger scheint mir dieser Mann viel zu passiv zu sein.«
    »Genau das hat unser Chef auch gesagt. Er fragt sich, ob Dr. Morrison da nicht was missverstanden hat. Es ist doch klar, dass sie eine Heidenangst hat... ich mein, wir wissen, dass da draußen auf der Straße Menschenmassen sind, und einer von den Anrufern hat gesagt, dass die Leute mit Steinen bewaffnet sind. Nehmen wir mal an, der Typ hat ihr die Hand auf den Arm gelegt, um sie zu beruhigen, und sie hat das als Bedrohung gesehen, weil sie weiß, dass er ein vorbestrafter Sexualtäter ist.«
    Jenny, die immer wieder die Nummern wählte, die das Kind ihr angegeben hatte, hielt in ihrer Tätigkeit inne. »Aber meiner Ansicht nach wusste sie das gar nicht«, erklärte sie. »Ich jedenfalls habe es nicht gewusst.« Sie schwieg einen Moment, um ihre Gedanken zu ordnen. »Aber welcher von beiden ist denn überhaupt der Pädophile? Der Vater oder der Sohn? Sophie hat sich sehr präzise ausgedrückt. Sie sagte, der
Patient
habe sie mit Gewalt festgehalten, und sie habe Angst, von ihm vergewaltigt zu werden...und meinen Informationen zufolge ist der Patient der Vater.«
    Der Polizist schnitt ein Gesicht. »Ich dachte, es wär überhaupt nur einer.«
    »Nein, bei uns sind zwei registriert.«
    »Zeigen Sie ihre Daten«, sagte Harry. »Mal sehen, wie alt die beiden sind.«
    »Das hab ich schon nachgesehen und nichts gefunden. Es sind neue Patienten, und ihre Unterlagen sind noch nicht gekommen. Wir haben nur Francis und Nicholas Hollis, Humbert Street 23, und neben dem Namen Hollis ein Sternchen und ‘Zelowski’ in Klammern.« Zum Beweis ihrer Worte holte sie die Daten her. »Aber ich erinnere mich, dass der Sohn sagte, sein Vater sei einundsiebzig... damit wäre er weit über das Ruhestandsalter eines Lehrers hinaus.«
    Harry warf dem Polizisten einen fragenden Blick zu. »Wie alt ist Ihr Pädophiler?«
    »Nicht so alt. Ich hab ein Foto von ihm gesehen. Mitte Vierzig, schätze ich.«
    Harry fluchte unterdrückt. »Versuchen Sie's weiter«, befahl er Jenny zum Telefon weisend. »Und von Ihnen«, wandte er sich an Fay, »möchte ich alles hören, was Sie über Melanie wissen – die Namen von Freunden und Freundinnen, der Väter ihrer Kinder, aller Personen, mit denen wir eventuell Kontakt aufnehmen könnten.«
    »Was beunruhigt Sie denn so?«, fragte der Constable.
    »Ich würde gern wissen, wer Ihrem Pädophilen beigebracht hat, dass es Befriedigung genug ist, anderen Lust zu bereiten. Vergessen wir mal Alter und Geschlecht seiner Opfer – es ist ein in höchstem Grad unnatürliches Verhalten, unglaublich unterwürfig. Es lässt darauf schließen, dass er

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