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Der Nachtelf (German Edition)

Der Nachtelf (German Edition)

Titel: Der Nachtelf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Tillmanns
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Augen. Die geschlitzten Pupillen blieben dabei starr auf Dadalore gerichtet. »Als die Menschen aus dem Norden unsere Sklaven befreiten, stemmten sich nur noch wenige Zuchtmeister gegen den Niedergang. Kaiser Sekubush waren die Zügel entglitten, längst hatten die Geisterbeschwörer sich dem inneren Feind ergeben. Ihr habt nur die Überbleibsel eingesammelt. Und endlich begannt ihr, nachzuäffen, was immer ihr vorfandet. Und was sich euch nicht erschloss, das wurde zerstört.«
    »Das also lehren Euch Eure Mentoren hier!«, rief Dadalore erbost aus. »Es ist wohl ein Fehler, Euch hier walten zu lassen. Ihr solltet Euch schämen, die heiligen Lehren so zu missachten.«
    Die durchsichtige Haut zog sich wieder zurück.
    Dadalore mühte sich, ihren Zorn zu zügeln. Sie brauchte Antworten. Und der Lakai würde nicht ewig wirken. Wenn die Zauberkraft sie aber verließ, bevor sie wieder aus dem Käfig hinaus war, steckte sie hier fest, bis die Parkwachen sie verhafteten. Falls die Ruptu ihr nicht vorher den Garaus machten. »Ich suche ja keinen Händel mit dir«, schlug sie einen versöhnlicheren Ton an. »Ich muss nur wissen, ob jemand Gelegenheit hatte, sich die alten Lehren anzueignen.«
    Der Schwanz hielt inne.
    »Niemand lehrt mehr die heiligen Künste aus alter Zeit. Wir sollten vergessen. Wir haben vergessen.«
    »Das kann nicht sein«, begehrte die Capitalobservatorin erneut auf. »Ich habe Beweise dafür gesehen, dass unvorstellbare Zaubermacht gewirkt wurde. Ich sage es nur ungern, aber die Verbotenen Künste sind eine Macht, die weit über die Möglichkeiten unserer Schamanen hinaus geht.«
    Eine Reihe von Knurr- und Pfeiflauten entfuhr Sukushs Kehle. Aber er sagte lange nichts. Dann öffnete sich das Raubtiermaul doch noch. »Ihr nennt die Macht aus alten Tagen Verbotene Kunst. Aber das sind dumme Worte. Weil man solche Dinge nicht verbieten kann.«
    »Eine Lehre lässt sich immer verbieten«, warf Dadalore ein. »Man verhaftet die Lehrmeister, verbrennt die Bücher und so fort. Das mag mal besser und mal schlechter funktionieren, wir haben starke und schwache Könige gesehen im Laufe der Jahrhunderte. Aber Verbot ist Verbot.«
    »Nein«, beharrte der Ruptu, »diese Dinge lassen sich nicht verbieten. Sie sind immer da. Und wenn es ihnen gefällt, kehren sie zurück.«
    »Was denn? Einfach so von selbst?«
    Die Echse drückte sich mit dem Schwanz vom Erdreich ab, bis sie aufrecht stand. Nun fegte sie mit einem gewaltigen Sprung aus dem Loch hinaus. Oberhalb des Randes blieb sie stehen und sah hinab. »Die alte Kunst wurde stark vor achthundert Jahren und wir wurden schwach. Heute ist die alte Kunst schwach und wir sind stark. Aber das gilt nicht für euch. Swodash Shnyanmas ist zurückgekehrt, der Schatten der Bestie.«
    Die Gestalt des Ruptu verschwand jenseits des Randes.
    »Sukush? Warte!«
    Dadalore versuchte, aus der Halbkugel wieder herauszukommen. Aber sie rutschte ständig an der glatten Innenwand ab. Die Ruptu hatten es geschafft, das Erdreich so zu glätten, dass man keinerlei Halt mehr daran fand. »Verfluchter Mist! Sukush, komm zurück!«
    Dadalore versuchte, ihre Nägel in den Humus zu bohren. Doch selbst das wollte ihr nicht gelingen. Der Boden hatte eine glasige Konsistenz angenommen.
    Also musste sie es dem Ruptu wohl nachtun und springen. Dadalore versuchte Anlauf zu nehmen, aber dafür war der Boden zu gekrümmt und seine Oberfläche zu glatt. Ihre Stiefel gerieten ins Schlittern und ihr Lauf verlor den Schwung. Darauf versuchte sie, aus dem Stand heraus zu springen. Sie ging tief hinunter in die Hocke und machte einen Satz auf die Wand zu. Beide Arme nach oben reißend klatschte sie gegen das Erdreich. Ihre Hände glitten mehr als eine Elle unterhalb des Randes ab.
    Dadalore sprang noch zwei Mal und scheiterte ebenso.
    So kam sie hier niemals heraus.
    Dieser sagardverfluchte Ruptu hatte sie doch absichtlich hier hinein gelockt. Aber wozu? Vielleicht als Rache an den Menschen. Oder bewahrten die Echsen in solchen Löchern ihr Futter auf?
    Dadalore setzte sich wieder in die Mitte. Die Halbkugel war absolut ebenmäßig gefertigt, der Rand zu allen Seiten genau gleich hoch. Oben waren im Zwielicht herabhängende Wurzeln an der Höhlendecke zu erahnen. Sie wären hervorragend geeignet, um sich daran hochzuziehen, aber sie waren noch unerreichbarer als der Rand.
    Dadalore musste sich schleunigst etwas einfallen lassen. Wenn der Lakai nachließ, saß sie hier auf ewig fest.
    Die Capitalobservatorin

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