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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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Impuls, sich umzudrehen. Diesmal nicht! Sollte ihr Verfolger glauben, sie wüsste nicht ganz genau, was sich da hinter ihr tat.
     
     
    Eine Bootsfahrt bei Sonnenschein
     
     
    Das Gefühl verfolgt zu werden , begleitete sie. Dadalore ging eigens einen Umweg, aber die fremden Augen waren immer dort, wo auch sie war. Einem Impuls folgend schlug sie schließlich den Weg zu den Königlichen Gärten ein. Die Gärten waren ein beliebtes Ausflugsziel, sowohl die überfüllten Wege als auch die wuchernden Grünflächen boten zahlreiche Möglichkeiten, einen Verfolger abzuschütteln. Außerdem trieb sie inzwischen auch ein anderes Vorhaben. Möglicherweise würde sie in den Königlichen Gärten Antworten bekommen, die sie nirgendwo sonst finden konnte.
    Sie erreichte das schmiedeeiserne Tor mit dem Schriftzug darüber: Gestiftet von Königin Taturike-Wer-liebt-sein-Volk-Was-lässt-sie-wachsen im Jahre 483. Das Tor wurde flankiert von zwei prächtigen Zedrachbäumen mit hellen Früchten. Zumindest, was die oberen Äste anging, denn unten hatten schon Karawanen von Gartenbesuchern ihren Hunger gestillt.
    Dadalore reihte sich in den Besucherstrom ein und schlüpfte mal hier, mal dort durch sich plötzlich auftuende Lücken im Gedränge. Sie stellte sich vor, wie ihrem Verfolger nun der Schweiß auf die Stirn trat.
    Der Pfad wand sich einen Hügel hinauf, der mit Gladiolen und Hakenlilien überwuchert war, die den Hügel in blendendes Gelb und Weiß tauchten.
    Väter zeigten ihren Kindern die Wunder des Parks, Mütter führten derweil den Lustsklaven aus und die königlichen Beamten verbrachten gern die Zeit der Mittagsruhe hier. Dadalore war früher regelmäßig mit Irmhobib hier gewesen zu Unterweisungszwecken. Auch wenn die dozierende Stimme ihrer Mentorin sie allerorten begleitet hatte, waren die Tage im Garten doch schöner gewesen als die ungezählten Stunden in der Schreibstube.
    Als Dadalore die Hügelkuppe hinter sich gelassen hatte, drängte sie die Erinnerungen zurück. Jetzt war die ideale Gelegenheit! Ihr Schatten könnte sie nun unmöglich sehen und mit einem beherzten Sprung ...
    Die Capitalobservatorin bewegte sich unauffällig an den Rand des endlosen Menschenwurms. Die Menschenmassen drängten sich hier vorbei an prächtigen Wundersträuchern, die übermannshoch aufragten. Eine Parkwache war nirgends zu sehen. Dadalore hechtete mit einem Satz in das Dickicht. Sie bewegte sich gebückt noch ein Stück von dem Pfad fort und spähte zurück zur Straße. Falls ihr Verhalten besondere Aufregung ausgelöst hatte, war diese schon wieder abgeebbt. Liebespärchen zogen sich gelegentlich auf ähnliche Art ins Gebüsch zurück, so dass dieses Verhalten den älteren Parkbesuchern höchstens ein versonnenes Lächeln und den Jüngeren neugierige Fragen auf die Lippen trieb. Und wenn der Verfolger die fragliche Stelle erreichen würde, wären die Zeugen ihres Verschwindens ohnehin bereits durch den allgemeinen Besucherstrom weiter gespült worden.
    Außerdem konnte sie ihren Besuch im Park nun gut mit einem zweiten Anliegen verknüpfen. Sie kämpfte sich durch die dicht sprießenden Wundersträucher voran und genoss das Alleinsein, das sie sonst tagsüber immer vermisste. Dann öffnete sich das leuchtende Blattwerk vor ihr und gab den Blick frei auf die Gitterstäbe.
    Weiter hinten mussten die Schaukämpfe der Ruptu stattfinden, die immer viel Publikum anzogen. Daher lag der Nebenpfad vor ihr verlassen da. Er führte direkt an den zwei Mannslängen hohen Stahlstangen vorbei, von denen man hoffte, dass sie selbst Ruptu davon abhielten zu entkommen. Jenseits der Stangen waren Felsblöcke zu sehen, die in gleichmäßigen Abständen über dem Moos- und Farnbewuchs verteilt waren. Auf jedem dieser von der Sonne aufgeheizten Steine lag ein junger Ruptu. Die Echsenbrut war gerade erst so groß wie ein klein gewachsener Mensch. Reglos verharrten die Jungen dort und stierten auf den ausgewachsenen Ruptu am Ende des Platzes. Ihm steckte ein sonderbares Instrument aus Holz im Maul, das aus zahlreichen Röhrchen bestand, die teils in Beutelchen, teils in Öffnungen endeten. Die Echse blies Luft aus den gewaltigen Lungen in das Konstrukt. Einige Beutel füllten sich prall, andere erschlafften langsam und im Ergebnis erklang eine fremdartige Melodie. Sie hatte etwas Einnehmendes, das sich schwer auf das Gemüt legte, und sie war zugleich so dynamisch, so vorwärtsdrängend, dass Dadalore den Eindruck nicht abstreifen konnte, sie erzähle

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