Der Nacht ergeben
zögernd da, eine Hand auf dem Türknauf.
»Bitte bleib«, sagte sie. »Shane...«
Er schüttelte den Kopf. »Wenn ich bleibe, wird etwas passieren. Das weißt du und ich weiß es auch und das können wir einfach nicht tun. Ich weiß, dass die Welt aus den Fugen gerät, aber...« Er sog tief und schmerzhaft die Luft ein. »Nein.«
Das Geräusch, mit dem er leise die Tür hinter sich zuzog, war wie ein Messer, das sich in sie bohrte.
Claire wälzte sich zur Seite, umarmte zutiefst unglücklich das Kissen, das nach seinem Haar duftete, kuschelte sich in die warme Stelle im Bett, wo sein Körper gelegen hatte, und dachte darüber nach, sich in den Schlaf zu weinen.
Und dann dachte sie an das Erstaunen, das in seinen Augen aufgeleuchtet hatte, als er ich liebe dich gesagt hatte.
Nein. Das war keine Zeit zu weinen.
Als sie endlich einschlief, fühlte sie sich sicher.
10
Am nächsten Morgen war von den Vampiren weit und breit nichts zu sehen. Claire überprüfte das Netzwerk der Portale, aber soweit sie erkennen konnte, funktionierte es nicht. Da sie nichts Konkretes zu tun hatte, half sie im Haus - putzen, aufräumen, Besorgungen machen. Richard Morrell kam vorbei, um nach ihnen zu schauen. Er sah ein wenig besser aus, weil er geschlafen hatte, aber zu sagen, dass er gut aussah, wäre übertrieben gewesen.
Als Eve herunterkam, sah sie fast genauso schlimm aus. Sie hatte sich nicht mit ihrem Goth-Make-up aufgehalten und ihr schwarzes Haar hing strähnig und ungekämmt herunter. Sie schenkte Richard aus der ständig bereiten Kanne Kaffee ein, reichte ihm die Tasse und sagte: »Wie geht es Michael?«
Richard pustete auf die heiße Oberfläche der Tasse, ohne Eve anzuschauen. »Er ist im Rathaus. Wir haben alle Vampire, die wir noch hatten, zur Sicherheit ins Gefängnis gebracht.«
Eves Miene sackte vor Sorge in sich zusammen. Shane legte ihr die Hand auf die Schulter und sie sog die dampfende Luft ein, um ihre Fassung wiederzugewinnen..
»Gut«, sagte sie. »Das wird wahrscheinlich das Beste sein, du hast recht.« Sie nahm einen Schluck aus ihrer ramponierten Kaffeetasse. »Wie ist es da draußen?« Mit da draußen meinte sie außerhalb der Lot Street, wo es immer noch gespenstisch still war.
»Nicht so gut«, sagte Richard. Seine Stimme klang rau und düster, als wäre vor lauter Brüllen nicht mehr viel davon übrig geblieben. »Etwa die Hälfte der Läden hat dichtgemacht, einige von ihnen sind niedergebrannt oder geplündert worden. Wir haben nicht genügend Polizei und Freiwillige, um überall zu sein. Einige der Ladenbesitzer haben sich bewaffnet und bewachen jetzt ihre Geschäfte - das gefällt mir nicht, aber bis sich alle wieder beruhigt haben und wieder nüchtern sind, ist das wohl das Beste. Nicht alle machen Probleme, aber ein Großteil der Stadt war lange Zeit frustriert und verärgert. Habt ihr gehört, dass sie das Barfly geplündert haben?«
»Ja, haben wir gehört«, sagte Shane.
»Na ja, das war nur der Anfang. In Dolores Thompsons Laden wurde eingebrochen und dann gingen sie zu den Lagerhäusern und fanden das unter Zollverschluss gehaltene Spirituosenlager. Wer dies alles bewältigen wollte, indem er betrunken und niederträchtig wurde, erlebte einen echten Festtag.«
»Wir haben den Mob gesehen«, sagte Eve und warf Claire einen Blick zu. »Ähm, was deine Schwester angeht...«
»Ja, danke, dass ihr euch um sie gekümmert habt. Ich traue meiner idiotischen Schwester zu, dass sie selbst bei einem Krawall in ihrem roten Cabrio herumfährt. Sie hatte verdammtes Glück, dass sie sie nicht umgebracht haben.«
Das hätten sie bestimmt, da war sich Claire sicher. »Ich nehme an, Sie nehmen sie mit...?«
Richard schenkte ihr ein dünnes Lächeln. »Sie gehört wohl nicht gerade zu den geschätzten Gästen?«
Eigentlich war Monica recht ruhig gewesen. Claire hatte sie zusammengerollt auf dem Sofa, in eine Decke gewickelt, tief und fest schlafend aufgefunden. Sie hatte bleich und erschöpft angesehen, mit ihren blauen Flecken und sehr viel jünger, als Claire sie je gesehen hatte. »Schon okay.« Sie zuckte die Achseln.
»Aber ich wette, sie wäre lieber bei ihrer Familie.«
»Ihre Familie ist in der Innenstadt in Schutzhaft. Mein Dad wäre fast von einer Meute fieser Kerle verschleppt worden, die irgendwas von Steuern oder so brüllten. Meine Mom...« Richard schüttelte den Kopf, als wollte er die Bilder aus seinem Kopf vertreiben. »Wie auch immer. Ich glaube nicht, dass sie dort
Weitere Kostenlose Bücher